Porträt: Warum „Professor“ Desjoyeaux ausgerechnet Class40 segelt – Agitée40 bald in Serie?

„Zurück bei dem, was ich liebe!“

Michel Desjoyeaux gilt als einer der Größten im französischen Hochseezirkus. Der 60-jährige, zweifache Vendée Globe-Sieger will ab sofort Class40 bauen und als Spitzensegler selbst die Fahne seiner Werft hochhalten. Kann das in dem Alter noch klappen?

Michel Desjoyeaux © Liot

Neulich beim Normandy Channel Race. Einige Boote der imposanten Class40-Flotte mussten bereits kurz nach dem stürmischen Start wegen Havarien aufgeben, es gab mehrere fiese Crashs, darunter einer, der eine Umschreibung wie „Horror“ tatsächlich verdient hatte. In der dritten Nacht des Rennens, das da schon wegen inakzeptabler Wetterbedingungen stark gekürzt worden war, musste ein Class40-Duo, das zu diesem Zeitpunkt an dritter Stelle lag, wegen eines gebrochenen Ruders ebenfalls die Segel streichen: Skipper Alexandre Le Gallais und Co-Skipper Michel Desjoyeaux.

Rein ins Boot und gleich Top

Moment mal, DER Michel Desjoyeaux? Der, den sie in Frankreich „den Professor“ nennen? Hatte der nicht vor Jahren schon erwähnt, dass er als Ü50-Segler eigentlich keine Lust mehr auf Regattasegeln habe. Und jetzt sitzt er mit 60 Jahren auf einer Class40 und segelt in einem der härtesten Rennen der letzten Jahre in der Spitzengruppe?

 

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Die Vita des „Professors“

Geboren 1965 in Concarneau/Bretagne, wächst Michel Desjoyeaux in einer Familie auf, in der das Segeln zum Alltag gehört. Als jüngstes von sieben Kindern ist er von klein auf mit der See vertraut – und mit dem Regattazirkus, denn sein älterer Bruder Hubert Desjoyeaux segelte bereits aktiv im Hochseebereich.

Seine ersten Erfahrungen sammelt Michel im Optimisten, später in der 420er- und 470er-Klasse – Bootstypen, die ein feines Gespür für Trimm, Bootsbalance und taktisches Denken fördern. In dieser Phase entwickelt sich sein Hang zur Analyse, zur systematischen Herangehensweise: Was anderen intuitiv erscheint, zerlegt Desjoyeaux in Ursache und Wirkung.

Nach der Mini-Transat prägt ihn seine Mitarbeit an Bord der Pierre 1er, dem Trimaran von Florence Arthaud, mit der er 1990 die Route du Rhum gewinnt. 1998 war er technischer Projektleiter bei PRB, dem Boot von Vincent Riou.
Seine Feuertaufe als Skipper folgte dann bei der Vendée Globe 2000–2001. Auf seiner selbst mitentwickelten PRB 2 umrundete er in 93 Tagen, 3 Stunden und 57 Minuten allein und nonstop die Welt – und gewann auf Anhieb. Es war ein historischer Moment, der ihn endgültig an die Spitze der internationalen Hochseeszene katapultierte.

2004–2005 startet Desjoyeaux erneut, muss jedoch nach wenigen Tagen wegen eines gebrochenen Ballasttank-Schlauchs aufgeben. 2008–2009 kehrt er zurück – diesmal mit der Foncia, einem hochmodernen IMOCA, der unter Leitung von Mer Agitée optimiert wurde – und gewinnt ein zweites Mal. Und das trotz eines erzwungenen Neustarts: Gleich zu Beginn musste er wegen Elektronikproblemen zurück in den Start­hafen – und segelte sich danach dennoch an die Spitze.

Bis heute ist Michel Desjoyeaux der einzige zweifache Sieger der Vendée Globe – ein Rekord mit Legendenstatus.

Weitere Erfolge: Transat Jacques Vabre: 2007 Sieg • The Artemis Transat (ehem. OSTAR): 2004 Soeg aiuf GEODIS mit 500 Seemeilen Vorsprung. Route du Rhum: Er segelte mehrfach mit, zuletzt 2010, als er Platz 3 erreichte (IMOCA).Figaro-Klasse: 1992, 1995 und 1998 gewann Desjoyeaux die Solitaire du Figaro. Volvo Ocean Race: 1985–86 segelte er als junger Crewmitglied auf der Ecureuil d’Aquitaine II.

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