Der Weltseglerverband hat nach dem paralympischen Aus für den Segelsport einen Strategieplan von 2017 bis 2020 entwickelt. Das Ziel: 2024 soll der Segelsport wieder paralympische Disziplin sein.
Ein schwerer Weg, der über Kiel führt und seinen großen Auftakt zur Kieler Woche (17. bis 25. Juni) hat. Denn in Kiel werden im Rahmen der Kieler Woche die Para World Sailing Championships 2017 ausgetragen. So werden die 2.4.mR im ersten Teil offen, im zweiten Teil der Kieler Woche ab dem 21. Juni gemeinsam mit fünf weiteren Behinderten-gerechten Klassen zur PWSC ausgeschrieben.
1996 hatte Segeln als Demonstrationssport auf sich aufmerksam gemacht und war über fünf Olympiaden von den paralympischen Spielen vor Sydney (Australien/2000) bis 2016 vor Rio de Janeiro (Brasilien) im Programm. Doch 2020 vor Tokio ist Segeln nicht mehr Bestandteil der Paralympics.
Eine wesentliche Begründung für das Aus war die zu geringe weltweite Verbreitung. So setzt der Weltseglerverband jetzt alles daran, die erforderliche Nationenzahl von 32 Ländern in drei Kontinenten zu erreichen, um bereits im nächsten Jahr beim Internationalen Paralympischen Komitee (IPC) Segeln wieder ins Spiel zu bringen. Den paralympischen Status erneut zu bekommen, sei eines der höchsten Ziele des Weltseglerverbandes, hatte dessen neuer Präsident Kim Andersson bereits bei seinem ersten Amtsbesuch in Kiel betont.
Wie kaum eine andere Sportart erlaubt Segeln den sportlichen Vergleich zwischen Athleten der verschiedensten Behinderungen und deckt eine große Bandbreite an Behinderungen ab. Die Kieler Woche demonstriert bereits seit 2002 eindrucksvoll, dass die 2.4mR-Klasse sich zudem perfekt zur Inklusion und zum sportlichen Vergleich zwischen behinderten und nichtbehinderten Sportler/innen eignet. Damit ist die Kieler Woche ein Vorzeige-Event für den Weltseglerverband, der das Para World Sailing Commitee bei der Verwirklichung des Konzeptes unterstützt, das sich Gleichheit, Inklusion, Vielfalt und die Integration der behinderten Segler zum Ziel gesetzt hat.
Der Vier-Stufen-Plan des Strategiepapiers beinhaltet die wichtigsten Schritte, um die Verbreitung des Segelns für Behinderte in 40 Ländern auf vier Kontinenten zu etablieren. Dabei setzt World Sailing auf die nationalen Partner und Aktiven. Drei sogenannte regionale Hotspots sollen helfen, die Schritte von 2017 (Ziel: 32 Nationen auf drei Kontinenten) bis 2020 auf 40 Nationen auf vier Kontinenten zu steigern. Mit Seminaren und Trainingseinheiten will der Weltverband die nationalen Verbände unterstützen, und bis August dieses Jahres sollen die zukünftigen paralympischen Klassen feststehen.
Die internationale Verbreitung und die Partnerschaften mit Bootsherstellern dürften zwei Eckpfeiler sein. Zudem sollen mehr Jugendliche und Frauen in den Segelsport gelockt werden. Dabei wünscht sich der zweifache paralympische Medaillengewinner Heiko Kröger allerdings eine deutlich stärkere Einbindung der Aktiven.
Der Goldmedaillengewinner von 2000 und Silbermedaillengewinner von 2012 sagte: „Das IPC hat mit dem Hintern umgestoßen, was wir mit den Händen errichtet haben.“ Kröger weiter: „Es gibt kaum eine inklusivere Sportart als den Segelsport, wo das Miteinander so gut funktioniert. Es handelt sich hier ganz offensichtlich um eine politische Entscheidung, die nicht auf Basis von Vernunft, sondern aus anderen Gründen getroffen wurde.“
Durch das paralympische Aus sei es jetzt sehr schwer geworden, die Nationenzahl zu erhöhen. In vielen Ländern fehlten mit dem Verlust des paralympischen Status die Zuschüsse und finanziellen Unterstützungen, gibt Kröger zu bedenken. Ein Problem, das auch dem Weltseglerverband bekannt ist.
Daher ist ein Schritt im Strategieplan die Zusammenarbeit mit Vorzeigeveranstaltungen. Inklusion aller Behinderungsgrade, die Internationalität der Veranstaltungen und die Reduzierung der Kosten für die Teilnehmer stehen dabei im Vordergrund. Dazu sei Kiel der ideale Partner. Kiel habe in der Vergangenheit eine Vielzahl hervorragender Segelevents veranstaltet. „Mit unserem gemeinsamen Einsatz und der Unterstützung unserer Partner möchten wir die größtmögliche Aufmerksamkeit für die Para World Sailing Championships in Kiel erreichen“, so der Präsident des Weltseglerverbandes, Kim Andersen (59/ Dänemark).
Die Inklusion der behinderten Segler ist seit Jahren ein fester Bestandteil der Kieler Woche. Im Jahr 2002 wurde die zwei Jahre zuvor gekürte paralympische Klasse 2.4mR in die Kieler Woche aufgenommen, seit 2008 segeln behinderte und nichtbehinderte Segler/innen während der Kieler Woche mit- und gegeneinander. 2014 und 2016 starteten auch Sonarsegler im Rahmen der Kieler Woche. 2016 wurde nach der Umgestaltung des Hafenvorfeldes, dem Bau einer barrierefreien Tagungsstätte und dem Einbau eines Fahrstuhls der barrierefreie Zugang mit 44 Metern Länge, 1,80 Metern Breite und mehreren Ruhezonen für kurze Pausen zum Steg 1 fertiggestellt.
Insgesamt 269.000 Euro haben Land, Bund und die Stadt Kiel investiert. Damit sind die besten Voraussetzungen für die Para World Sailing Championships geschaffen. Zur Reduzierung der Teilnahmekosten stellt der Weltseglerverband 100.000 Euro für die Aktiven zur Verfügung. Zusätzlich wird der Logistik- und Transportpartner GAC Pindar den Transport zur Kieler Woche (17. bis 25. Juni) und zum Sailing World Cup in Hyères (Frankreich/23. bis 30. April) unterstützen.
Das dritte Ziel des Weltseglerverbandes sind effektives Marketing und eine effektive Öffentlichkeitsarbeit, in deren Mittelpunkt die elektronischen Social Media stehen. Ein weltweites Netz von Interessensvertretern soll bei der öffentlichen Wahrnehmung des Behindertensegelns mithelfen.
„Die Para World Sailing Championships sind ein Vorzeige-Event für den Weltseglerverband, um dem IPC zu zeigen, welche Fortschritte wir gemacht haben, das Behindertensegeln zu entwickeln und zu verbessern. Wir werden weiterhin eng mit den Aktiven, unseren Mitgliedern, Klassen und Medien zusammenarbeiten“, so Andersen, der in Kiel auch auf die perfekte Medialisierung setzt.
Die größte Herausforderung ist es, die Teilnehmerzahl zu erreichen, die das Internationale Paralympischen Komitee überzeugt, die vielleicht perfekteste Sportart für Inklusion, das Segeln, wieder in die den Kreis der paralympischen Sportarten aufzunehmen. „Wir werden alles daran setzen, dass die Kieler Woche eine Werbung dafür ist, den Segelsport wieder in die Paralympischen Spiele aufzunehmen“, blickt der Organisationsleiter der Kieler-Woche-Regatten, Dirk Ramhorst, nach vorn.
Die vorgeschlagenen Klassen:
Einhand-Kielboot offen: Norlin, 2.4mR,
Einhand-Kielboot, Frauen: Hansa 303,
Einhand-Kielboot, Männer: Hansa 303,
Multihull, Mixed: Weta
Zweimann-Kielboot: Skud 18, Offen (Internationale Meisterschaft)
Dreimann-Kielboot: Sonar, Offen (Internationale Meisterschaft)
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