Es war 2006 auf einer der täglichen Pressekonferenz der Kieler Woche in Schilksee. Das Thema: Nachwuchssegeln, Jugendklassen im Rahmen der Kieler Woche. Tina Lutz vom Chiemsee war als zweimalige Opti-Weltmeisterin für die 420er, Susann Beucke aus Strande für die 29er-Nachwuchsegler/innen eingeladen. „Wir haben während der PK gemerkt, dass wir uns nett finden. Tina war cool und mir sofort sympathisch“, so Susann Beucke. Sie stieg bei Lutz ins Boot und gewann adhoc die 420er-EM. Bis heute segeln die beiden zusammen und treten bei der Kieler Woche (5.-13. September) im olympischen Frauen-Skiff, dem 49erFX, an.
Die bayerische-schleswig-holsteinische Verbindung führt bei ihrer dritten gemeinsamen Olympiakampagne nach zwei von drei Ausscheidungsserien mit zwölf Punkten Vorsprung vor den Kieler-Woche-Titelverteidigerinnen Victoria Jurczok/Anika Lorenz aus Berlin, gegen die sie in der deutschen Qualifikation für die Spiele 2016 verloren hatten.
Die Kieler Woche ist die dritte und letzte Ausscheidungsserie, hier fällt die Entscheidung, wer zu den Spielen 2020/2021 fährt. Sollten Jurczok/Lorenz ihren Kieler-Woche-Titel verteidigen (25 Punkte), dann würde Lutz/Beucke Rang Sieben genügen, um das Ticket zu lösen.
Nach der langen Zwangs-Sommerpause folgt in Kiel das erste Kräftemessen mit der deutschen und internationalen Konkurrenz. „Es ist ein tolles Teilnehmerfeld. Die Weltmeisterinnen sowie die Olympiasiegerinnen haben gemeldet und sind dank der Wildcard am Start. Das Interesse an der Kieler Woche ist riesig. Und für uns ist es ein Härtetest nach dem Sommer. Kiel ist unser Saisonhöhepunkt. So bereiten wir uns so auch vor und haben nichts anderes im Regattakalender“, so Beucke. Auch die Sportdirektorin des Deutschen Segler-Verbandes, Nadine Stegenwalner, schwärmt vom Starterfeld der Kieler Woche: „Das Teilnehmerfeld ist hochklassig, auf WM-Niveau.“
Weltmeister und Olympiasiegerinnen
Wo sie antreten, gehören sie zu den Favoriten: Die amtierenden Weltmeisterinnen Tamara Echegoyen/Paula Barcelo aus Spanien. Die Match-Race-Olympiasiegerin von 2012 Tamara Echegoyen hatte mit ihrer ehemaligen Vorschoterin Berta Betanzos vor Rio um zwei Punkte Bronze verpasst. Wie die Rio-Goldgewinnerinnen Martine Grael/Kahena Kunze aus Brasilien, die WM-Zweiten Charlotte Bobsen/Saskia Tidey (BGR), die WM-Dritten Stephanie Roble/Maggie Shea (USA) und die WM-Zehnten Tess Lloyd/Jaime Ryan (AUS) profitieren sie von der Wildcard.
Ferner kommt es zum Kräftemessen mit den Weltmeisterinnen 2019 Annemieke Bekkering/Annette Duetz. Die Olympia-7. aus den Niederlanden mussten sich in diesem Jahr bei der WM mit Rang acht zufriedengeben. Zu den weiteren Favoritinnen vor Kiel zählen die Französinnen Lili Sebesi/Albane Dubois, die bei der WM im Frühjahr Rang vier belegten.
Auf heimischem Revier sind Tina Lutz/Susann Beucke (beide 29 Jahre) immer für Titel oder Medaillen gut. Sie konnten 2013 und 2016 die Kieler Woche gewinnen, wurden 2017 vor Kiel Europameisterinnen. „Kiel gefällt uns sehr gut. Kiel ist ein Revier, auf dem wir unser Skiff super schnell eingestellt haben. Hier wissen wir, wie der Hase hoppelt. Auch ohne viel Training gibt es einen Heimvorteil. Hoffentlich spielen wir ihn auch aus“, so Beucke.
Kein Beinbruch
Inzwischen hat sie ihren Beinbruch auskuriert, den sie sich zum Jahreswechsel im Training zugezogen hatte, Tina Lutz schreibt an der Masterarbeit. Aber im Mittelpunkt stehen die Olympischen Spiele in Japan. „Dafür habe ich mein Studium abgebrochen und lebe im Bus. Natürlich sind wir, vermutlich wie fast alle, wegen der Corona-Pause etwas außer Shape, aber wir haben ein ganz großes Ziel“, erklärt die 29-jährige Beucke.
Entscheidend ist das Duell mit den Kieler-Woche-Titelverteidigerinnen Victoria Jurczok/Anika Lorenz aus Berlin (WM-5.). Nur eine dieser beiden Topcrews kann Deutschland in Japan bei den Olympischen Spielen vertreten. Jurczok/Lorenz, die 2016 bei den Spielen Rang neun belegten und mit dem dritten Rang bei der WM 2016 und der EM 2017 internationale Medaillen-Plätze ersegelten, liegen nach zwei Qualifikationsserien 12 Punkte zurück, aber noch ist das Ticket vor dem Kieler Finale in Reichweite.
Für Lutz/Beucke ist es der dritte Anlauf. 2012 scheiterten sie im 470er, 2016 im 49er FX. Doch aller guten Dinge sind drei. Einer Crew, die trotz zwei gescheiterter Anläufe und den Rückschlägen zum Jahresbeginn nun ins 15. gemeinsame Jahr geht, ist es zuzutrauen.
„Übrigens: Ich bin als Stranderin richtig stolz auf meine Kieler Woche. Sie hat sich rechtzeitig richtig positioniert“, freut sich Beucke auf die Regatten der Kieler Woche. Ganz sicher werden die Beiden bei einer Pressekonferenz in Kiel Schilksee noch mehr zu erzählen haben.
Quelle: Kieler Woche / Herrmann Hell
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