+++ The Ocean Race Liveticker +++

11th Hour gewinnt

„Malizia Seaexplorer“ gewinnt Königsetappe des Ocean Race

Boris Herrmann und sein Team nach dem Zieleinlauf in Itajai und dem Sieg der dritten Etappe des Weltrennens Foto: Ricardo Pinto / Team Malizia

02.04.2023: Es war noch dunkel, als die „Malizia Seaexplorer“ heute die Ziellinie vor der brasilianischen Hafenstadt Itajai überquerte. Das hielt die vielen Fans, die extra für ihre Offhore-Helden im nächtlichen Hafen ausgeharrt hatten, nicht davon ab, Skipper Boris Herrmann und seine erfolgreiche Crew lautstark zu begrüßen. Auf dem Podest angekommen, hielt das Team Malizia eine große brasilianische Flagge in die Höhe und wurde von den Zuschauern lautstark bejubelt

Was für ein Erfolg für Boris Herrmann und sein Team! Nachdem die dritte Etappe des The Ocean Race nur wenige Tage nach dem Start mit dem Verlust eines Segels und einem fast 30 Zentimeter langem Riss im Mast mehr als unglücklich begonnen hatte, konnte das hochmotivierte Team rund um Skipper Boris Herrmann nun den ersten Etappensieg bei dem Weltrennen verbuchen.

Nach einem heißen Kopf- an-Kopf Rennen in den letzten Tagen zwischen der „Malizia Seaexplorer“ und „Holcim – PRB“ konnte sich die deutsche Rennyacht immer weiter absetzen und ging mit einem Vorsprung von rund 80 Meilen über die Ziellinie. 14.714 Meilen nonstop liegen hinter dem erfolgreichen Team. Nach 34 Tagen, 17 Stunden, 10 Minuten und 28 Sekunden auf See hatten Boris Herrmann und seine beiden Co-Skipper Rosalin Kuiper und Will Harris, Navigator Nicolas Lunven und On-Board-Reporter Antoine Auriol wieder Land unter den Füßen.

Boris Herrmann betonte in der direkt nach dem Zieldurchgang abgehaltenen virtuellen Pressekonferenz, der Sieg auf dieser Etappe habe für ihn etwas Märchenhaftes. Nachdem Rosalin Kuiper den Riss im Mast entdeckt hatte, hatte er befürchtet, das Rennen abbrechen zu müssen. „Es dauert noch einen Moment, um zu realisieren, was wir wirklich erreicht haben.“, sagte Boris Herrmann. „Das war ein voller Mannschaftssieg, auf den ich sehr stolz bin.“

Dieser erste Etappensieg brachte das Team Malizia mit 14 Punkten auf Platz 2 des Gesamtrankings, Vendée Globe Veteran Kevin Escoffier und sein Team auf der „Holcim – PRB“ führen die Tabelle nach wie vor mit 19 Zählern an.

Rosalin Kuiper, die nach einem Sturz aus der Koje eine Platzwunde über dem rechten Auge und eine Gehirnerschütterung erlitten hatte, zeigte sich gewohnt gut gelaunt und strahlend im Kreis des Team Malizia und jubelte über den Etappensieg. „Es ist ein überwältigender Moment, es ist unglaublich, hier in Itajaí zu sein, es war eine so große Etappe mit vielen Höhen und Tiefen”, sagte die Niederländerin direkt nach der Zielankunft. „Wir haben als Team Tag für Tag hart gearbeitet, und es ist unglaublich, dass wir als Erste angekommen sind. Wir haben es geschafft, mit diesem Boot, das eindeutig für das Südpolarmeer gemacht ist, und mit diesem unglaublichen Team.” Nach eigenem Bekunden geht es ihr schon deutlich besser, so dass sie sehr zuversichtlich ist, bis zum Start der vierten Etappe nach Newport am 23. April wieder ganz genesen zu sein.

Boris Herrmann und sein Team kamen heute Nacht um 02.20 Uhr (07.20 Uhr deutscher Zeit) in Itajai an Foto: Ricardo Pinto / Team Malizia

Durch den Ausfall von Rosalin Kuiper, die sich vor allem in der Koje liegend von ihrer Gehirnerschütterung erholte, verlängerten Boris Herrmann und Will Harris ihre Wachzeiten, damit Nicolas Lunven sich vollkommen auf die Navigation konzentrieren konnte. „Diese Etappe war wirklich ein Highlight, wir haben so gut als Team zusammengearbeitet und trotz des herben Rückschlags zu Beginn der Etappe nicht aufgegeben, sondern uns gegenseitig gepushed, um an die Spitze zu kommen“, sagte der für gewöhnlich ein wenig Kamera- und Mikrofonscheue Nicolas Lunven nach der Ankunft in Itajai. „Ich habe zum ersten Mal Kap Hoorn gerundet, das war für mich der absolute Höhepunkt der Etappe.“

Die „Malizia Seaexplorer“ sowie ihr Mast werden nun an Land einem gründlichen Check-Up und den nötigen Reparaturen unterzogen. Das nächste Inport-Race findet am 21. April statt.

Dann tritt auch wieder das Team „Guyot Environnement – Team Europe“ in das Rennen ein. Nachdem der delaminierte Rumpf in Kapstadt repariert wurde, segelte die Crew das Schiff direkt über den Atlantik nach Brasilien, so dass die Yacht als erste der teilnehmenden Ocean Race Schiffe in Itajai eintraf.

Das Video für den Eintrag in die Geschichtsbücher

28.3. – 17:00 Uhr: Nach der Rundung von Kap Hoorn gibt es ein sehr emotionales Video von Bord:

 

Kap Hoorn im Kielwasser 

27.3. – 20:30 Uhr: Malizia ist das erste Schiff, das Kap Hoorn rundet! 

Abschiedsgrüße aus dem Südmeer

Bald war es das mit den begleitenden Albatrossen. Bild: Ronan Gladu 

27.3. – 16:oo Uhr: Die Bugspitzen von Malizia und Holcim-PRB zeigen wieder nach Norden. In nächsten Stunden sollten die beiden Booten die Südspitze des Kontinents bei Tageslicht runden. Holcim-PRB klebt der Malizia zwar am Heck, aber das deutsche Boot sollte das berüchtigte Kap als erstes Boot runden. Ob die Crew die Insel auch sehen kann, kann aktuell nicht gesagt werden. In der Nähe des Kaps weht der Wind anscheinend etwas stabiler.
Das letzte deutsche Schiff, das bei einer internationalen Offshore-Regatta als erstes Kap Hoorn rundete, war die Illbruck vor (fast) genau 21 Jahren während des Volvo Ocean Race. Am 10. Februar 2002 schlüpfte das grüne Boot mit einer guten Strömung am Kap vorbei.
2009 rundete Boris Herrmann zusammen mit Felix Oehme das Kap nur knapp hinter den Führenden der Etappe im Portimao Global Ocean Race.

Die Illbruck 2002 bei bestem Wetter am Kap Hoorn. Bild: Rick Tomlinson/Volvo Ocean Race

Das ruhigere Wetter vor dem Kap nutzte auch Biotherm für Reparaturen. So konnten sie beispielsweise eine gebrochene Segellatte ersetzen.

Austausch der gebrochenen Segellatte an Bord von Biotherm. Bild: Ronan Gladu

Kopfverletzung kurz vor dem Kap

Rosalin Kuiper erholt sich nach ihrer Verletzung am Kap. Bild: Team Malizia

27.3. – 8:04 Uhr: Rosalin Kuiper erlitt am Sonntagmorgen eine Kopfverletzung in der Nähe von Kap Hoorn, als sie durch eine große Welle, die das Schiff herumriss, aus ihrer Koje geschleudert wurde. Trotz der Verletzung verlor sie nicht das Bewusstsein und die Crew handelte schnell. Kuiper wurde auf Symptome einer Gehirnerschütterung untersucht und der Rennarzt Dr. Spike Briggs bestätigte diese Diagnose später am Tag. In einer Nachricht an Teamdirektorin Holly Cova sagte Kuiper: “Ich werde darüber hinwegkommen, ich sehe jetzt aus wie Pirat Rosalin. […] Ich schlafe viel und die Jungs kümmern sich sehr gut um mich.”

Die Crew, das Team an Land und die Rennleitung von The Ocean Race beobachten Rosalin weiterhin, während sie sich ausruht und sich von der Verletzung erholt. Crewmitglied Will Harris äußerte sich zur aktuellen Situation: “Es ist im Moment schwer, das Boot von spontanen Ausschlägen abzuhalten. […] Wir behalten Rosie genau im Auge und tun alles, was wir können, um sicherzustellen, dass es ihr gut geht. Sie ist wirklich tapfer und versucht, sich auszuruhen.” Aufgrund der abgelegenen Lage des Bootes und Kuipers stabilem Zustand ist es derzeit die beste Option, weiterzufahren. Die Wettervorhersage deutet auf ruhigere Bedingungen hin, die die Bewegung des Bootes bis Montag (UTC) allmählich verbessern sollten.

Wer hätte das gedacht? Auf der Suche nach Wind am Kap Hoorn.

Beim Anlaufen des Kaps haben sich die Bedingungen weiter beruhigt und Malizia konnte die Führungsposition halten. Holcim-PRB sitzt ihnen aber im Kielwasser. Aktuell sind es noch etwas mehr als 100 Meilen bis zum Kap.

An Bord von Biotherm gab es wieder Schäden am Traveller, nachdem das Boot durch Patenthalsen durchgeruckelt wurde. Glücklicherweise kam niemand zu Schaden.

Feld zweigeteilt – Noch knapp 1.000 Seemeilen zum Kap

24.3. – 9:30 Uhr: Das Feld hat sich zweigeteilt. Biotherm und 11th Hour segeln weiter südlich, während Holcim-PRB und die führende Malizia etwas 60 Meilen weiter nördlich segeln. Kevin Escoffier und seine Crew sehen im Malizia Team anscheinend die größte Konkurrenz und segelten in den 24 Stunden an den Rockzipfeln des deutschen Bootes. 

Die Flotte erwartet anspruchsvolle Bedingungen, darunter Windgeschwindigkeiten von über 30 Knoten und Wellenhöhen von 6 bis 7 Metern. Der Race Director Phil Lawrence und der Meteorologe Christian Dumard prognostizieren die härtesten Tage des Rennens bisher, bevor die Bedingungen sich am Wochenende beim Erreichen von Kap Hoorn entspannen sollten. ETA am Kap wird mit Sonntagnacht oder Montagmorgen (beides UTC) prognostiziert.

Biotherm musste einen Segelverlust verkraften. Eine Reparatur des FRO wird erst im Ziel möglich sein.

Biotherm musste jedoch einen kleinen Rückschlag verkraften, da der Fractional Code Zero zerriss. Die Reparatur des Segels ist erst in Itajaí möglich. “Wir hatten zwei Reffs im Groß und den FRO (Fractional Code Zero) gesetzt. Es folgte eine steile Welle und wir gingen in einen schweren Sturzflug ins Wellental. Als das Boot aus der Welle herauskam, war das Segel am Fuß praktisch in zwei Teile gerissen. Wir schafften es, es aufzurollen und wieder in den Sack zu packen, und setzten dann ein kleineres Segel”, sagte Meilhat. 

 

Die Malizia veröffentlichte zuletzt ein neues Drohnenvideo – dieses Mal durfte auch Rosalin Kuiper kurz fliegen, während Will Harris eingepickt an Deck in der Gischt badete. Bei 30 Knoten Bootsspeed kam die Drohne auch an ihre Grenzen. In der zweiten Hälfte des Videos ist gut zu sehen, wie der Bug der Malizia über den Wellen fliegt und kaum eintaucht – bei 30 Knoten Speed! Und wenn er dann doch kurz eintaucht, scheint das Boot kaum zu stoppen. Eigenschaften, die von den anderen Booten neidisch beäugt werden. Denn genau das macht die Malizia aktuell so schnell.

In den letzten 24 Stunden war die Malizia das schnellste Schiff im Feld. Zuletzt schafft Holcim zwar den Anschluss zu halten, kommt aber nicht ganz heran.

 

Boris kommentiert die Wettersituation vor dem Kap

Boris Herrmann checkt die Bootsdaten. Bild: Antoine Auriol/TOR

23.3. – 7:30 Uhr: Die Flotte segelt jetzt in den Tiefausläufern und drückt mächtig aufs Gas. Im Tracker führt noch Holcim-PRB – was aber unter anderem an der “Innenposition” mit dem kürzesten Weg zum Kap liegt. Der Unterschied ist aber marginal, sodass Malizia demnächst wahrscheinlich virtuell die Führung übernehmen wird. Denn die Bedingungen aktuell liegen dem Boot, wie Boris jüngst berichtete:

“Mit dem Fortschreiten des Tiefs wird Malizia beginnen, bei stärkerem SW-Wind zu segeln. Morgen (heute, Anm. d. Red.) Mittag wird der Wind auf 20 Knoten auffrischen, und der Seegang wird sich mit dieser stärkeren SW-Strömung, die von der Westseite eines Tiefs kommt, das tief im Südpolarmeer entlang rollt, weiter aufbauen. Dadurch werden Bedingungen geschaffen, die normalerweise unser Schiff begünstigen.

Im Laufe des Freitags dreht der Wind mehr auf NW und nimmt weiter zu, während die Flotte unerbittlich von dem nächsten Tiefdruckgebiet eingeholt wird. Gegen Freitagabend und in der langen dunklen Samstagnacht erwarten wir für die Boote anhaltende Winde von 40 Knoten und heftige Böen weit darüber, kombiniert mit einer Wellenhöhe von 5-6 Metern. Dies ist eine intensive Kombination von Bedingungen für jeden Segler, aber wenn man dies mit der Tatsache kombiniert, dass sich das Team auch Kap Hoorn nähert, einem der furchterregendsten Ozeangebiete, das dafür bekannt ist, riesige Wellen und große Meeresstürme zu produzieren, gibt es Grund zur Vorsicht und der Fokus wird auch auf dem Schutz der Boote liegen. Dies ist kein Gebiet, in dem ein Segler ein größeres Problem haben möchte, obwohl sowohl bei den vergangenen Ocean Races als auch bei den Vendée Globes an diesem Ort Probleme aufgetreten sind.

Auf dem Höhepunkt des Sturms scheint es genau die Zeit zu sein, in der die Boote schnell nach SE in Richtung Kap Hoorn abtauchen sollten, sodass es ein schwieriges sein wird, sich nördlich vom stärksten Wind zu halten und trotzdem gute Fortschritte in Richtung Horn zu machen. Diese starken Wetterbedingungen werden die Flotte bis zum Sonntag begleiten, wenn sie sich der chilenischen Küste nähert. Das GFS-Modell zeigt dann eine Abschwächung auf etwa 30 Knoten anhaltenden Wind. Der Seegang wird mit 5 m immer noch recht hoch sein, da die Flotte in der Nacht zum Sonntag Kap Hoorn umrunden wird.”

Auf der Suche nach dem Kompromiss

22.3. – 17:00 Uhr: Einen Split hat es nicht gegeben. Zum einen halste auch Holcim und wenig später auch Malizia, zum anderen scheint der Seegang im Süden doch etwas rauer zu sein, sodass Biotherm und 11th Hour nur einen kurzen Holeschlag gemacht haben. Holcim-PRB hat sich jetzt wieder kontrolliert vor das Feld gesetzt. 

Die ersten zwei Boote halsen wieder zur Eisgrenze

22.3. – 14:20 Uhr: Biotherm und 11th Hour haben inzwischen gehalst und segeln wieder auf die Eisgrenze zu. Die Vorhersage verspricht weiterhin mehr Wind in der Nähe der Grenze. Holcim und Malizia segeln aktuell (noch) mit nördlichem Einschlag. Falls sie nicht mithalsen, gibt es den ersten Split seit über einer Woche im Feld. Die Boote sind noch so dicht zusammen, dass Holcim und Malizia die Halsen auf dem AIS gesehen haben müssten. 

Point Nemo achteraus – Vorbereitung auf das Sturmtief

 

22.3. – 9:00 Uhr: Gestern passierten Boris Herrmann und seine Crew als erste den Point Nemo. Über Nacht haben sich die Position abermals verschoben, aber das Feld liegt noch immer weniger als zehn Seemeilen zusammen.

Wie gestern schon angekündigt, naht ein Tief heran, das mehr Wind in das Feld pusten wird. Entlang der Eisgrenze etwas mehr Wind als weiter nördlich. Doch die Teams befürchten auch deutlich mehr Seegang. Paul Meilhat von Biotherm spricht von acht Meter hohen Wellen, die im Süden angekündigt sind. In den nächsten Stunden geht das darum sich so zu positionieren, dass mit dem besten Kompromiss das Tief abgeritten werden kann. Hier könnte es eventuell wieder einen Split im Feld geben, der für Verschiebungen in der Trackerwertung sorgen kann. 

Der Wind wird in den nächsten Stunden zunehmen. Entlang der Eisgrenze etwas mehr – aber auch höherer Seegang…

Wir erinnern uns: Zu Beginn der Etappe konnte Holcim-PRB den besten Kompromiss aus Wind und Seegang aussegeln und sich einen Vorsprung von 600 Seemeilen erarbeiten. Ganz so deutlich sollte es dieses Mal aber nicht werden. Zwar sitzt hinter dem Tief auch wieder ein Hoch, das sich laut Vorhersagen aber etwas nördlich vorbeischieben wird. Entlang der Eisgrenze wird es in den kommenden Tagen also immer mehr als eine gute Brise geben.

Rennen weiterhin völlig offen

21.3. – 11:00 Uhr: Die Flotte segelt weiterhin dicht beisammen. In der letzten Nacht hat die Malizia-Crew die virtuelle Führung übernommen. Für die nächsten Stunden sieht das Wetter noch sehr konstant mit moderaten Windbedingungen aus. Erst am Donnerstag sollte wieder etwas Bewegung reinkommen, wenn ein Tief über die Boote zieht und wieder deutlich mehr Wind im Gepäck hat. Im Süden, nahe der Eisgrenze, weht es dann deutlich mehr als im Norden. Die Boote werden sich wahrscheinlich spätestens am morgen wieder an die Eisgrenze heranarbeiten. 

Stand heute: moderate Windbedingungen – kein Boot schafft es, sich abzusetzen.

In knapp 30 Stunden zieht ein Tief über das Feld, das wieder für etwas Spannung sorgen sollte.

Die Crews bereiten sich derweil auf den nächsten großen Wegepunkt zu: Point Nemo. Wir hatten seine Bedeutung bereits letzte Woche weiter unten im Ticker erläutert. Boris fasst es auch nochmal zusammen:

 

Alle Boote dicht beisammen – Zeit für Reparaturen

Drei Wochen auf See und alle segeln dicht beisammen

20.3. – 14:30 Uhr: Es ist schon verwunderlich. Nach drei Wochen im Southern Ocean verbrachten die vier verbliebenen Boote nun ein Wochenende dicht beisammen. Allerdings ohne gegenseitige Besuche zum Dinner an Bord. 

Man zupft ja doch etwas mehr an den Leinen, wenn das andere Boot so dicht dran ist

Ein so enges Rennen war in der Vergangenheit eigentlich immer ein Pluspunkt für die Einheitsklasse der VO65. Dass eine Konstruktionsklasse wie die IMOCAs nach drei Wochen nur drei Seemeilen auseinandersegelt, hätte wohl niemand vor dem Rennen gedacht. 

Grund für das enge Rennen ist ein hartnäckiger Hochdruckkamm mit leichten Winden, der den Crews den Weg nach Osten erschwert. Bei diesen Bedingungen war der Wind im Süden etwas stärker, sodass die Teams abwechselnd nach Süden halsten und dabei einige Meilen auf der Rangliste verloren, bevor sie wieder aufholten, wenn das nächste Team nach Süden segelte. Langsam segeln die Teams aber wieder in stabileren Windbedingungen. Eine sehr gute Leistung zeigte hier das Team von Holcim-PRB, die es doch irgendwie geschafft haben, ihre Führung die meiste Zeit zu vereidigen. Aktuell sieht es so aus, dass sie sich als Führende aus der Flaute herausgearbeitet haben. Auch die Malizia-Crew konnte trotz der vermeintlichen Schwachwindschwächen mithalten und hat den Anschluss nicht verloren.

Los geht’s: Das Großsegel von 11th Hour wird in Angriff genommen

Die Kohlefaserplatte dient als Stabilisierung im Bereich des ersten Reffs

Wie wir alle wissen, wird Charlie Enright das Sikaflex an der Hand bis zum Kap Hoorn nicht mehr los

Das angeknackste Ruderblatt erhielt auch eine Beauty-Kur fachgerechte Reparatur

Die Teams nutzten aber die ruhigeren Bedingungen für Reparaturen, Boot- und Mastkontrollen sowie Drohnenflüge. 11th Hour konnte beispielsweise die Reparaturen angehen, die als nicht reparabel angegeben worden sind. Das angebrochene Ruderblatt konnte in Ruhe angeschliffen und auflaminiert werden, während der Riss im Großsegel ebenfalls mit teils schwerem Gerät, Kohlefaserplatten, Sika, Nadel und Faden geflickt werden konnte. Der vermeintliche Nachteil des zweiten Reffs gehört also der Vergangenheit an – der Sprint zum Kap beginnt.

Eingeparkt

17.3. – 13:00 Uhr: Das Kopf-an-Kopf-Rennen im Southern Ocean geht weiter. Mit Stand 11 h heute Morgen brettern alle vier Boote (virtuell) nahezu auf einer Höhe. Holcim PRB behauptet zwar seine Führung, die Verfolger holen jedoch stetig auf. Auf Rang Zwei das Team Malizia auf Seaexplorer, die aus ihrer nördlichen Position nun Richtung Süden abfallen, um sich wieder „ins Pack“ zu begeben. Mit elfeinhalb Knoten profitieren sie von einer leicht günstigeren Windstärke; entsprechend sind sie derzeit mit 25 kn Speed die schnellsten der Flotte. Rechnerischer Abstand zum Führenden: nur noch 10,7 sm. Biotherm liegt weitere 10 sm zurück, 11th Hour Racing als das am südlichsten positionierte Boot hat laut Tracker 31 sm Rückstand.
Doch diese Abstände besagen eigentlich, dass die Flotte unweigerlich zusammengerückt ist. Prognosen, die mit dem einen oder anderen „gewonnenen“ Knoten gleich auf etwaige Endstände in Brasilien schließen, wären schlicht hanebüchen. Nicht zuletzt, weil auf die Boote eine Schwachwindzone mit fünf Knoten Windgeschwindigkeit wartet. Da werden Poseidon und Aeolus wieder reichlich würfeln …

Im Süden also nichts Neues? Zum Glück sind ja die Onboard-Reporter ausgesprochen fleißig und schicken (mehr oder weniger) Aufschlussreiches vom Alltag auf den IMOCA via Internet auf unsere Sofas.

Zunächst gibt es wieder Hygienisches: Nein, diesmal sitzt niemand auf dem Klo, sondern es wird auf dem Vordeck rasiert. Da benötigt man(n) dann schon ein ruhiges Händchen! Wen’s interessiert, der kann hier einen Blick drauf werden.

Spannender, weil durchweg informativer der Team Malizia-Rückblick auf die emotionalen Momente an Bord während der dritten Etappe. Sehr cool!

 

Und auch Air Malizia ist wieder gestartet, um die Sea Explorer in den Weiten des Southern Oceans aus Albatros-Perspektive zu zeigen.

An Bord von Biotherm wird dagegen von einem „Groudhog Day“ gesprochen – und ewig grüßt das Murmeltier. Verständlich, dass sich bei so einem Törn alles zu wiederholen scheint.

Wer sich zwischendurch per Video über den bisherigen Ablauf der dritten Etappe zusammenfassend informieren will, dem sei ein Video vom NDR empfohlen:

 

Auch beim 11th Hour Racing Team hat sich die Stimmung wieder deutlich gebessert. Nach ihrem schweren Schaden im Großsegel berichtete Justine Mettraux gestern von Bord, dass der IMOCA unter amerikanischer Flagge bei Windstärken um die 20 Knoten eine Bootsgeschwindigkeit von etwa 22 Knoten erreichte. Doch mit Blick auf die Zukunft wird die Crew ihre Prioritäten auf die Reparaturen verlagern. „Wir hatten die Zeit, die Schäden der letzten Tage zu bewerten”, sagte Justine Mettraux. „Wir werden die helle Zeit nutzen, um das Großsegel und eines der Ruder zu reparieren und den Rest des Bootes gründlich zu überprüfen, um für den Rest der Etappe in guter Verfassung zu sein. Wir hatten Zeit, darüber nachzudenken, was wir machen wollen, eine Prioritätenliste zu erstellen und einen guten Plan zu entwerfen.

Sie bestätigte, dass das Team mit seinen Segelmachern einen Plan für eine Reparatur gemacht hat, so dass sie, wenn alles gut geht, in der Lage sein werden, das Segel zu 100 Prozent zu nutzen.

Dass Guyot mittlerweile wieder schwimmt und nach Pit-Stopp in Kapstadt seinen Shortcut-Überführungs-Törn Richtung Brasilien angetreten hat, ist bekannt. In einer Video-Konferenz der deutsche Co-Skipper Stanjek außerdem, dass im Team die ursprüngliche Etappenplanung verändert wurde.
Da man auf den ersten Meilen der Etappe Drei, die abgebrochen werden musste, ein „sehr gutes Gefühl der Zusammenarbeit gehabt habe“ soll nun, entgegen vorheriger Planungen, dieses Team (Dutreux, Stanjek, Simon, Annie Lush) die vierte Etappe segeln. Man wolle dieser Kombination eine erneute Chance geben.

Guyot unterwegs nach Brasilien

Ein Herz zum Abschied

16.3. – 14:20 Uhr: Die Reparaturen bei Guyot sind erledigt. Heute hat die Crew abgelegt, um das Boot auf dem direkten Weg nach Itajai in Brasilien zu segeln. Dort steigen sie in der nächsten Etappe wieder ein.

130 Kommentare zu „+++ The Ocean Race Liveticker +++“

  1. avatar PL_sibylle_j sagt:

    Die gute halbe Stunde “Verspätung ” schmerzt vielleicht ein kleines bisschen, aber der 2. Rang ist auch aller Ehren wert – selbst bei nur 3 Finalisten. Herzlichen Glückwunsch an das tolle Team!
    Was Team.Malizia aber wohl sehr viel weitergeholfen hat, ist das ausdauernde direkte Duell mit 11th Hour Racing. Dadurch scheinen Sie ja offenbar einige Verbesserungen für den Bootsspeed erreicht zu haben.

  2. avatar Sven 14Footer sagt:

    Es tut mir so unendlich leid für Team Guyot. Ich finde es ist ein tolles team und hat soviele so harte Rückschläge nicht verdient.
    Ich hatte so sehr gehofft, sie könnten ernst haft mit Guyot um Platz 3 dieser Etappe kämpfen. Sie waren da auf keinem schlechten Weg.
    Richtig doof, wenn sie nicht einmal in Aarhus am Start sein können.

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    • avatar PL_sibylle_j sagt:

      Es kann einem auch um die Kinder der Crew-Mitglieder auf dem Schiff leid tun, die ihre Väter (und Mutter?) in Newport erwarten und nun in Ungewissheit auf ein hoffentlich baldiges Wiedersehen bangen.

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  3. avatar Sven 14Footer sagt:

    Malizia ist wieder gleichauf mit 11th Hour. Bin schon sehr gespannt, wie sich beide im Wetterwechsel schlagen und drücke Guyot fest die Daumen bei der Gelegenheit den Rückstand deutlich zu verkürzen.

  4. avatar thomas sagt:

    “Die Teams wechseln sich in Richtung Norden und Osten ab, wobei sich ein Split der Flotte abzeichnet, bei dem sich Malizia und Guyot abgesetzt haben.

    Während sie sich um stabilere Bedingungen bemühen, haben die Segler noch einen weiteren 200-Meilen-Tag bis zur Ziellinie in Newport vor sich.”

    Das ist doch keine Berichterstattung, das ist einfach nur eine Frechheit auch gegenüber Nicht-zahlenden -Lesern

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    • avatar PL_sibylle_j sagt:

      Ist die Kommentar-Funktoon hier gesperrt? Ich sehe momentan nur die Möglichkeit, auf alte Kommentare zu antworten.

      • avatar Kai Köckeritz sagt:

        Es sollte eigentlich alles funktionieren. Wir haben allerdings die Kommentare selbst auf mehrere Seiten aufgesplittet.

        • avatar PL_sibylle_j sagt:

          Es fehlt das Feld ‘Schreibe einen Kommetar”. Ich finde nur ‘”Antworte auf Kai”. Bei anderen Artikeln ist alles klar – nur hier fehlt daa Feld.

          • avatar Kai Köckeritz sagt:

            Danke, ich schaue mir das genauer an.

          • avatar PL_sibylle_j sagt:

            Ich sehe jetzt, dass das Problem daran liegt, dass das Kommetarfeld auf Seite 6 ganz unten( nach viel Scrollen) zu finden ist. Es gäbe es doch bestimmt eine bessere Lösung – oder meint Ihr, dass Frauen wieder einmal viel zu praktisch denken?

  5. avatar eku sagt:

    Ach so, übrigens möchte ich jetzt nicht an Bord von BIotherm oder 11 Houre .. sein
    mein gott, was für eine “Schxxx” Situation
    Ich fühle mit denen …

    • avatar Till sagt:

      noch weniger möchte ich mit dem Shore Team von den beiden tauschen. bei Biotherm haben die Bootsbauer Unmengen zu tun, Stringer, foilkasten, Lager und Foil überholen macht man nicht mal eben, dazu noch den kompletten Autopilot überholen…die haben ne Menge zu tun. Bei 11th hour braucht es ziemlich sicher ein neues Großsegel, nach mittlerweile 2 großen Rissen, dazu ebenfalls Strukturschäden, 2 defekte Ruder (die offensichtlich verstärkt werden müssen) Probleme mit dem Kiel usw. dazu muss auch noch die komplette normale Refit Liste abgearbeitet werden. da wird es einige Nachtschichten geben.

      • avatar PL_sibylle_j sagt:

        Dürfen beim Ocean Race überhaupt Segel getauscht werden? Ich dachte, dass nur Reparaturen durchgeführt werden dürfen.

        • avatar Wilfried sagt:

          sehe ich auch so. Was nicht mehr reparabel ist, ist eben nicht mehr da. Das mit dem Autopilot verstehe ich nicht. Die brauchen doch”nur” neue Windmessanlagen dann geht alles wieder. Oder ist noch mehr kaputt?
          Übrigens nochmal zum Thema Stromversorgung. Ich habe nach den ersten Tagen dieser Etappe, jedes Mal wenn ich in die Daten gesehen habe, kein einziges Mal gesehen dass die Hydrogeneratoren benutzt wurden. Sind die auch kaputt?

          • avatar atlantis sagt:

            Bei den hohen Geschwindigkeiten der Boote, versagen die Hydrogeneratoren. Man lässt lieber ab und zu den Diesel laufen. Ausserdem sind PV-Module im Einsatz

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        • avatar PL_tilman sagt:

          Insgesamt dürfen 11 Segel plus Sturmfock genutzt werden (davon pro Etappe 8 inklusive Sturmfock). Die 11 Segel müssen allerdings nicht vorab festgelegt werden. Also solange nur z.B. 9 bisher im Einsatz waren, können zwei beliebige neue Segel eingesetzt werden (z.B. ein neues Groß).

          • avatar PL_sibylle_j sagt:

            Danke für diesen Hinweis. Ich ging davon aus, dass die Segel vor dem ersten Start benannt sein müssten.

  6. avatar eku sagt:

    Auch wenn ich selbst nicht als zahlender Nutzer betroffen bin:
    Ich denke es wäre an der Zeit für einen Artikel “IN EIGENER SACHE”

    Kann mich der Vermutung, dass die “Umstrukturierungen” vor 1-2 Jahren nicht so gelaufen sind wie erwartet nicht erwehren. Es scheint in den Strukturen mächtig zu knirschen.
    Für ein korrektes Verhältnis zum Kunden (der hier ja auch noch über die Kommentarfunktion oft erheblichen Content liefert) wäre etwas mehr Transparenz angesagt.

    Ansonsten stellt die Seite einfach ein

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  7. avatar Jörg sagt:

    Malizia im Ziel, Holcim-PRB im Ziel. Und Segelreporter? Immer noch im Bett! Die zahlende Kundschaft informiert sich derweil woanders.

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    • avatar Schade sagt:

      Ja. Ich habs jetzt auch eingesehen dass auf Yacht-De alles aktueller und mit weniger Fehler im Text zusammngestellt wird.
      Habe das Gefühl dass hier der Dampf einfach (und leider) raus ist.

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  8. avatar Till sagt:

    ziemlich beeindruckend wie stark Malizia bei schwierigen Bedingungen ist. der Vorsprung zu PRB ist in den letzten 24h kontinuierlich gewachsen obwohl die Bedienung für beide identisch sind. die Etappe scheint Malizia im großen und ganzen tatsächlich sehr gut zu liegen und das sind sehr gute Nachrichten für die Vendee Globe.

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  9. avatar PL_tilman sagt:

    Immer noch keine Update hier? ich hatte mir das Abo während Etappe 2 extra geholt. Das Geld kann ich mir so ja wieder sparen. Sehr schade.

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  10. avatar Christoph sagt:

    Hier ein Holcim-PRB-Video von gestern. Es ist absolut beeindruckend, wie cool und schnell sie ihr auf die Seite gelegtes Boot wieder aufgerichtet haben – ohne dass man den Vorfall auf dem Race-Tracker mitbekommen hätte:

  11. avatar PL_arnim.wegener sagt:

    absolut enttäuschend, was die Segelreporter hier als Berichte abliefern.. die kostenlosen Informationen von oceanrace, Yacht und NDR zind 10 mal aktueller.. werde das bezahlen einstellen…

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