Travemünder Woche in den Startlöchern – breites Regattaspektrum

„Das perfekte Meisterschaftsrevier“

Ein Ort, fünf Areale an Land, sechs Bahnen in der Lübecker Bucht, zehn Tage, 21 Entscheidungen. Das Programm der Travemünder Woche musste in den vergangenen Wochen zwar immer wieder auf die Pandemie-Auswirkungen angepasst werden. Doch mit der dezentralen Struktur und dem Fokus auf dem Segelsport kann die Regattawoche auch in ihrem 132. Jahr eine große Vielfalt an Spitzensegelsport bieten. Vom 23. Juli bis zum 1. August geht es um Welt- und Europatitel, um deutsche Meisterschaften und wichtige Punkte in den Ranglisten in den Jollen- sowie Seesegelklassen.

Die ILCA 4 bilden das größte Feld zur Travemünder Woche und kommen mit 373 Athleten zur Europameisterschaft. Foto: segel-bilder.de

2021 wird die Travemünder Woche einmal mehr ihrem Ruf als das Meisterschaftsrevier schlechthin gerecht. Vom Jugendlichen bis zum erfahrenen Seesegler sind alle Altersklassen vertreten, und geboten werden traditionelle Klassen ebenso wie innovative Bootsdesigns.

Zwei WM- und zwei EM-Titel werden vor Travemünde vergeben. Dazu ist die Travemünder Woche in die Euro-Cup-Serie der traditionellen Trias sowie der Canoe IC eingebunden. Die Austragungen von Deutschen Meisterschaften gehören ohnehin zum guten Ton in Travemünde. Drei offizielle Meisterschaften werden ausgetragen, dazu kommen vier German Open.

Gemanagt wird das Geschehen von der Regattazentrale im Herzen von Travemünde, von wo aus die verschiedenen Landareale der Teilnehmer koordiniert werden. Während in den vergangenen Jahren das Sailors Village auch immer ein Anziehungsmagnet für die Besucher war, wird es in diesem Jahr ausschließlich den Seglern vorbehalten bleiben, um eventuelle Ansteckungsszenarien möglichst klein zu halten. Eine Absperrung von der Öffentlichkeit wird es auch an anderen Liegeplatz-Arealen der TW geben. Der Aufwand dafür ist immens und fordert seinen Preis – im wahrsten Sinne des Wortes. Doch die Aufteilung der Veranstaltung in verschiedene Areale hat auch seinen Vorteil: So ist es möglich, bei kompakter Organisation eine dezentrale Veranstaltung zu liefern und damit die Begegnungen der Teilnehmer zu begrenzen.

Sechs Klassen starten vom Mövenstein

Helge und Christian Sach segelten gerade zu Platz vier bei der WM der Formula 18 und peilen nun ihren 21. Sieg bei der Travemünder Woche an. Foto: Gianluca di Fazio

Der Mövenstein im Norden Travemündes ist in der aktuellen Situation perfekt für die Organisation. Das Clubareal des LYC ist grundsätzlich von der Öffentlichkeit abgegrenzt, bedarf daher keiner weiteren Infrastruktur, um Segler und Besucher voneinander zu trennen. So ist das idyllische Gelände in der ersten TW-Hälfte Treffpunkt für gleich vier anspruchsvolle Klassen und in der zweiten Hälfte für die rasanten Skiffs und Kats.

Die Korsare entern immer wieder gern Travemünde – diesmal mit der Austragung ihrer Internationalen Deutschen Meisterschaft. Neben den deutschen Spitzenseglern stehen auch Sportler aus Polen und Österreich in der Liste. Die Abonnement-Meister der Korsare, Uta und Frank Thieme, mussten in den vergangenen Jahren zwar der Konkurrenz bei der Vergabe des IDM-Titels den Vortritt lassen, doch in diesem Jahr scheinen sie wieder auf Titelkurs zu segeln. Die Österreichische Meisterschaft 2021 haben sie bereits gewonnen und kommen nun als Ranglisten-Erste nach Travemünde. Sie werden sich ein hartes Duell mit Silja Braun/Gerd Linnemann liefern, dem Topteam der vergangenen beiden Jahre, die als Meister von 2019 die Position als Titelverteidiger einnehmen.

In der Finn-Klasse wird der Travemünder-Woche-Dominator von 2019, Phillip Kasüske, diesmal fehlen. Der Berliner legte vor zwei Jahren in der Lübecker Bucht eine makellose Siegesserie hin, hoffte da noch auf eine Olympia-Nominierung. Nach dem gescheiterten Traum von der Teilnahme an den Spielen hat Kasüske umgesattelt. Er segelt nun auf höchstem Niveau Offshore, wird auf der Seebahn mit der „Intermezzo“ vor Travemünde vertreten sein, um sich auf die WM vorzubereiten. Damit ist bei den Finns der Weg frei für einen neuen TW-Sieger. Hochklassig ist das Feld allemal. Prominentester Starter ist Kai Falkenthal, der ehemalige Starboot-Weltmeister (an der Seite von Alexander Hagen).

Die beiden ILCA-Klassen (ehemals Laser) bringen ihre Masters-Elite nach Travemünde. Die gesonderte Wertung in der Altersklasse zieht vor allem die erfahrenen Athleten an. Aber auch einige Nachwuchsakteure nutzen die Chance, um in der Olympiaklasse Fuß zu fassen und sich mit der Konkurrenz zu messen.

Ein echtes Heimspiel haben die Katamarane der Formula 18, wenn es zur Travemünder Woche geht. Die größte und erfolgreichste Flotte dieser Klasse in Deutschland ist auf dem Mövenstein beheimatet. Entsprechend sind die Kat-Segler fester Bestandteil der TW. Und auch die Rekordsieger der Travemünder Woche, die Brüder Helge und Christian Sach vom LYC, haben auf dem F18-Kat für die TW gemeldet. Sie reisen wie einige TW-Konkurrenten direkt aus Italien an, wo zunächst die German Open und anschließend die WM gesegelt wurde. Hochklassiger Kat-Sport ist zur TW also garantiert.

Ein feines Feld bieten die Musto Skiffs zur TW 2021 auf. Aus den Niederlanden und Deutschland ist alles vertreten, was in dieser Klasse Rang und Namen hat. Im Wettstreit der beiden Nationen haben Iver Ahlmann für Deutschland und Paul Dijkstra für die Niederlande die Favoritenbürde zu schultern. Die beiden liefern sich seit Jahren Zweikämpfe auf des Messers Schneide.

Meisterschaftsklasse am Grünstrand

WM-Flair kommt mit dem Auftritt der RS Feva an den Grünstrand. Foto: segel-bilder.de

Der Grünstrand ist für die RS-Klassen ein liebgewonnenes Areal für die Austragung von hochkarätigen Meisterschaften. Bereits vor sechs Jahren waren die Jugendlichen der RS Feva an der Ostsee, um hier ihre Weltmeister zu ermitteln. Jetzt sind sie wieder da, und erneut geht es um den WM-Titel. Nach dem Ausfall der TW im vergangenen Jahr hat die Klasse die WM um ein Jahr verschoben, um in der Lübecker Bucht um den wichtigsten Titel zu segeln. Trotz aller Einreise-Problematiken für die starken RS-Nationen aus dem englisch-sprachigen Raum wird vor Travemünde der globale Titel vergeben. Rund 90 junge Duos werden erwartet – vorrangig aus den angrenzenden europäischen Ländern.

Für die RS Aero war der Verlust der englisch-sprachigen Teilnehmer dagegen zu groß, um die geplante Junioren-WM zu segeln. Die deutsche Klasse hält das aber nicht davon ab, an die Lübecker Bucht zu reisen. Sie segelt ihre German Open und dokumentiert mit einem guten Teilnehmerfeld, dass sie eine aufstrebende Klasse ist, die vor wenigen Jahren mit den Regatten zur Travemünder Woche ihren erfolgreichen Aufstieg in Deutschland gestartet hat.

Die Canoe-Segler kennen die Travemünder Woche ebenfalls schon durch frühere Auftritte. 2015 ging es um die europäischen Titel, in diesem Jahr stehen die Deutschen Meisterschaften der Taifun auf dem Programm. Auch die Canoe IC kommen an die Trave. Sie werden mit ihren schmalen Skiffs und den schwenkbaren Auslegern die Blicke auf sich ziehen. Entstanden sind die Canoe-Klassen, wie es der Name sagt, im Kanu-Sport, und die Klassen sind auch weiterhin Mitglied im Kanu-Verband. Gesegelt werden sie inzwischen aber auch in vielen Segelclubs.

Tradition und Innovation an der Tornadowiese

Seit der Austragung der Weltmeisterschaft der damals olympischen Tornados in 1985 gehört die Tornado-Wiese neben dem Restaurant Marina zu einem zentralen Ort der Travemünder Woche. In 2021 ist sie zwar nur eingeschränkt nutzbar, ohne sie geht es aber nicht. Die Liegeplätze in der Trave direkt an der Tornado-Wiese werden von zwei Klassen genutzt, die Grünfläche von den O-Jollen.

1936 durften die O-Jollen ihren Auftritt bei Olympia feiern. Danach verschwand die Olympia-Jolle zwar wieder aus dem elitären Olympia-Kreis, aber in Deutschland und in den Niederlanden hat sich die Ein-Personen-Jolle einen großen Stamm an Akteuren erhalten. Zur Travemünder Woche gehen die immer wieder gern auf das Wasser, obwohl die Jolle ansonsten eher Binnen- als Seereviere mag.

Nicht nur Wiederholungstäter, sondern wahre TW-Dauerbrenner sind die Trias. Die Drei-Personen-Kielboote hatten bereits 1967 ihren ersten Auftritt vor Travemünde – damals noch mit Ambitionen, sich als olympische Klasse zu empfehlen. Aus dem Olympiastatus wurde zwar nichts, aber seitdem sind die Trias ständige Gäste an der Ostsee. Das Feld ist zwar nur klein, aber die gesamte Regatta-Elite ist vertreten.

Erstmals werden die RS Venture Connect zu einer offiziellen Regatta bei der Travemünder Woche antreten. Und ihre Lübeck-Premiere garniert die inklusive Klasse mit der Austragung ihrer Weltmeisterschaft. Zum Schnupper- und Showsegeln hat sich die Klasse mit den Schalensitzen bereits 2018 an der Travemündung präsentiert.

Olympischer Nachwuchs erobert den Priwall

Auf dem weitläufigen Areal des Priwall-Strands werden die 4.7-Jollen liegen. Die Seglerinnen und Segler dieser Jugend-Klasse sind seit 2014 ständige Gäste zur Travemünder Woche mit ihrer Deutschen Jugendmeisterschaft. In diesem Jahr setzt die Klasse noch einen drauf. Sowohl bei den Jungs als auch bei den Mädchen geht es um die Europameisterschaft, und es wird eine große Flotte in Travemünde erwartet. Mit über 330 Jollen werden die 4.7 gleich zwei Bahnen besetzen. Die ILCA-Jolle mit dem kleinen Rigg ist der Unterbau für die beiden olympischen Einhand-Klassen der Männer und Frauen.

Passathafen-Lieger im neuen Ambiente

Auf der Seebahn kommen die seegehenden Yachten sowie die Trias, J/22 und J/24 zusammen. Foto: segel-bilder.de

Nach langjährigen Umbauten präsentiert sich der Passathafen den TW-Teilnehmern nun im frischen Outfit. Und die Liegeplätze zwischen der Viermastbark „Passat“ und den modernen Bauten auf dem Priwall werden gleich zahlreichen Teilnehmern zur Verfügung stehen.

Die Kielzugvogel-Klasse hat ihren Schwerpunkt zwar vor allem auf den Seen in West- und Süddeutschland, aber in 2021 ist der sportliche Höhepunkt des Jahres vor Travemünde angesetzt. Die Vergabe des Deutschen Meistertitels erfolgt im Rahmen der Travemünder Woche. Mit dabei in einem starken Feld sind die Titelverteidiger Alexander Morgenstern/Tanja Segelke. Das Duo gewann in 2019 allerdings nicht nur den Meistertitel in der eigenen Klasse, sondern wurde auch noch Meister der Meister, als sich zum Jahresausklang vor zwei Jahren die deutsche Elite der diversen Klassen auf der Alster zum Kräftemessen traf.

Die Vergabe von Titeln zur Travemünder Woche haben in der J/22-Klasse Tradition. Welt- und Europameisterschaften wurden in der Vergangenheit hier in der Kielbootklasse ausgesegelt. In diesem Jahr ist die German Open ausgeschrieben – und die große Schwester der Klasse, die J/24, hat sich mit ihrer deutschen Titelvergabe gleich angeschlossen.

Vor 50 Jahren ist die Conger-Klasse entwickelt worden – ein guter Grund, um in diesem Jahr eine besondere Regatta zu starten. Und so wird die Jubiläumsregatta zum goldenen Bestehen während der Travemünder Woche gesegelt – ein Höhepunkt im Jahreskalender für die Teams der Conger. Und ein großes Feld der Klasse, die einst in Hamburg vom zweimaligen Olympia-Medaillen-Gewinner Uli Libor entwickelt wurde, hat sich angekündigt.

Die seegehenden Yachten dürfen an beiden TW-Wochenenden ran. Während der Start in die TW den Kurz-Rennen vorbehalten ist, geht es zum TW-Abschluss kreuz und quer durch die Lübecker Bucht auf die Mittelstrecken. Gewertet wird jeweils nach den Vermessungsformeln ORC und Yardstick. Insbesondere die Vertreter aus der Lübecker Bucht sind am Start, denn für sie geht es auch um Punkte im Ostseecup. Unter die Lokalmatadoren mischen sich aber auch hochkarätige Konkurrenten aus Kiel.

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