Nach neun Jahren Pause ist das Windsurfen wieder bei der Kieler Woche vertreten. 24 Aktive aus fünf Nationen kämpfen in der neuen olympischen iQ-Foil-Klasse (2024 in Paris) der Frauen und Männer um den Sieg. Die ersten Spitzenreiter heißen Sebastian Kördel, der in Tarifa/Spanien lebt, und Theresa Steinlein vom NRV Hamburg. Im ehemaligen Laser Radial, jetzt als ILCA 6 für Frauen weiter olympisch, führt die Polin Agata Barwinska ungeschlagen vor Hannah Snellgrove aus Großbritannien. Julia Büsselberg (Berlin) ist Dritte.
Bei gut zehn Knoten Wind aus östlichen Richtungen absolvierten die Surfer fünf Rennen und die Frauen vier, weil ihr letztes bei abnehmender Brise abgebrochen wurde. Sebastian Kördel vor Nico Prien, beide Norddeutscher Regatta Verein Hamburg (NRV), liegen an der Spitze. Viermal gelang Kördel ein Start-Ziel-Sieg. Nur die dritte Wettfahrt gewann der Verfolger. Fabian Wolf aus dem DSV-Nachwuchskader folgt auf Rang drei. Das Trio setzte sich fast immer direkt zu Beginn vom Feld ab und machte die vorderen Platzierungen unter sich aus. „Der Wind war super, super, gut, aber am Anfang hatten wir viel Seegras auf der Bahn, das uns behinderte“, berichtete Nico Prien.
Theresa Steinlein vor Sophia Meyer
Für die Favoritin Lena Erdil lief es noch nicht optimal. Sie kämpfte schon zu Beginn mit technischen Problemen und konnte erst im letzten Rennen mit einem Tagessieg ihre gewohnte Leistung abrufen. Mit einem Punkt Vorsprung belegt Theresa Steinlein vom NRV den ersten Platz vor Sophia Meyer aus Berlin. Nur einen Zähler hinter Meyer surfte die Finnin Aleksandra Blinnikka auf Rang drei, die beide auch je einen Rennsieg für sich verbuchten. „Für mich war der nicht so starke Wind optimal, weil ich relativ leicht bin“, sagte Steinlein zufrieden.
Julia Büsselberg trägt am Freitag das Lila-Trikot der drittbesten Seglerin in der olympischen ILCA-6-Klasse. Die Berlinerin steigerte sich zum Auftakt des zweiten Teils der Kieler Woche 2021 von Platz elf über vier auf drei und erfüllt bisher ihre eigenen Erwartungen. „Meine Saison lief sehr gut“, so die 21-Jährige, „ich will hier auch auf dem Treppchen landen.“ Büsselberg gewann die internationale schwedische und spanische Meisterschaft sowie die Warnemünder Woche und holte einen Top-Ten-Platz beim Weltcup.
Die Polin Agata Barwinska, voriges Jahr EM-Dritte, die mit lupenreiner weißer Weste in Führung liegt, hält sie nicht für unschlagbar. „Im ersten Rennen habe ich mich an der Luvtonne zu ungeschickt angestellt und drei Strafkringel gedreht“, berichtet die beste Deutsche, „danach konnte ich ihr nicht mehr Paroli bieten.“ Anschließend gingen die beiden zeitgleich durchs Leetor, und „Agata hatte auf der rechten Seite Glück mit einem Winddreher.“ In der nicht-olympischen Männerkonkurrenz führt Ole Schweckendieck aus Kiel.
Fette Streicher belasten die Konkurrenz
Auf Gesamtrang zwei liegt Hannah Snellgrove aus Großbritannien mit zwei Zweiten, hat allerdings schon einen 16. Platz als Streichresultat zu Buche stehen. Noch mehr „Gepäck“ trägt die Vierte Mirthe Akkerman (Niederlande) mit sich, eine Frühstartdisqualifikation bei schwarzer Flagge. Zweitbeste Deutsche ist Pia Kuhlmann aus Wunstorf als Zehnte.
Der erst 13-jährige Anton Sach sorgte mit seinem 16-jährigen Bruder Johann am ersten Tag des 29er Euro Cups für eine kleine Sensation. Das Duo vom Lübecker Yacht-Club gewann gleich das erste Rennen der gelben Gruppe und ließ einen zweiten sowie vierten Platz folgen. Dadurch sind die beiden Zarnekauer Dritte hinter den führenden dänischen Brüdern Jens-Christof und Jens-Philip Dehn-Toftehøj und punktgleich mit Robbert Huisman/Frank Boer aus den Niederlanden.
Tagessieg bei Premiere „schon ein cooles Gefühl“
„Das war schon ein cooles Gefühl, als Erster über die Ziellinie zu gehen“, meinte Johann Sach, „aber unser stärkstes Rennen kam danach.“ Dort waren sie auf der Startkreuz nur Zehnte, arbeiteten sich aber konsequent nach vorn. Platz vier zum Schluss als Streicher kann sich auch sehen lassen – auf der ersten Kieler Woche überhaupt der beiden Söhne von Christian und Neffen von Helge Sach, die bereits vor 40 Jahren im 470er das erste Mal die Kieler Woche gewonnen haben. „Freitag treffen wir in der Gruppe auf die Dänen“, freut sich Johann Sach auf den Vergleich. Sein Pendant, der Vorschoter, ist schon 23 und holte jüngst in Valencia/Spanien WM-Bronze.
Die Topcrew in der hart umkämpften J/70-Klasse um Skipper Carsten Kemmling war im ersten Rennen zunächst „vom Kurs abgekommen“ und nur 20. „Wir hatten nach der EM eine neue Masthalterung montiert, die den Kompass offenbar abgelenkt hat“, analysierte der Hamburger „eine von mehreren Baustellen“, die nur fürs Mittelfeld reichte. Ein Winddreher auf der Startkreuz tat sein Übriges, „und dann ging es in der starken Konkurrenz auch nicht mehr wirklich nach vorne.“
Mit alter Kompasshalterung zwei Tagessiege
Halterung zwischen den Rennen wieder umgebaut brillierte das NRV-Team anschließend mit zwei Start-Ziel-Siegen und übernahm die Gesamtführung, da bereits nach drei Wettfahrten die schlechteste gestrichen wird. „Das war dann eigentlich ganz einfach“, so der Hamburger, „wir sind gut gestartet und lagen schon an der Luvtonne vorn.“ Der dicke Streicher im Nacken setze das Team aber fortan unter Druck, sich keinen weiteren Ausrutscher zu erlauben.
Erste Achtungserfolge landete die inklusive Crew des BAT Sailing Teams vom NRV, das im zweiten Rennen gesegelt ein Boot und im letzten am Donnerstag zwei Konkurrenten an der Ziellinie hinter sich ließ. „Das wird gefeiert“, freute sich der sehbehinderte Johannes Löschke, für den damit bereits zum Auftakt seiner allerersten Regatta ein kleiner Traum in Erfüllung ging.
Karsunke mit 1, 1, 2 ganz vorne
Eine minimale Vormachtstellung baute Stefan Karsunke mit seiner Crew vom Blankeneser SC in der J/24-Klasse auf. Nach zwei Tagessiegen gelang es Fabian Damm & Co. vom benachbarten SV Altona-Oevelgönne jedoch, der „Schwere Jungs“ (Bootsname) das Heck zu zeigen. Der Rückstand im Gesamtklassement beträgt nur einen Zähler. Dritter ist die sechsköpfe Frauencrew mit Lynn Wolgast am Steuer vom Mühlenberger SC.
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