An Tag drei der Travemünder-Woche-Regatten wurde der erste Siegerpokal vergeben. Die 12-Fuß-Dinghys kürten mit Alexander Hagen (Hamburg) ihren deutschen Titelträger, während die Formula 18 und die Skiffs der 49er und 49erFX in ihre Weltmeisterschaft starteten. Auf Kurs Titelentscheidung sind die Seesegler, die Drachen und die Sailing Champions League eingebogen, die am heutigen Dienstag ihren finalen Tag haben.
Nach drei Tagen mit je zwei Wettfahrten ging die German Open der 12-Fuß-Dinghys mit dem vollen Programm zu Ende. Nach der zweiten Wettfahrt führte Alexander Hagen vom Lübecker Yacht-Club das Feld an. In fünf der sechs Rennen passierte er die Ziellinie als Erster. Der zweite Platz im ersten Rennen war sein Streichergebnis.
Alexander Hagen vom Lübecker Yacht-Club gewann 1981 und 1997 die Weltmeisterschaft in der damals olympischen Starboot-Klasse und startete zweimal bei olympischen Spielen (1988 und 2004). Erst vor rund zwei Wochen entstand bei ihm die Idee, im 12′ Dinghy bei der Travemünder Woche anzutreten. Nur einmal hatte er zuvor in einem Boot der Klasse gesessen. Doch das hat gereicht, um Hagen von den guten Segeleigenschaften des 12′ Dinghys zu überzeugen. „Man muss sich in den Booten durchaus ein bisschen aushängen und sportlich segeln mit dem großen Segel. Das Boot gibt eine direkte Rückmeldung. Das gefällt mir gut“, lobte Hagen, der in Lübeck auf der Warnitz segeln lernte.
Eigentlich hätte er vor rund 15 Jahren bereits dem Segeln den Rücken gekehrt und sei seitdem hauptsächlich foil-surfend auf dem Wasser unterwegs – beim Wing- und Kitesurfen. „Ich war immer ‚systemoffen‘ und gehörte zu den wenigen Seglern, die auch gesurft sind. Als ich selbst schon Starboot-Weltmeister war, bin ich sogar einmal beim Windsurf-Worldcup auf Fuerteventura einen Heat gegen Windsurf-Legende Robby Naish gesurft. Eigentlich war ich nur dort, um Segel auszuliefern, habe dann aber spontan teilgenommen und bekam direkt den mehrfachen Weltmeister Naish als Gegner zugelost. Bis zur Luv-Tonne konnte ich ihn mithilfe von Segeltaktik auf Distanz halten, wovon Naish im Nachhinein beeindruckt war“, erzählt Hagen begeistert. Dass mit ihm auch beim Segeln durchaus noch zu rechnen ist, bewies Alexander Hagen gleich am ersten Tag der German Open, als er sich mit einem zweiten und einem ersten Platz direkt an die Spitze des Feldes setzte.
Auch die anderen beiden Podiumsplätze gingen an Segler des Lübecker Yacht-Clubs. Peer Stemmler segelte auf Platz zwei. Andreas Fuhrhop belegte Platz drei in der Gesamtwertung und den ersten in der Klassik-Wertung der Holzboote. Der ehemalige Commodore der 12′ Dinghy Flotte Nord freute sich über die erfolgreiche Durchführung der German Open: „Es war eine tolle Regatta. Es war weder zu wenig, noch zu viel Wind. Alles hat gut geklappt, und wir konnten alle geplanten sechs Rennen durchführen.“
Mit einer schönen Brise um die zehn Knoten Wind starteten die Seesegler in ihren dritten Tag der Internationalen Deutschen Meisterschaft, absolvierten zwei zügige Up-and-Wettfahrten, bevor dann der Wind einbrach und die Flotte in den Hafen geschickt wurde. „Auf den Up-and-Downs lief es wirklich reibungslos und wir hatten sie in den geplanten 90 Minuten pro Rennen durch. Für das Coastal Race reichte es dann leider nicht mehr“, so Wettfahrtleiter Jan Fischer. Damit ging den Seebahn-Segler allerdings das zweite längere Rennen verloren. Denn die Auftaktwettfahrt vom Sonnabend über die Mittelstrecke musste nach Jury-Entscheid annulliert werden. Ein in der Seekarte eingezeichnetes, tatsächlich aber fehlendes Seezeichen, das als Bahnmarke dienen sollte, hatte für Beeinträchtigungen gesorgt.
Mit ganz anderen Problemen hatte die Wismarer Nachwuchs-Crew der „Protest“ um Skipper Tim Eigendorf bereits am Sonntag zu kämpfen. Sie waren bei 21 Knoten Wind im ersten Reff auf Am-Wind-Kurs unterwegs. „Wir hingen alle in der Reling, um Gewicht auf die Seite zu bringen. Von vorn die Böen angesagt. Es hieß ‚3, 2, 1“, und plötzlich hatten wir keinen Druck mehr. Wir drehten uns um, aber da war kein Segel und kein Rigg mehr“, berichtete Trimmer Felix Schießer. Der Mast war doppelt gebrochen: direkt an Deck und auf zwei Meter Höhe. „Wir rätseln völlig, wie das passieren konnte. Im letzten Jahr haben wir das Projekt gestartet, die Yacht komplett überholt. Der Mast ist neu und das Boot in einem sehr guten Zustand.“ Nach dem Mastbruch musste die Mannschaft eine schwere Entscheidung treffen: Um das Boot nicht zu gefährden, wurden die Wanten und Stage gekappt, Rigg und Segel der See überlassen.“ Danach ging es per Motor in den Hafen. „Das ist so bitter. In das Projekt ist so viel Herzblut geflossen. Wir wollen mit der Yacht zur Weltmeisterschaft im August“, so Schießer. Die Crew hat nun einen Aufruf gestartet, um Ersatzmaterial zu beschaffen: „Wir geben nicht auf. Die WM ist unser Traum, daran halten wir fest.“
In der Sailing Champions League setzt sich das Wechselspiel an der Spitzen zwischen den Teams aus Gdansk (Polen), Aland (Finnland) und Überlingen (Bodensee) fort. Als nach zwölf Runden auch in der Champions League die Rennen unterbrochen werden mussten und die J/70 gen Steg eilten, lagen die Polen vor den Finnen und den Deutschen an der Spitze. Am Dienstag geht es für die 27 Mannschaften aus zehn Nationen darum, möglichst einen Rang unter den Top-Vier zu erreichen. Denn das führende Quartett geht ab ca. 12.30 Uhr in die Finalrunde und segelt den Sieger der Champions League 2023 unter sich aus. „Wir wollen bis zum Mittag noch so viele Rennen wie möglich durchbekommen“, kündigt Liga-Geschäftsührerin Anke Nowak an. Der Modus des Vierer-Finals: Der Vorrundenbeste nimmt einen Sieg mit. Es braucht zwei Siege für den Titel.
Nowak: „Im Vorjahr hatten wir vier Läufe, ehe der Norddeutsche Regattaverein als Sieger feststand.“ Die aktuell ersten drei Mannschaften haben gute Chancen auf einen Einzug in das Finale, um den vierten Platz im Finale ist ein enger Fight entbrannt. Auch Titelverteidiger NRV Hamburg mit Tobias Schadewaldt hat noch Chancen, wieder in die Endrunde einzuziehen, lauert derzeit auf Rang neun.
Der Traum vom nächsten deutschen Titelgewinn nimmt derzeit an Bord der „Immac Fram“ von Kai Mares (Dänischenhagen) Formen an. Vor dem Abschlusstag führt die Crew in der Gruppe C+D das Feld an. Der Abstand zur zweitplatzierten „Aquaplay“ von Max Habeck (München) ist allerdings gering. Und auch die „Patent 4“ von Jürgen Klinghardt (Lübeck) ist noch in Schlagweite. Für die Gruppe A+B geht es zur TW zwar nicht um die Meisterschaft, aber die Regatta in der Lübecker Bucht ist ein guter Gradmesser für die WM im August. Und da scheinen die Erfolgscrews der vergangenen Jahre die Abstimmung und Manöverfertigkeit immer besser zu finden. Die Europameister der Gruppe B, die „Intermezzo“ von Jens Kuphal (Berlin) führt das Feld vor den Europameistern der Gruppe A, der „Halbtrocken 4.5“ von Michael Berghorn (Kiel), an.
Beständigkeit ist gefordert bei der Internationalen Deutschen Meisterschaft der Drachen. Doch die ist in dem starken Feld von hochklassigen Steuerleuten und professionellen Vorderleuten schwer umzusetzen. Am besten gelingt das bisher Philipp Ocker (München), der aber vor dem finalen Tag der Meisterschaft nur einen dünnen Vorsprung auf den Hamburger Jan Woortmann hat. Auch Titelverteidiger Ingo Ehrlicher (Pappenheim) hat noch Chancen auf den Titel, während Nicola Friesen (Hamburg) nach der Frühstart-Disqualifikation mit mittleren Ergebnissen nur noch mit absoluten Top-Ergebnissen ganz vorn angreifen kann.
Die jungen Skiff-Segler in den olympischen 49er- und 49erFX-Klassen starteten mit drei Rennen gleich voll in ihre Junioren-Weltmeisterschaft durch. Der internationale Klassenboss Ben Remocker war schon vor dem Start sehr glücklich mit der Wahl von Travemünde als WM-Standort: „Wir waren schon vor zwölf Jahren mit der Junioren-WM hier, und jetzt bringen wir mit 56 Teams im 49er und 48 bei den 49erFX Top-Felder an den Start. Ich weiß nicht, ob es schon mal mehr Starter bei den Junioren-Weltmeisterschaften gab. Das ist ein tolles Umfeld hier für die WM.“ Auf dem Kurs setzte sich mit Richard Schultheis/Youenn Bertin ein Team von Malta an die Spitze. Der 18-Jährige hat allerdings deutsche Wurzeln. Seine Eltern sind von Deutschland auf die Mittelmeer-Insel gezogen, jetzt segelt er unter der rot-weißen Flagge und sorgt für Spitzen-Segelsport auf Malta. Beste deutsche Crew sind bei den 49ern die Bayern Valentin Müller/Moritz Fiebig.
Der 49erFX ist für die Frauen olympisch. Im Junioren-Bereich segelt allerdings auch der männliche Nachwuchs die FX-Variante, da die mit weniger Gewicht zu beherrschen ist. So gibt es im FX zur Junioren-WM ein gemischtes Feld, dass aktuell die Französinnen Manon Peyre/Clara-Sofia Stamminger anführen. Auf Rang hat sich Sophie Steinlein mit Vorschoter Max Körner eine gute Ausgangsposition für den weiteren WM-Verlauf geschaffen.
In drei Rennen hetzten auch die 97 Formula-18-Katamarane über den WM-Kurs. Anstrengende Arbeit, wie auch Ex-Weltmeister Helge Sach (Zarnekau) bekannte: „Wir waren sieben Stunden auf dem Wasser, mir brummt der Schädel.“ Ein Infekt sorgte bei dem erfahrenen Steuermann, der seit Jahrzehnten mit seinem Bruder Christian ein Erfolgsduo bildet, für zusätzliche Schwächung. Doch stoppen lassen sich die Zarnekauer nicht. Sie legten zur Travemünder Woche einen guten Start hin. Die Ränge vier, fünf und sieben bedeuteten nach Tag eins Gesamtplatz neun: Damit sind sie bestes deutsches Duo im Feld aus 17 Nationen. „Das passt, doch es hätte bei dem Wind besser sein müssen“, so Helge Sach. Nach dem Start sind die Spanier Pablo Völker/Federico Polimeni vorn.
Bei den Ranglisten-Regatten der Finns und Dyas zeichnen sich klare Siege ab. Jens Olbrysch/Norbert Schmidt (Herrsching) haben nach fünf Rennen nur erste Plätze in der Dyas-Liste stehen, und auch Fabian Lemmel (Berlin) steht nach einer Serie von Top-Drei-Ergebnissen souverän der Spitze der Finn-Dinghys.
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