Knarrblog J/70 Worlds: 360 Grad Video vom Power Glitsch – 2. Tag wieder vor der Jury

Unheimliche Begegnung

Jetzt drehen sie durch. An diese zweiten Tag der J/70 Worlds vor Marblehead ist ja nun wirklich viel passiert. Aber die Crew beharrt darauf, sie hätte beim Start eine ganz besondere Begegnung gehabt.

Ein Riesenhai sei eine Zeitlang nebenher geschwommen. Wir hätten ihn fast überfahren. Juliane, unsere 15-jährige Vorschiffsfrau, behauptet gar, sie hätte die Beine einziehen müsse. Malte erzählt von der angeranzten Rückenflosse. Flo will sich gar nicht mehr einkriegen: „Schon krass, schon krass…“

Riesenhai. © Wiki

Schon klar…ein Riesenhai. Körperlänge: bis zu zehn Meter. Gewicht: bis zu vier Tonnen. Da stellt sich die Frage, warum ich ihn nicht gesehen habe. Oder Michi am Steuer. Können wir so beschäftigt gewesen sein beim Erarbeiten einer freien Spur im 90 Boote WM-Feld?

Es dauert ein ganzes Abendessen – bei dem sich die drei nicht in Widersprüche verstricken lassen – bis es uns dämmert, dass an der unheimlichen Begegnung tatsächlich etwas dran sein könnte. So ein Viech, dass nahrungstechnisch Gott sei Dank wenig mit Mensch und Plastik anfangen kann, soll hier durchaus schon mal gesichtet worden sein (Video). Aber was will es inmitten dieser hektischen Segler, die ihre sieben Meter Schiffchen hin und her durchs Wasser schmeißen?

Zweimal rechts, einmal links

Es war ein wahrlich aufregender Tag bei wieder einmal völlig anderen Bedingungen. Hack, Regen und Kälte vom Vortag sind einer sonnigen Seebrise gewichen bei schwülwarmem Wetter über 20 Grad. Zweimal lief es auf der Startkreuz über rechts einmal links. Zweimal lagen wir richtig, einmal falsch. So banal sind die Plätze 25/55/23 zu erklären, die einen eigentlich sehr zufriedenstellenden 36. Platz münden. Schließlich haben wir vor einem Jahr bei der WM noch die erste Hälfte verpasst.

GER beim Start mitten im Feld. Daran müssen wir noch feilen. © West Marine J/70 Worlds/photoboat.com

Der Speed stimmt. Wenn wir das mit der Starterei noch besser hinbekommen, wäre auch mehr drin. Und wenn wir abends nicht immer vor die Jury gezerrt würden. Diesmal meint ein Amerikaner, wir hätten am Leetor nicht rechtzeitig eine Innen-Überlappung hergestellt und kein Recht gehabt, Raum zu fordern.

Wir sind vom Gegenteil überzeugt, und es steht Aussage gegen Aussage. Der Protest wird nach dem sogenannten Arbitration-System gehört. Ein Jury-Mitglied hört sich die Aussage der Beteiligten an, und gibt dann seine Einschätzung ab, wie der Fall wohl entschieden wird. Akzeptiert der Verlierer dieses Ergebnis, wird er mit einer 30 Prozent-Strafe belegt.

Der Kumpel als Zeuge

Die Verhandlung beginnt mit einem festen Händedruck. Nicht unsympathisch der Ami. Wir sitzen einen Moment alleine im dunkeln Hinterzimmer an einem langen Eichentisch vor einer erdrückenden Bücherwand. Die Geschichte des Seelsports ist in dicke, staubige Schinken gepresst.

Der Jury-Mann hat seine Schiffchen vergessen.  Wie viele Segler sich in solchen Momenten schon an die Gurgel geganen sind. Wir machen ein wenig Small-Talk, so als wenn er uns nicht ans Leder wollten. Fast scheint es so, als könnte er den Protest zurückziehen. Er fragt schon den Jury-Mann, ob man uns nicht eine geringere Strafe geben könnte.

Sonne und Wind am zweiten WM-Tag in Marblehead. © West Marine J/70 Worlds/photoboat.com

Schließlich bleibt mir nichts anderes übrig, als den Prozent-Penalty zu akzeptieren. Denn ausgerechnet der Kumpel vom Ami macht den Zeugen. Er liegt bei der Tonnenrundung noch mit seinem Boot in der Außenkurve. Also 29 Punkte on Topp, zehn Plätze in der Gesamtwertung zurück.

Immerhin bleibt das letzte Rennen in der Wertung. Paul Goodison der Laser-Olympiasieger mault vom Mascalzone-Boot herüber, wir hätten die Tonne berührt. Die Brüllerei und das Rote-Flagge-Zeigen soll wohl ein Einschüchterungsversuch sein. Die doofen Deutschen. Drehen bestimmt nen Penalty, wenn man laut genug schreit.

Aber Erstens gab es keine Berührung, zweitens befand er sich in einer Position, aus der sie es nicht sehen konnten. Doch wer weiß. Vielleicht glaubt die Jury einem Superstar in einer Verhandlung mehr als dem Durchschnitt-Segler. Schließlich ist es doch nicht mehr als eine Drohgebärde. Der Protest wird nicht eingereicht.

Also auf ein Neues am Donnerstag. Nicht einmal die Hälfte der Regatta ist um. Und schon schmerzt es überall. Morgen immerhin sollen die 11 Knoten Wind nicht überschritten werden. Vielleicht habe auch ich dann mal die Muße, nach irgendwelchen Riesenhaien Ausschau zu halten.

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Video vom ersten Tag:

Etwas peinlich, die Bilder vom Schaden der Spanier zu sehen, der von uns direkt verursacht, wenn auch nicht verschuldet wurde. Gott sei Dank konnten sie heute segeln, haben sie eine ordentliche Wiedergutmachung bekommen und liegen sogar auf Rang sieben:

Das Schiff der Spanier nach unseren T-bone-Crash

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