Deutscher Segelnachwuchs im Geschwindigkeitsrausch: Bei der Weltmeisterschaft der Nacra 15 rasten Jesse Lindstädt/Lisa Rausch zur Silbermedaille. Gerade im stärkeren Wind der ersten WM-Tage legten sie den Grundstein für den Erfolg, der die eigenen Erwartungen übertraf. Bis zum Abschlusstag hatte das norddeutsche Duo vor Marseille sogar die Hand am Gold, musste dann aber die Booth-Kinder Ruben und Rita passieren lassen.
Zu dieser Saison hatte sich das Team Lindstädt/Rausch neu formiert und in dieser Zeit einen enormen Leistungssprung hingelegt. Nachdem die beiden in der Ausscheidung für die ISAF Youth Worlds noch knapp an den nationalen Konkurrenten gescheitert waren, haben sie sich nun zur Nummer eins entwickelt. Mit intensiven Segeleinheiten vor Kiel, Scharbeutz und in den Niederlanden wurde der Grundstein gelegt. Trainingslager mit Ruben und Rita Booth vor Barcelona sorgten für einen weiteren Entwicklungsschub. Und in der konkreten Vorbereitung auf die WM ging es bereits eineinhalb Wochen vor dem ersten Start nach Südfrankreich. Marseille erwies sich dabei als ein Revier, das den deutschen Nacras durchaus lag. „Es ist sehr tricky, sehr böig. Wir kamen damit gut zurecht“, berichtete Jesse Lindstädt. Dennoch hatte er mit einem Medaillengewinn nicht gerechnet: „Wir hatten auf eine Top-Ten-Platzierung gehofft, wenn es gut läuft auf Top-Five.“ Aber es lief noch besser.
Mit einer eindrucksvollen Serie von zwei Siegen und einem zweiten Platz starteten sie in die WM, kassierten dann zwar ihren Streicher (21), ließen sich aber davon im Feld der 80 Crews, die in zwei Gruppen gestartet wurden, nicht aus der Spur bringen.
Der erste Tag vor Marseille bot unter einem bewölkten Himmel Winde zwischen 5 und 15 Knoten, in denen die Wettfahrtleitung vier Rennen auf die Bahn brachte. An Tag zwei wurde es heftig für die jungen Akteure. Bei Böen mit bis zu 30 Knoten registrierte die Wettfahrtleitung 40 Kenterungen, schaffte es aber immerhin, eine Wettfahrt ins Ziel zu bringen. Damit war ein Streichresultat eingespielt, und die deutsche Crew hatte sich durch einen zweiten Platz in der Sturmwettfahrt auf Rang eins der Gesamtwertung geschoben. Den verteidigten sie auch, als sich die Windsituation änderte. Nach einem Tag Zwangspause wegen zu viel Wind ging es am vierten Tag mit einigen Stunden Verspätung und einer leichten Brise auf die Bahn. Mit drei weiteren Top-Ten-Resultaten hielt das Team aus Hamburg und Kiel die australischen Booth-Geschwister knapp auf Distanz.
Am Abschlusstag aber zogen die Kinder des Katamaran-Profis Mitch Booth, zweimaliger Olympia-Medaillen-Gewinner im Tornado, doch noch vorbei. Sie hatten am Ende die beständigste Serie und schließlich drei Punkte Vorsprung. „Es ist natürlich schade, dass wir am Ende Platz eins noch abgeben mussten, aber das Ergebnis ist super. Das hätten wir nie erwartet. Es ist voll okay, dass Ruben und Rita gewonnen haben. Wir gönnen es ihnen, sind gut befreundet“, berichtet Jesse Lindstädt, Sohn des deutschen Nacra-Händlers Sven Lindstädt.
Silas Mühle/Levke Möller auf Rang sechs sowie Janneke Fock an der Vorschot von Jordi Booth auf Rang sieben rundeten das sehr gute deutsche Ergebnis ab. Die WM-Bronzemedaille gewannen die Italiener Andrea Spagnolli/Alice Cialfi. Leonard Beyer/Merle Rausch kamen auf Platz 51.
Mit dem Gewinn der WM-Silbermedaille auf dem Olympiarevier von 2024 rücken nun natürlich auch Gedanken an einen Umstieg auf den Nacra 17 in den Fokus: „Wir denken darüber nach. Olympia 2024 wäre natürlich eine tolle Option.“ Vorher steht aber der Schulabschluss im Vordergrund. Der 18-jährige Jesse Lindstädt und seine ein Jahr jüngere Vorschoterin Lisa Rausch sind beide im Abijahrgang, könnten also in einem dreiviertel Jahr befreit von Schulverpflichtungen voll durchstarten.
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