Siegesfeier in Israel: Wanser/Autenrieth und ihre historische Woche im Gelben Trikot

„Bewegender Moment“

Luise Wanser und Philipp Autenrieth rekapitulieren ihre ultimative Erfolgswoche in Israel. „Die gelben Leibchen sorgten schon für einen gewissen Nervenkitzel.“ Von den Italienern am Heck getroffen.

Gute Ausgangslage für die Weltmeister in der Nachstartphase. Autenrieth hängt an den Armen und rockt das Boot. © 470 WC Kazushige Nakajima

„Inzwischen sind ein paar Tage vergangen, um zu realisieren, dass wir Weltmeister geworden sind. Obwohl es schon vor dem Medal Race feststand, dass uns niemand mehr von Platz eins verdrängen kann, war die Nacht davor recht kurz. Zu hoch war der Adrenalin-Pegel. 

Die Siegerehrung, der Moment, in dem die deutschen Nationalhymne für uns gespielt wurde, war dann ein absolut bewegender Moment.

Die Nacht danach war dann noch kürzer – denn wir mussten schon halb sechs Uhr aufstehen, um den Flieger zu erreichen. Aber es ist schon cool, wenn du aufwachst – und „das Ding“, die Goldmedaille, liegt neben dir!

Aber lasst uns noch einmal zurückblicken auf die ganze WM-Woche

Der 21. Platz im ersten Rennen hat uns wach gerüttelt. Wir konzentrierten uns neu, segelten am gleichen Tag noch die Plätze zwei und eins – damit lagen wir am ersten Abend knapp in Führung und durften für den nächsten Tag die gelben Trikots, international als „yellow bibs“ bezeichnet, überstreifen. Mit einem weiteren Tagessieg und einem siebten Platz schlossen wir an Tag zwei die Qualifikation ab, zogen als weiterhin Führende in die Goldfleet, die besten 30 Teams, ein.

Da ist das Ding! © GST

Von da an haben wir zwei Rennen täglich gesegelt. Bei 10 bis 12 Knoten Wind wurde in fast jedem Rennen das Pumpen erlaubt. Zwei Tage kam der Wind aus Osten, war ablandig und noch drehender als eh schon auf diesem Revier. Dazu kamen lokal sehr große Druckunterschiede, die man entsprechend erkennen musste. Es war physisch und mental extrem anstrengend. Mit den Plätzen 6 und 4 verteidigten wir unsere Führung am ersten Tag in der Gold-Fleet. 

Platz 15 am zweiten Tag kostete uns rechnerisch die Tabellenspitze – doch mit einem zweiten Platz im folgenden Rennen konnten wir unsere Führung sogar ein klein wenig ausbauen, auf nun 7 Punkte. Am vorletzten Tag gingen wir beide mit dem gleichen Ziel aufs Wasser: Heute muss noch was passieren, hatten wir beide uns vorgenommen, ohne dass wir uns abgesprochen hatten. Denn eine so enge Punktelandschaft, wir wir sie im Medal Race bei der EM in der Türkei hatten, wo von alles bis nichts alles drin war und gleich acht Boote als direkte Gegner, wollten wir nicht wieder haben.

Und es passierte was: Wir holten einen weiteren Laufsieg! Ein wenig spielte uns auch in die Karten, dass an jedem Tag andere Teams ihren „Lauf“ hatten, aber nie zwei Tage oder länger. Wir konnten dem Druck der gelben Leibchen Stand halten. Denn es sorgt schon für einen gewissen Nervenkitzel, als führendes Team immer gut sichtbar zu sein. Am Schluss haben wir uns damit gut behaupten können.

Jubeln am Strand von Israel. © GST

Nun hatten wir vor dem letzten Rennen der Gold Fleet 25 Punkte Vorsprung – ein unglaublicher Abstand in der 470er-Klasse. Wir besprachen dies auch in der Pause zwischen den Rennen, wie abgemacht, mit unserem Bundestrainer Steven Lovegrove. In der letzten Wettfahrt galt es, vor allem unsere nächsten Konkurrenten, die beiden französischen Teams, unter Kontrolle zu behalten und nicht zu weit von uns wegfahren zu lassen. Camille Lecointre und Jeremie Mion (Frankreich) kamen als Neunte ins Ziel, wir drei Plätze dahinter, die jungen Franzosen hinter uns – Mission erfüllt.
Wir hatten 22 Punkte Vorsprung. Wir waren vor dem Medal Race uneinholbar vorne – welch ein Traum! Es war einfach grandios, die Serie schon vor dem letzten Rennen in der Tasche zu haben.

Medal Race mit besonderer Spannung

Wie schon geschrieben, war die Nacht vor dem Medal Race unerwartet kurz. Wir legten dann aber einen guten Start hin, waren schnell – und wurden nach der ersten Wende auf Steuerbordbug jedoch von der jungen italienischen Mannschaft am Heck getroffen. Ob das nun Absicht war oder nicht – wir kringelten sofort und waren am Ende des kleinen Feldes. Damit war die Luft natürlich raus aus unserem Plan, das Medal Race als Kür auch zu gewinnen. Eine Aufholjagd hätte uns schnell in neue, ungeplante Situationen bringen könne, zumal es damit wahrscheinlich gewesen wäre, irgendwie den Kampf um die beiden anderen Medaillen zu beeinflussen. So segelten wir das Rennen einfach zu Ende – und wurden mit abnehmender Distanz zur Ziellinie immer glücklicher.

Wir hatten es tatsächlich geschafft: Wir sind Weltmeister!!

Damit sind wir die ersten deutschen 470er Weltmeister seit 1994.

Einfach nur DANKE! DANKE! DANKE!

An erster Stelle wollen wir uns bei Bundestrainer Steven Lovegrove bedanken. Er hat uns das ganze Jahr auf die WM vorbereitet und unser gegenseitiges Verständnis und die Kommunikation in der Crew immer besser gemacht. Es war ihm sehr wichtig, uns als Team zu formen – und das ist ihm offensichtlich gelungen.

Außerdem gilt ein ganz großer Dank unseren Eltern und Geschwistern, die seit vielen Jahren hinter uns stehen und uns mit allen Kräften unterstützen!

Beim NRV sehen sich unter anderem IQFoil-Weltmeister Sebastian Kördel und 49er Doppel-Olympia-Bronze-Gewinner Thomas Plößel das entscheidende 470er-Rennen für den WM Sieg an:

 

Wichtig ist für uns auch die Unterstützung des Deutschen Segler-Verbands und der regionalen Verbände. 

Ohne unsere Vereine, der Norddeutsche Regatta-Verein und der Bayerische Yacht-Club, und die Verbände könnten wir nicht da stehen, wo wir jetzt sind!Dazu kommt selbstverständlich noch ein ganz ganz großes DANKE SCHÖN an alle unseren privaten Gönnern und unsere Sponsoren: ABUS, Ultramarin, Julbo und Salzbrenner. 

Herzlichen Dank euch allen!! Das ist unser GEMEINSAMER Erfolg!!“

 

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