7 Uhr morgens in Kiel Schilksee: Das goldene Licht der aufgehenden Sonne spiegelt sich in den Decks der Starboote, brennt den nächtlichen Tau von den aufgerollten Segeln. Selbst im Hafen ist die Flotte dieser klassischen Kielboote ein echter Hingucker. Und es bleibt an diesem zweiten Regattatag der WM während der Kieler Woche auch der einzige Blickfänger der Starboote, denn erneut ist der Wind zu schwach für eine Wettfahrt. Immerhin haben die Besucher des Olympiazentrums so etwas zu gucken, und sie bleiben beim Flanieren vor allem vor dem schwedischen Boot mit der Bug-Nummer 28 stehen.
Inmitten der Flotte aus strahlendem Weiß sticht die Schwedin besonders hervor. Ihr Stabdeck aus Zedern- und Mahagoni-Holz setzt einen warmen Contrapunkt inmitten der GFK-Bauten. Das Deck ist das Glanzstück dieses komplett aus Holz gebauten Stars mit einer inzwischen fast 50-jährigen Geschichte.
„Mein Vater hat das Boot ehemals für einen Engländer gebaut, der damit 1972 an den Olympischen Spielen in Kiel teilnehmen wollte“, berichtet Eigner und Steuermann Leif Carlsson. Der Brite jettete damals, so Carlsson, stets mit einer Spitfire von England nach Stockholm, um mit dem Boot trainieren zu können. Letztlich schaffte er aber nicht die Qualifikation für die Spiele. Und 1973 kaufte Leifs Vater, Sune Carlsson, das Boot zurück.
Schwede Carlsson mit historischem Boot am Start
Das Boot mit der Segel-Nummer „SWE 5618“ war das letzte Starboot in Holz aus der Carlsson-Produktion. 1960 hatte Sune Carlsson, Starboot-Olympia-Teilnehmer von 1960 (10. Platz), die Bootswerft in Stockholm übernommen und bis 1972 fast 180 Starboote gebaut. Dann kamen die GFK-Boote auf. 1977, zwei Jahre nachdem Leif Carlsson in die Werft eingetreten war, kehrten die Carlssons in die Erfolgsspur zurück. „Bis 1983 hatten wir sehr gute Jahre im Starboot-Bau“, so der 63-jährige Leif Carlsson, der selbst nicht nur erfolgreicher Star-, sondern auch Drachen- und 6mR-Segler ist. 1991 gewann er in der Meter-Klasse den WM-Titel.
Nachdem zwischenzeitlich einige andere Werften das Geschehen der Klasse bestimmten, ergab sich vor einigen Jahren für Leif Carlsson die Gelegenheit, das P-Star-Projekt zu übernehmen. Der Kieler Mark Pickel hatte die Form für die Olympischen Spiele 2008 in Qingdao entwickelt, die Bautoleranzen des Starbootes nach einer optimalen Leichtwind-Performance ausgelotet. Nach den Spielen gab Pickel die Form indes in die USA ab, und Carlsson holte sie schließlich nach Europa zurück. „Wir haben nur den Kiel etwas modifiziert, ansonsten ist das Konzept so geblieben“, so Carlsson.
Aus P-Star wird C-Star
Unter dem neuen Namen C-Star ist das Projekt inzwischen sehr erfolgreich. Im vergangenen Jahr gewann der Schweizer Piet Eckert damit den EM-Titel, und in Kiel sind einige Mitfavoriten auf den WM-Titel mit einem C-Star am Start. „Wir haben fünf Crews dabei, wenn einer davon eine gute Woche hat, kann es mit einer Top-Platzierung klappen“, so Carlsson. Der Norweger Eivind Melleby, Star-Weltmeister von 2017, und der Kroate Tonci Stipanovic, Silbermedaillen-Gewinner im Laser von 2016 und 2021, sind heiße Kandidaten aus dem Kreis der C-Star-Segler.
Carlsson selbst aber hält an seinem historischen Boot fest: „Das Boot hat eine ähnliche Form wie unsere Erfolgsboote von 1977, und es ist leicht – am absoluten Gewichtslimit. Bei Leichtwind ist es schnell. Das Wetter scheint auf unserer Seite zu sein“, sagt er mit einem Lächeln, schränkt aber schnell ein: „Wir sind da, um Spaß zu haben.“ (ra)
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