Jean Le Cam (61) ist bei der Vendée Globe der Mann der Stunde. Nicht nur dass er bisher mit seinem alten Nicht-Foiler unglaublich stark segelt. Nun wird er auch noch zum Rettungshelden. Dabei erlebt er ein Dejavu mit umgekehrten Rollen.
Es ist elf Jahre her. Bei der Vendée Globe im Januar 2009 rundet Jean Le Cam mit seinem IMOCA „VM Materiaux“ Kap Hoorn. Er liegt auf dem dritten Platz. Nicht schlecht und doch nicht gut genug für den sieggewohnten Bretonen, der dreimal die Solitaire du Figaro gewonnen hatte, 2004 Vendée Globe-Zweiter war, und diesmal ganz vorne um die Welt segeln wollte.
Aber von einem Moment auf den anderen hatte er ganz andere Probleme als eine schnöde Regatta-Platzierung. Das Schiff kenterte, drehte den Mast unter Wasser und blieb über Kopf liegen. Die Kielbombe war abgefallen. Ein Schaden, der bei dieser Vendée-Globe-Auflage auch drei anderen Skippern das Rennen kostet. Die Neigekiel-Technik hatte noch ihre Tücken. Inzwischen gibt es Onedesign-Kiele und -Hydraulik.
Wie sich die Bilder gleichen:
Das Unglück passiert 200 Meilen westlich von Kap Hoorn. Le Cam sitzt plötzlich im durchgekenterten Schiff und wartet auf Rettung. 16 Stunden ist er gefangen. Per Funk hört er, dass der auf Rang vier liegende Titelverteidiger Vincent Riou von hinten kommt. 100 Meilen muss er zurücklegen. Er segelt für PRB, ausgerechnet den Sponsor, der aktuell Escoffier unterstützt.
Am Morgen des 6. Januars hört Le Cam die Stimme Rious. Er dachte, zu träumen. Glaubte es nicht. Zögert beim Verlassen des Bootes über die Fluchtluke am Heck. Er muss tauchen und hätte nicht mehr zurück gekonnt. Schon einmal habe er sich in einer ähnlichen Situation befunden und dann draußen fünf Stunden schwimmend am Schiff festhalten müssen. Das sei kein Spaß gewesen. Mit den Füßen voran verlässt er im Überlebensanzug die Luke. „Dann sehe ich Vincent es ist ein großer Moment.“
Mastbruch nach Rettungsmanöver
Die Rettung ist damit noch lange nicht vorbei. Bei bis zu 30 Knoten Wind und viel Seegang muss er versuchen, vom gekenterten Boot aus PRB zu erreichen. Riou segelt nahe vorbei und wirft eine Leine zu. Er scheitert dreimal.
Le Cam hält sich schwimmend am Ruder fest. Beim nächsten Versuch erwischt er das Seil und hält sich fest. Riou winscht ihn an Deck. Aber bei dem Manöver schlägt PRBs Rigg mit der Decksaling gegen den Kiel und wird beschädigt.
Riou bringt Le Cam in den chilenischen Hafen Ushuaia am Kap Hoorn, den südlichsten Hafen der Welt, und will das Rennen dann fortsetzen. Die Rennjury debattiert debattiert noch, welche Zeitgutschrift für die heroische Rettungstat angemessen wäre, da vermeldet der PRB Skipper sein eigenes Desaster: Mastbruch. Grund ist der bei der Rettung erlittene Riggschaden.
Jean Le Cam fühlt sich ziemlich schlecht, dass Riou aufgeben muss. Dieser wird zwar noch zum „Drittplatzierten ehrenhalber“ ernannt, aber das hilft nicht gegen den Abbruch-Schmerz. Mit Riou verbindet ihn seitdem zwar eine Freundschaft. Und 2013 gewinnen die beiden sogar gemeinsam das Transat Jacques Vabre -Zweihand-Rennen, aber Le Cam ist nun besonders froh, dass der mit der PRB-Rettung eine alte vermeindliche Schuld begleichen kann.
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