Andreas Deubel segelte beim Mini Transat 2017 einhand über den Atlantik. Für die German Open der X-79 kehrte er zurück zu den Wurzeln und startete mit einem Veteranen-Team. Überraschendes Abenteuer bei ordentlich Hack.
Nach dem Mini Transat 2017 hatte ich meiner Familie versprochen, dieses Jahr etwas kürzer zu treten. An dem diesjährigen Titelgewinn in der X-79 Klasse kann man erkennen, dass mir das nicht in allen Belangen gelungen ist.
Thea Harksen (erfolgreiche Piraten Seglerin) hatte uns gefragt, ob wir mit ihr dieses Jahr die German Open auf ihrer X-79 segeln wollen. Also Oomke Möller, Deutscher X-79 Meister 2001 und Atlantik Überquerer beim Atlantic Aniversary Race 2018 auf „Best Buddies“, Katrin Möller, ebenfalls X-79-Meisterin 2001 und meine Wenigkeit. Wir haben alle sofort zugesagt. Die Idee: Mit einer Crew aus alten X-79 Haudegen – wir alle sind mindestens 9 Jahre nicht mehr X-79 gesegelt- nochmal zeigen, dass man es kann.
Allerdings wussten wir nicht, dass sich das Boot nicht gerade im rennfertigen Zustand befand. Und als wir es am Donnerstag vor der Regatta aus dem Wasser zogen war das Unterwasserschiff voller Pocken, ein Graus, der nicht gerade für Geschwindigkeit sorgt. Wir haben dann erstmal mühsam den Bewuchs entfernt, und das hat den Zeitplan ein wenig durcheinander gebracht.
Beim ersten Training auf dem Wasser stellten wir fest, dass nur eine Fartensegelausstattung an Bord war. Uralte Blöcke, Fallen und Segel. In dieser Konfiguration war nix zu holen.
500 Kilo „Hausrat“ ausgemistet
Nach 3 Stunden Training haben wir Thea dann erstmal Material einkaufen geschickt und danach das Boot behelfsmäßig in ein Regattaboot verwandelt (inkl. Ausstauen von locker 500 Kilo Hausrat).
Ich hatte vorher schon ein einigermaßen konkurrenzfähiges Großsegel von einer anderen X-79 organisiert. Da das Groß von Thea noch ein „G“ statt GER im Segel kleben hatte, konnte man das Alter also auf mindestens 25 Jahre schätzen. Einzig die Genua war brauchbar, aber auch bereits 15 Jahre alt.
Am Freitag gingen die Rennen los und nicht alles lief ideal (Platz drei und Frühstart-DQ). Für Samstag war dann Sturm angesagt, also holten wir das kleinere Vorsegel raus, um es zu testen. Die Fock war zu meinem Entsetzen 30 Jahre alt und sah schlechter aus als jedes Segel, dass ich vorher je gesehen hatte.
Versuche auf die schnelle, ein konkurrenzfähiges Segel zu bekommen, scheiterten. Also machten wir das Beste draus. Die Bedingungen halfen uns. Am Samstag knallten die Böen mit mehr als 30 Knoten nur so über die Flensburger Förde. Alle Teams hatten massig Probleme. Da konnten wir mit unserer Erfahrung das Maximum aus dem Boot holen und segelten die Plätze 1,2,1.
Links und rechts legen sich die Boote aufs Wasser
Eine Super starke Leistung des gesamten Teams. Nur wenige schafften, den Spi bei diesen Bedingungen ohne fuck up zu halten. Man konnte auf der Vorwind-Strecke die Böenfront genau kommen sehen. Katrin schrie „Spi weg, das gibt Kleinholz!“. Links und rechts neben uns legten sich die Boote aufs Wasser.
Da wir aufgrund einer schlecht gesegelten Kreuz mit der Uraltfock ziemlich weit hinten im Feld lagen, waren wir uns einig, dass wir diese Chance nutzen müssen um nach vorne zu fahren. Wir hielten den Spi bis etwa Dreiviertel des Spikurses und als die zweite Hammerböe einbrach, nahmen wir ihn zackig weg ohne fuck up. Das war mega!
Am Leefass waren wir bereits Dritte. Auf dem zweiten Spigang wollten wir auch die beiden Boote vor uns einkassieren und zogen den Spi als kaum einer noch den Spi setzen konnte oder wollte. Etwa 3-4 Minuten war er zu halten und dann mussten auch wir ihn wieder runter nehmen. Diese 3-4 Minuten spülten uns an die Spitze des Feldes.
Das war wirklich eine super starke Teamleistung. Jeder konnte sich zu hundert Prozent auf den anderen verlassen und das Team, obgleich dieses Wochenende zum ersten Mal zusammen gesegelt, war plötzlich zu einer siegfähigen Mannschaft zusammengewachsen.
Fehler, die sonst nicht passieren
Am letzten Tag blies dann wieder moderaterer Wind bis maximal 18 Knoten und wir konnten von der alten Fock auf die bessere Genua wechseln. Doch es ging nicht gut los. In der ersten Wettfahrt passierten Fehler die uns vorher nicht passiert waren. Es mag Nervosität gewesen sein. Schlechte Wenden, Tonnenberührungen und taktische Fehlentscheidungen. Der 5. Platz im Ziel war unsere bis dahin schlechteste Platzierung.
Es musste eine Ansprache her, klare Ansagen. Danach setzten wir den Fokus auf die beiden letzten Wettfahrten. Und es lief besser. Wir haben es richtig gut hinbekommen und mit 2 und 1 exzellent abgeschlossen.
Dennoch wussten wir nicht, ob es zum Sieg reichen würde. Der starke Däne Niels Bank war ebenfalls immer vorne dabei. Wir sahen aus der Ferne, wie er und ein weiteres Boot, Bug neben Bug durchs Ziel gingen. Könnte es wirklich reichen? Wir mussten auf das offizielle Ergebnis warten.
Punktgleichheit am Ende
Unglaublich, es hat gepasst. Punktgleich lagen wir vor den Dänen. Wir sind super glücklich. Auch wenn der ein oder andere sagt, die X-79 Klasse wäre tot, so muss man doch sagen, dass in der 10-Boote-Flotte hart um jeden Platz gekämpft wurde. Wie so oft – der Sieg wird niemandem geschenkt.
Im Prinzip könnte man als Motto für unseren Erfolg auch sagen: aus Scheiße mach Gold oder Erfahrung und Teamgeist sind mehr Wert als teure Segel. Dennoch wäre wohl, ohne die großartige Unterstützung von Frederik von Kühlwetter von der „GER-427 v. Schönwetter“ und seinem Leih-Großsegel kein Sieg möglich gewesen, denn die Grundkonfiguration „North“ Großsegel und „Jan“ Genua funktionierte einwandfrei.
Am meisten gilt mein Dank aber an die Crew um Tea, Katrin und Oomke die mir ein Wochenende beschert haben was ich lange nicht vergessen werde. Einfach cool ihr Drei!
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