Mit mehreren Titelentscheidungen ging am gestrigen Sonntag die 134. Travemünder Woche zu Ende. Neue Weltmeister gibt es bei den J/22, den Formula 18 Katamaranen und den 49er/49erFX. Die O-Jollen bestimmten ihren neuen Europameister.
Die 134. Travemünder Woche ging am Sonntag für die rund 1.500 Seglerinnen und Segler in 500 Booten zu Ende und das Finale entschädigte auch Jens Kath, Sportlicher Leiter der Travemünder Woche, für die Wetter-Herausforderungen der vergangenen Tage: „Wir hatten die schwierigsten Windbedingungen seit Jahren, das hat für extrem lange Tage gesorgt und alle Beteiligten an die Grenzen der Belastbarkeit geführt hat.“ Von den 378 geplanten Wettfahrten wurden dennoch 314 ins Ziel gebracht. Daher konnte Kath feststellen: „Alle Meisterschaften hatten ausreichend Wettfahrten und somit verdiente Sieger.“ Mit vier Weltmeisterschaften, einer EM und vier deutschen Titelkämpfen festigte die TW ihren Ruf als Meisterschaftswoche. Dazu wurde mit den Trave Races, dem neuen Format des Lübecker Segelmeisters und dem Volksbank Rotspon Cup das Segeln nah an die Zuschauer gebracht. „Das gibt es so nirgends“, sagte Kath, „Ziel muss sein, das auszubauen.“ Und er hält weiter an einem echten Titelkampf in der Trave fest. „Das werden wir 2024 erneut angehen.“
J/22 Weltmeisterschaft
Bis sie die Siegertrophäe in den Händen halten durften, mussten die neuen J/22-Weltmeister lange warten. Eine Protestverhandlung schob die Siegerehrung in die Warteschleife. Jean-Michel Lautier, Giuseppe D’Aquino und Denis Neves nutzten die Gunst der Stunde. Das Trio tauchte im Segler Village im Marinepool-Store ab, um die 300-Euro-Siegprämie aus dem Trave-Race vom Freitag in Shirts und Shorts umzumünzen. Kurz danach wurden sie von den 26 Crews gefeiert – als Weltmeister. Die Siegercrew selbst schraubte die Zahl der vertretenen Nationen deutlich nach oben. Denn das Trio ist als multinationale Betriebssportgemeinschaft unterwegs.
Skipper Lautier, 47, ist Franzose, Trimmer D’Aquino, 56, ist Italiener, und Vorschiffsmann Neves, 47, ist Portugiese. Aus den Nationen-Kürzeln ergibt sich auch der Bootsname „Fraporita“. Doch damit nicht genug des kosmopolitischen Auftritts. „Wir segeln alle unter holländische Flagge“, erklärte Lautier. Der Hintergrund: Das Trio lebt in Amsterdam und Den Haat, als Ingenieure arbeiten sie alle für die europäische Weltraumorganisation ESA. Früher Konkurrenten, segeln sie jetzt seit zwölf Jahren zusammen. Und das mit Erfolg. WM-Silber 2015 in Travemünde folgte erneut ein zweiter Platz, 2019 dann der Titel in Warnemünde und jetzt erneut Gold. „Die sind richtig gut“, lobt Holger Schmitt. Der Duisburger ist Chef der deutschen Flotte, fühlte sich mit der J-Familie in Travemünde gut aufgehoben: „Ein tolle WM, mit sehr schönen Wettfahrten. Wir kommen gern wieder.“ 2024 geht es aber erst einmal nach Übersee, nach Annapolis an die Chesapeake Bay. Silber ging an die Crew von Jürgen Eiermann (Rastatt), Bronze an Wolf Jeschonnek (Berlin).
O-Jollen Europameisterschaft
Unter dem kräftigen Jubelschrei seiner insgesamt 64 Konkurrenten aus drei Nationen enterte Harry Voss das Sieger-Podest des Europa-Cups der Olympiajollen mit einem satten Sprung nach oben. Der 61-jährige Vertriebsleiter aus Steinhude hatte sich in sechs Wettfahrten durchgesetzt. „Travemünde ist mein Lieblingsrevier. Ich habe hier schon oft gewonnen, aber noch nie eine Meisterschaft. Der EM-Titel ist mein bislang größter Erfolg. Ein Meistertitel ist immer etwas Besonderes“, sagte er. Beim Schaumburg-Lippischen Seglerverein am Steinhuder Meer habe er alles gelernt. „Deshalb kommt der Pokal auch in die Vereinsvitrine. Er ist für alle.“ Auch die beiden weiteren Podiumsplätze wurden von Deutschen besetzt. Frank Hänsgen (Quenzsee) und Alexander Kulik (Kirchmöser) freuten sich über Silber und Bronze. Die erfolgsverwöhnten Niederländer mussten sich diesmal mit der Verfolgerrolle zufrieden geben. Thies Bosch landete als beste „Oranje“ auf Rang vier.
Formula 18 Weltmeisterschaft
Für den Schweden Emil Järudd war die WM der Formula 18 eine „schöne Extra-Regatta“. Normalerweise segelt der 25-Jährige mit seiner Partnerin Hanna Jonsson im Nacra 17 und peilt nach 2021 für das kommende Jahr seinen zweiten Start bei Olympia an. Zur Travemünder Woche nahm er Rasmus Rosengren an Bord und segelte mit olympischer Kompetenz zum Titel – trotz einer Disqualifikation im zweiten Rennen wegen einer Wegerechtsverletzung. „Wir haben schon auf eine gute Platzierung gehofft, aber der Titel übertrifft die Erwartungen. Wir sind natürlich sehr glücklich. Die Tage waren schwierig, weil man nie wusste, was der Wind macht. Deshalb war die Konstanz ein Schlüssel zum Erfolg. Und wir hatten einen hohen Bootsspeed auf dem Downwind-Kurs. Die Wettfahrtleitung hatte keinen einfachen Job, hat es aber gut gemacht“, so Järudd, der direkt nach der Travemünder Woche nach Belgien zum Training reist, um dann im August wieder mit Hanna Jonsson an Bord die Nacra17-WM in Den Haag/Niederlande zu segeln. „Die WM und später die EM sind wichtige Events für uns für die Olympia-Qualifikation.“
Vor Travemünde hatte er sich am ersten Tag der WM-Finalrunde an die Spitze des Feldes gesetzt und die Führung dann ausgebaut. Am letzten Tag wartete die Flotte vergeblich auf einen segelbaren Wind, so dass der Angriff der Verfolger ausblieb. Mit Gavin Colby/Kai Colman und Brett Burvill/Max Puttman auf den Rängen zwei und drei folgte Australien im Doppelpack. Einzige deutsche Crew in den Top-Ten waren die Brüder Helge und Christian Sach, die mit ihren 66 und 64 Jahren den Masters-WM-Titel für den ausrichtenden Lübecker YC einfuhren.
Überwältigt vom eigenen Erfolg waren die Französinnen Manon Peyre/Clara-Sofia Stamminger de Moura, die mit dem WM-Gewinn den größten Erfolg ihrer jungen Karriere feierten: „Es ist unglaublich, wir können es noch gar nicht fassen. Wir sind heute morgen etwas nervös an den Start gegangen, und es war stressvolles Segeln mit dem Start, Abbruch und neuem Start. Es war ein Nervenspiel. Wir haben einfach versucht, unser Rennen zu segeln. Das hat gut geklappt“, so die erfolgreiche Steuerfrau Peyre, die Platz eins vor Illy Wureit/Yuval Barnoon (Israel) und Sofia Giunchiglia/Giulia Schio verteidigte. Mit Anna Barth/Emma Kohlhoff und Sophie Steinlein/Max Körner auf den Rängen sechs und sieben hat Deutschland gleich zwei Mannschaften in den Top-Ten.
49er/49erFX Junioren-Weltmeisterschaft
Bei den Junioren der 49er-Klasse gelangen sogar zwei Wettfahrten zum WM-Abschluss. Die Jacks aus Australien verteidigten trotz der Platzierungen 11 und 7 die Spitzenposition, da auch die direkten Verfolger nur mittlere Ergebnisse eingefahren hatten. Somit ging Gold an Jack Ferguson/Jack Hildebrand vor Richard Schultheis/Youenn Bertin (Malta) und Marius Westerlind/Olle Aronsson (Schweden). „Wir sind wirklich glücklich. Die Jungs aus Malta haben uns einen harten Kampf geliefert. Für uns ist das ein starkes Start in unsere Kampagne, denn wir segeln erst seit drei Monaten zusammen“, berichtete Jack Ferguson. „Unsere nächste Station ist die WM der Elite in Den Haag in zwei Wochen. Vorher gönnen wir uns noch ein paar freie Tage, und dann geht es zum Training nach Belgien.“ Auf Platz fünf waren Valentin Müller/Moritz Fiebig als beste Deutsche dicht dran an den Podiumsplätzen.
Blick auf die kommende Travemünder Woche 2024
Auch der Ausblick auf das kommende Jahr bietet jetzt schon Anlass zu viel Vorfreude auf Meisterschaften: Drei Weltmeisterschaften (Javelin, Flying Junior und International Canoe) und die Deutsche Meisterschaft der Starboote sind am Start. Dazu haben die Drachen eines ihrer weltweiten Topevents, den Grand Prix, nach Travemünde vergeben. Daneben sind für Jens Kath die Deutschen Jugend-Meisterschaften der Optis und Teenys ein Höhepunkt. „Wir erwarten allein bei den Optimisten mehr als 250 Boote, haben dem Verband signalisiert, dass es keine Bootsbeschränkung gibt. Alle können kommen.“ Die Optis werden auf dem Priwall ihr TW-Domizil haben.
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