Retro: McIntyre schickt 5.80m-Sperrholzminis um die Welt – Qualifikation bei der Transat

Solo um die Welt auf 5,80 m Sperrholz

Der Retro-Trend hat die Hochsee-Szene längst erfasst. Anfang 2025 will GGR-Organisator McIntyre eine Low-Budget-Regatta um die Welt starten: Im selbst gebauten, 5,80 m kurzen Sperrholzboot! 

Man muss es einfach anerkennen – der australische Abenteurer, Segler und Regatta-Organisator Don McIntyre hat ein Händchen fürs Außergewöhnliche.

Mit seinen mittlerweile drei Hochsee-Regattaformaten im Retro-Stil trifft er bei vielen See-Seglern ganz offensichtlich voll ins Schwarze. MacIntyres ursprüngliche und für alle seine Formate geltende Idee, dass die Teilnahme bei Langfahrt-Regatten auch heutzutage nicht zwingend mit allerneuester Technik am Boot und Unsummen Sponsoren- oder Mäzen-Geldern verbunden sein muss, hat nicht nur für Vintage-Verliebte einen gewissen Reiz.

Golden, Ocean, Mini

Mittlerweile hat McIntyre bereits zweimal beim Golden Globe Race (2018 und 2022) jeweils 20 und 30 Teilnehmer solo und nonstop auf Retro-Booten und ohne moderne Navigationshilfen um die Welt geschickt. Von denen zwar nur ausgesprochen wenige überhaupt ins Ziel kamen, was jedoch der Begeisterung an dieser Regattaform keinen Abbruch tat: Schon jetzt haben für die Auflage 2026 erneut 30 Teilnehmer gemeldet.

Auch die erste Auflage des Ocean Globe Race im Jahr 2023 finishten immerhin zehn von vierzehn gestarteten Teams. Das Etappen-Rennen um die Welt auf Vintage-Yachten im Stil der berühmt-berüchtigten Whitbread-Races sorgten ebenfalls für relativ hohe Medienaufmerksamkeit und großes Interesses in den sozialen Medien. Sie machten aber auch Schlagzeilen in der Segelszene aufgrund (teils umstrittener) „Penaltys“, die u. a. wegen „Nutzung moderner Elektronik“ vergeben wurden.

© MacIntyre

Auch einer zweiten Auflage dieser Prestige-trächtigen Vintage-Rundum-Etappen-Regatta im Team-Modus steht offensichtlich nichts mehr im Wege.

Zunächst richten sich jedoch alle (nicht nur nostalgisch verklärten) Blicke auf das dritte Event in McIntyres Portfolio: Das Mini Globe Race 2025.

Am 23.Februar 2025 startet dieses 15 Monate dauernde Segelabenteuer auf erstaunlich kurzen, aber eben hochseetüchtigen 5,80 m-Sperrholzbooten. Das McIntyre Mini Globe Race (MGR) wird – ähnlich wie die anderen McIntyre-Regattaformate – von seinem Namensgeber als „humanes Weltumseglungsabenteuer“ dargestellt, bei dem es eben „nicht um Geschwindigkeit um buchstäblich jeden Preis gehen soll“.

50.000 Euro, inklusive Boot

Ein Anspruch, der in der internationalen Hochsee-Szene schon seit Jahren wohlwollend aufgenommen wird. Denn auch wenn die großen Weltumseglungs-Kampagnen mit millionenschweren Booten wie IMOCA (Vendée Globe) oder Ultim-Trimarane (Trophée Jules Verne) zigmillionen Menschen in ihren Bann ziehen, sind sie nicht frei von Kritik.

Insbesondere die Aspekte „immer schneller und teurer, aber nur wenig ökologisch“ beschäftigen viele begeisterte Segler. Da kommt ein Don McIntyre, der genau diese Punkte mit seinen Formaten infrage stellt, gerade recht.

© Mini Globe Race

Entsprechend auch seine Ankündigung für das Mini Globe Race im typischen MacIntyre-Stil: „In einer Zeit, in der Technologie und 20 Millionen Euro es einem Einhandsegler ermöglichen, die Welt in 40 Tagen zu umrunden, ist eine Flotte mutiger Segler dabei zu zeigen, dass dies auch für weniger als 50.000 Euro über viele Tage hinweg möglich ist!

Sechzehn Männer und zwei Frauen aus 12 Ländern werden auf engen, monotypischen Sperrholz-Mini-Yachten 28.000 Meilen allein um die Welt segeln und damit die Grenzen dessen verschieben, was viele für möglich halten.“

Moment mal – 50.000 Euro inklusive Boot für eine Weltumseglung? Das klingt nun wirklich reichlich verlockend. Nicht zuletzt, weil allein schon die bislang kleinsten, hochseefähigen Boote der Classe Mini 6.50 derzeit neu für 80.000 bis 120.000 Euro verkauft werden.

Im Sperrholzboot um die Welt

Tatsächlich ist der Clou dieser Regatta das Einheits-Boot, mit dem die Skipperinnen und Skipper um die Welt segeln wollen. Die Einrumpf-Boote, die als „Class Globe 580“ in Zukunft die Langfahrt-Szene beglücken sollen, baut man/frau zu Hause aus Sperrholz auf Holzrahmen, um sie zuletzt mit Epoxid zu überziehen.
580 bezieht sich auf ihre Länge in Metern, die kompakt genug ist, um in einen 20-Fuß-Container (6 Meter) zu passen.

Don McIntyre himself hatte die Idee zu dem Boot während eines Abenteuers 2010 an Bord eines offenen, hölzernen Walfangbootes. Auf dem segelte der Australier 4000 Meilen über den Pazifik, mit wenig Nahrung, Wasser und ohne Karte im „Fahrwasser“ von William Bligh, der während der Meuterei auf der Bounty bekanntlich in eben so einem Boot ausgesetzt wurde.

McIntyre hat in Zusammenarbeit mit dem polnischen Designer Janusz Maderski die Einheitsklasse 2019 eingeführt und bietet einfache Baupläne für 300 € an.
Die zukünftigen Globe 580-Skipper können sich auch für einen CNC-vorgeschnittenen Sperrholzbausatz entscheiden, der von einer aktiven Online-Community unterstützt wird.

Derzeit befinden sich über 80 Boote in verschiedenen Stadien der Fertigstellung, etwa 20 sind im Wasser und 140 weitere, zukünftige Eigner haben die Pläne erstanden.

Zwei Deutsche gemeldet

Stand August haben 18 Skipper bereits für das Mini Globe Race gemeldet, darunter die beiden Deutschen Christian Sauer (auf Argo, Rumpf-Nummer 103) und Patrick Forkel (auf Ada, Rumpfnummer 124).

Als obligatorischen Qualifikationstörn müssen die Teilnehmer 3.600 Meilen einhand über den Atlantik segeln. Dieser Törn beginnt am 28. Dezember 2024 von Marina de Lagos in Portugal, führt zur Marina Rubicon auf Lanzarote/Kanarische Inseln und endet an der National Sailing Academy auf Antigua in der Karibik. Erst nach Bewältigung dieser Qualifikation dürfen sich die Skipper tatsächlich in die Startlöcher rund um unseren Blauen Planeten begeben.

Transat als Qualifikation

Auch diese Solo-Weltumseglung wird in Etappen gesegelt. Das Rennen beginnt und endet an der National Sailing Academy, Antigua. Die erste Etappe führt die Segler nach Shelter Bay Marina in Panama, wo die Class Globe 580 auf dem Landweg zum Pazifischen Ozean transportiert werden.

Die zweite Etappe beginnt am 23. März 2025 und führt über 6.500 Meilen bis zur VUDA Marina auf Fidschi, mit obligatorischen Zwischenstopps auf den Marquesas, Tahiti und Tonga. Jeder Zwischenstopp erfordert einen Mindestaufenthalt von acht Tagen, sodass sich die Segler ausruhen und Reparaturen durchführen können.

Die dritte Etappe führt über 10.000 Meilen nach Kapstadt in Südafrika mit Zwischenstopps in Darwin, Mauritius und Durban. Aufgrund der schwierigen Wetterbedingungen und des berüchtigten Agulhasstroms sind zehn zusätzliche Tage für Zwischenstopps erlaubt. Die vierte und letzte Etappe über 7000 Meilen beginnt am 22. Dezember 2025 mit Zwischenstopps in St. Helena und Recife, Brasilien, bevor der Endspurt nach Antigua Ende März 2026 stattfinden soll.

Die eigentliche Weltumseglung wird also interessanterweise auf der Südhalbkugel stattfinden. Für die europäischen Teilnehmer und Fans solcher Langstreckenregatten logischerweise ein spannendes Novum. Oder hat sich schon mal jemand mit den Schwierigkeiten im Agulhasstrom vor Südafrika beschäftigt?

Alles Retro, außer Sicherheit

Wie bei allen McIntyre-Retro-Veranstaltungen sind elektronischen Windmessgeräte und elektronischen Seekarten verboten. Den Teilnehmer des Ocean Mini steht nur eine begrenzte Kapazität von 200 Ampere für Batterien und 200 Watt für Solarpaneele zur Verfügung. Sie dürfen ausschließlich elektrische Außenbordmotoren verwenden. Hydrogeneratoren und Wasserentsalzungsanlagen sind ebenfalls nicht erlaubt.

Kurz: Alles, was modernes Segeln im Vergleich zu Langstrecken in früheren Zeiten etwas bequemer macht, ist und bleibt verboten. Erfreulicherweise ist die Sicherheitsausrüstung nach neuesten, internationalen Standards aufgestellt.
Die Segler dürfen straffreie Stopps einlegen, aber die Zeit des Rennens läuft weiter.
YB3-Satellitenplotter ermöglichen es, den Rennverlauf rund um die Uhr für jedermann auf der MGR-Website zu verfolgen.

© MacIntyre

Im Gegensatz zu anderen Einhandrennen segeln die Teilnehmer des MGR unabhängig und autonom. Somit sind alle Teilnehmer für ihren persönlichen Reiseplan, die Logistik und das Sicherheitsmanagement verantwortlich.

Verantwortung? Nicht bei der Regattaleitung! 

Ein weiteres Novum: Die MGR-Segler werden von individuell ernannten Sicherheitsbeauftragten beaufsichtigt. Diese Verantwortlichen berichten der MGR-Regattaleitung, bleiben aber für die Dauer der Segler Tag für Tag, 24 Stunden und sieben Tage die Woche die Hauptverantwortlichen für „ihre“ Segler.

Angesichts eines großen Erfolgs, was die Anzahl der bereits gebauten Boote und verkauften Baupläne anbelangt, könnte das MGR und seine Ocean Mini zum langfristig spannendsten Rennen im Portfolio von Don McIntyre werden.

© MacIntyre

Doch zunächst müssen die Boote heil über den Atlantik kommen und somit beweisen, dass sie eine Weltumseglung auf der südlichen Halbkugel überhaupt überstehen werden.

Für uns Bildschirm-Segler und Couch-Potatoes steht jedenfalls schon während und nach der Vendée Globe ein buchstäbliches Alternativprogramm als Weltumseglung zur Verfügung.

Michael Kunst

Näheres zu miku findest Du hier

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert