Route du Rhum: Erste Nacht mit Kollisionen und Havarien

Dramatischer Auftakt

Covilles "Sodebo" nach Kollision mit Frachter © courcoux

Covilles „Sodebo“ nach Kollision mit Frachter © courcoux

Kollision mit Frachter, Verlust eines Schwimmers, zwei Kiele verloren, Hubschrauber-Rettungsaktionen und Pit-Stops… die Einhand-Transatlantik-Regatta machte ihrem Ruf mal wieder alle Ehre.  

Ab Samstag  Morgen war kaum noch einer der 91 Skipper ansprechbar. Im Stundenrythmus holten sie sich ihre Wetterinformationen ein, die wiederum nichts Gutes verhießen. Nach außen gaben sich die erfahrenen Salzbuckel genauso wie die „jungen Wilden“ zwar eher gelassen – im Inneren dürfte es bei manchen aber gewaltig rumort haben.

Denn wenn mehrere aufeinander folgende Kaltfronten bereits hinterm Horizont lauern, kann auch (noch) so mildes Herbstwetter nicht darüber hinweg täuschen, dass es zum Start am Sonntag Nachmittag richtig „zur Sache“ gehen wird.

Prompt herrschte gestern zum Startschuss um 14 Uhr regnerisches und  kühles Wetter, allerdings nur mit Windstärken um die 15 Knoten, denen die meisten Skipper höchstens ein Reff im Groß und eher kleine Vorsegel entgegen setzten. Nur einige der großen Ultime-Trimarane wie Sodebo mit Thomas Coville, „bändselten“ ein zweites Reff ein – auch um in dem faszinierenden Gewusel Tausender Begleitboote nicht mit allzu viel Speed den Überblick zu verlieren.

Video:Kurz nach dem Start, am Cap Frehel von routedurhum

Zehntausende auf den Klippen der Steilküste

Kurz darauf konnten die Einhandsegler einen letzten Blick auf die Zuschauermassen werfen, die auf der bretonischen Steilküste ihren Helden ein Farewell zuriefen – über dem Ärmelkanal lauerten da schon bedrohlich dunkle Wolken.

Die ersten 16 Stunden dieser 10ten Ausgabe der alle vier Jahre ausgerichteten „Route du Rhum“ waren dann… ereignisreich, gelinde gesagt. Mit mehr als 30 Knoten Wind und einem selbst für bretonische Verhältnisse eher unruhigen, hohen Seegang wurde die gesamte Flotte ordentlich durchgeschüttelt und blieb entsprechend von Havarien nicht verschont.

Gigantisch! © courcoux

Gigantisch! © courcoux

Bruch und Kollisionen – oder beides

Jean Galfione auf der Class 40 „Serenis Consulting“ war der Erste, der um 20 Uhr nach einer Kollision mit einer unbeleuchteten Fischertonne Bruch meldete und Richtung Küste abdrehte. In einem immer chaotischeren Seegang und mittlerweile 35 Knoten Wind berichtete dann um 23 Uhr Loic Fequet auf Höhe des Fischerdorfes Aber Wrac’h von seinem Multi 50 „Maitre Jacques“, dass sein Steuerbordschwimmer schwer beschädigt sei. Noch von Bord funkte er, dass er genau an der Stelle gebrochen sei wie vor Jahresfrist.

Der Skipper versuchte mit Hilfe des Motors das Schiff in Richtung Küste zu wenden, was allerdings nicht gelang. Kurz darauf bat er die Küstenrettung um Hilfe, die zwei Stunden später die „Maitre Jacques“ in Schlepp nahm und nach Aber Wrac’h brachte.

Um 23:30 Uhr raste der favorisierte Thomas Coville auf seinem Trimaran „Sodebo Ultim’“ in einen Frachter. Dabei wurde ihm ein Teil des Steuerbordschwimmers abgerissen. Coville gelang es aber, Richtung Küste abzudrehen; er segelt nun mit raumen Winden Richtung Roscoff /Bretagne, wo er im Laufe des Tages erwartet wird.

Und aus der Traum vom Sieg: Zoom auf den Steuerbordschwimmer von Covilles "Sodebo"! © courcoux

Und aus der Traum vom Sieg: Zoom auf den Steuerbordschwimmer von Covilles „Sodebo“! © courcoux

Kurz darauf musste Francois Angoulvant von seiner „Team Sabrosa“ per Helikopter abgeborgen werden. Nach Kielverlust kenterte die Class 40 und Angoulvant aktivierte sein Notsignal – der Helikopter flog den leicht unterkühlten Franzosen ins Krankenhaus nach Brest, das er heute Morgen schon wieder verlassen konnte.

Drei Stunden später funkte schließlich Marc Lepesqueux von seiner Class 40 „Sensation“: Auch er hatte seinen Kiel verloren, es gelang ihm aber, die Ballasttanks rechtzeitig aufzufüllen, die Segel zu bergen und so die Yacht zu stabilisieren. Er ist unter Motor auf dem Weg nach Guernsey.

Peyron gleich vorne

Gegen Morgen meldeten sich weitere Yachten, die zwecks Reparaturen einen „Pit-Stop“ einlegen wollen: Die beiden „Class Rhum“-Skipper Bob Escoffier (Groupe Guisnel) und Benjamin Hardouin (Krit’R V) sind ebenfalls nach Roscoff unterwegs, Bertrand Delesne (Class 40) liegt bereits in Perros-Guirec und der Italiener Giancarlo Pedote hat Ebenfalls den Kurs geändert und ist auf dem Weg Richtung Küste…

Loick Peyron will nur das Eine: Siegen © rdr

Loick Peyron will nur das Eine: Siegen © rdr

Loick Peyron führt derzeit die Flotte auf der „Banque Populaire“ an; die französische Segellegende kam gut durch die Nacht und liegt 35 Seemeilen vor Sebastian Josse auf „Rothschild“ und Lemonchois auf „Prince de bretagne“ (+ 36 sm) Yann Guichard auf dem längsten Schiff der Flotte, die 40-Meter-„Spindrif 2“ liegt derzeit auf Rang 4, gleichauf mit Sidney Gavignet auf der MOD 70 „Oman Sail“.

Bei den IMOCA setzte sich erwartungsgemäß Vendée Globe-Sieger Francois Gabart vom Start an die Spitze; bei den Class 40 führt der derzeit „Klassenbeste“ Sebastien Rogues auf „GDF Suez“ ebenfalls „nach Ansage“. Spannend: Vendée-Globe-Salzbuckel Kito de Parvant liegt mit vier Seemeilen Rückstand auf Rang 4.

Für heute sind für einen Großteil der Flotte 15-18 Knoten Wind vorhergesagt, ab heute Nacht werden die schnellen Mehrrumpfer erneut eine Starkwind-Zone mit 35-45 Knoten Windstärke und fünf bis sechs Metern Seegang erreichen.

Tracker

Class 40 und IMOCA; kurz nach dem Start © courcoux

Class 40 und IMOCA; kurz nach dem Start © courcoux

 

Michael Kunst

Näheres zu miku findest Du hier

3 Kommentare zu „Route du Rhum: Erste Nacht mit Kollisionen und Havarien“

  1. Breizh sagt:

    Vielleicht sind ja auch andere deutsche Segelhelden gemeint, die lieber im Mittelmeer mit überdimensionierten Yachten und großen Crews Regatten fahren und versuchen den Abstieg aus der Segelbundesliga zu verhindern.

    Die wahren Segelhelden sind für mich eher die Skipper, die mit 6,5 m großen Booten solo über den Teich segeln, oder mit einer Class 40, einer Figaro oder auch mit einem IMOCA. Aber das ist auch der Unterschied zwischen der deutschen – eher olympisch orientierten – Segelszene und der französischen. Vielleicht auch einmal ein Thema hier für die Experten auf Segelreporter.

  2. Neben (wenn nicht gar vor) VOR und BOR wohl das Segelereignis des Jahres. Spannend und ein tolles emotionsgeladenes Ereignis.

    Und nun schauen wir mal ganz kurz auf Segel-D – da wird das Ganze (solo-offshore) als unseemännisch (von offizieller Seite) betitelt …

    • bobby2 sagt:

      Willst Du etwa die Meinung des großen, von der Segelbravo protegierten Bobby Schenk in Frage stellen? Ich hoffe, dass war nur so in den Wind gesprochen…;)

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