In einem historischen Finale beim Sydney Hobart Race hat der 100-Fußer LawConnect 51 Sekunden vor Andoo Comanche gewonnen. In den letzten zwanzig Minuten vor dem Ziel kam es zu einem dramatischen Match Race vor dem Wind.
Nach einem Tag und gut 19 Stunden ist das diesjährige 628 Meilen lange Rolex Sydney Hobart Yacht Race Sydney auf den letzten 100 Metern entschieden worden. Der zweimalige Volvo-Ocean-Race-Sieger Tony Mutter (NZL) am Steuer von LawConnect und VOR-Veteran Chris Nicholson (AUS) als Taktiker haben mit der 15 Jahre alten Yacht von Eigner Christian Beck und der insgesamt 21-köpfigen Crew das Unmögliche möglich gemacht und den großen Favoriten Andoo Comanche geschlagen.
Eigentlich schien das Rennen schon entschieden, als Comanche mit einem Vorsprung von drei Meilen Tasmanien erreichte. Schließlich gilt der 2014 gebaute 100 Fuß Supermaxi als schnellster klassischer Einrumpfer der Welt, auch wenn er erst im Mai von den mit Foils ausgerüsteten IMOCA Holcim-PRB und Malizia als 24-Stunden-Rekordbrecher abgelöst wurde.
Aber die Flaute auf dem Derwent River vor Hobart ließ den Racer so sehr stoppen, dass LawConnect mit frischem Wind von hinten aufschloss. Der ältere, aber schmalere Rumpf schien auf dem flauen Vorwindkurs weniger Widerstand zu bieten.
Mutter und Nicholson konnten sich vorbeischieben und das Rennen schien entschieden. Aber Comanche mit dem 18-Footer-Spezialist John Winning Jr und Altmeister Ian Murray (65) als Taktiker hielt dagegen. Murray, ausgestattet mit der Erfahrung von 28 Sydney-Hobart-Teilnahmen und zum vierten Mal aktueller Regatta Direktor beim America’s Cup, gelang es bei dem folgenden Halsen-Duell zweimal, die Führung zurückzuholen. So schlimm konnte die Leistungsfähigkeit des Schiffes also nicht sein.
Tatsächlich ging es um das Timing der Halsen und der Positionierung zu den einsetzenden Böen. Chris Nicholson traf auf LawConnect die besseren Entscheidungen. Auf den letzten Metern führte er das Schiff in Luv vorbei und bremste den Gegner durch seinen Abwind so sehr aus, dass auch noch die letzte Halse vor dem Bug gelang. Damit war der engste Zieleinlauf nach über 40 Jahren besiegelt und nach zweiten Plätzen in den drei Vorjahren war Christian Beck nun selbst über diesen Sieg überrascht.
Die entscheidenden finalen 20 Minuten mit fünf Führungswechseln zwischen den beiden Duellanten:
Im Ziel sagte er: „Vor einer Stunde lagen wir noch 3 Meilen hinter Comanche, und jetzt gewinnen wir – ich kann es immer noch nicht glauben.“ Beck, dem LawConnect seit 2017 gehört, bekundet nach dem Erfolg: „Ich hätte nie gedacht, dass es wirklich möglich ist.“
Im Vergleich mit dem viermaligen Sieger Andoo Comanche bezeichnet Beck sein eigenes Boot scherzhaft als S***box. „Ich weiß, im Fernsehen sieht es gut aus, aber wenn man sich dem Boot nähert, ist es das nicht. Comanche dagegen ist ein wunderschönes Boot. Es ist in jeder Hinsicht besser und auch vier Tonnen leichter. Umso erstaunlicher ist es, dass mein Team dieses Boot schlagen konnte.“ Allerdings hatten schon im vergangenen Jahr nur 27 Minuten gefehlt.
Schließlich hätten seine Profis Mutter und Nicholson auch nur über „ein ziemlich schmales Budget“ von ihm verfügen dürfen. Und sie mussten fünf Mitarbeiter von Becks Firma in das Team einbauen. „Mich eingeschlossen“, sagt Beck. „Und keiner von uns hat viel Ahnung vom Segeln.
Für Andoo Comanche ist es dagegen eine eher peinliche Niederlage. Denn Wild Oats, der bisher härteste Rivale, war nicht einmal am Start. Das Team strich die Segel nach einem Strukturschaden im Vorfeld. Wie genau es mit Comanche weitergeht, wurde bisher auch nicht deutlich kommuniziert. Das Boot geriet im Zuge des russischen Angriffskrieges in die Schlagzeilen, weil es einem russischen Konsortium gehören soll.
Deshalb war Comanche wie etwa der 125 Fußer „Skorpios“ von Oligarch Dmitri Rybolowlew, durch Sanktionen bedroht. Die ClubSwan ist seitdem von der Bildfläche verschwunden. Comanche dagegen wurde von der Winning Familie übernommen, nachdem sich Sprecher im Namen der Comanche-Betreiber gegen die Annahme gewehrt hatten, die Yacht befinde sich in russischem Besitz.
Der ehemalige Skipper Mitch Booth sagte allerdings zuvor am 24. Januar 2022 nach dem Sieg beim RORC Transatlantik-Race: “Comanche ist in russischem Besitz, und die Aufgabe besteht darin, russische Segler in die Crew mit einzubinden.“
So spannend der Zieleinlauf gewesen sein mag, umso deutlicher wurde bei dem diesjährigen Sydney Hobart Race aber auch, dass der große Hype um den Schlagabtausch der 100 Fußer vorbei ist. Seit Jahren sind bei den Supermaxis keine Neubauten mehr in Sicht und die alten Yachten werden kaum noch aufgerüstet. Wenn dann auch noch ein 15 Jahre altes Schiff gewinnen kann, heißt das nichts Gutes für die Entwicklung der Regatta.
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