Schnee, Regen und Temperaturen nahe des Gefrierpunkts waren die wenig einladenden Bedingungen für die letzte Etappe Travemünde. Zum Schluss war nochmal Organisationstalent gefragt, denn der eng gesteckte Zeitplan geriet ins Wanken.
Mit zwei Tagen Verspätung waren Clara Böckenhoff und Paul Winter zu ihrem Törn vom Bodensee über die Ostsee am 30. Dezember aufgebrochen, da Starkwind und hoher Wellengang eine frühere Abfahrt verhinderte. Tage, die nun fehlten, denn für Paul beginnt am Montag, 10. Januar, der entscheidende Schulblock für die Gesellenprüfung zum Bootsbauer an der Landesberufsschule für Bootsbauer auf dem Priwall in Lübeck Travemünde. Und auch Clara Böckenhoff drückte der Termin. Montagmorgen um 7.30 Uhr heißt es wieder: antreten zum Dienst im Rahmen der Ausbildung zur Bootsbauerin auf der Michelsen-Werft in Friedrichshafen am Bodensee.
Daher entschieden sich die beiden auf dem Mittellandkanal, ein Stück der restlichen Wegstrecke abzukürzen und organisierten einen Trailer-Transport. „Wir sind über 800 Kilometer auf dem Rhein gefahren. Ich denke, das anspruchsvollste Stück haben wir auf eigenem Kiel gefahren, jetzt ist es wichtig, rechtzeitig zu unseren Terminen anzukommen“, so Paul Winter.
Clara Böckenhoff lässt die Tour Revue passieren: „Es ist unglaublich, wie viele Menschen uns ihre Anerkennung ausdrückten, indem sie uns unterstützten. Das beginnt bei unserem Arbeitgeber und natürlich unseren Kollegen von der Michelsen-Werft, die dieses Projekt erst möglich machten. Das Material – Harze, Lacke und vieles mehr – sowie jede Menge Tipps und Ratschläge und während der Tour auch noch eine tolle Aufnahme in Wesel kam von der von der Linden GmbH, die tollen Support lieferte.“
„Dann das Team von Clown Sails und der Tuchhersteller Dimension Polyant, die uns die Segel gesponsort und genäht haben, sowie die Firma Bartels, die uns die Rollanlage für die Rollfock für einen sensationellen Vorzugspreis überlassen hat“, ergänzt Paul Winter. „Mit der Ausrüstung von Gill und Secumar wurde der Törn jetzt im Winter überhaupt erst möglich“, bedankt sich Clara Bökenhoff und fügt hinzu: „Und die Sachen sind richtig topp! Ganz ehrlich – spätestens auf dem Rhein bei Sturm, waren wir so richtig froh, so eine gute Ausrüstung zu haben, auf die man sich verlassen kann.“
Begeistert waren beide von der Unterstützung, die vom Deutschen Motoryachtverband und seinen Landesverbänden sowie von der Sportbootvereinigung im Deutschen Motoryachtverband (SBV) kam. „Die SBV hat uns mit einer Spende großzügig finanziell unterstützt und Nadine aus der Geschäftsstelle aus Duisburg hat uns für eine Nacht auch noch supernett aufgenommen. Und dann die PräsidentInnen der Landesverbände und die zahlreichen Vereine im DMYV: Die haben uns mit guten Infos zum Revier versorgt, Kontakte hergestellt und waren immer als Ansprechpartner bei Fragen erreichbar. Die Vereine an unserer Strecke haben uns dann herzlich aufgenommen, Liegeplätze organisiert, und wir konnten mehrfach in den Clubhäusern schlafen. Einfach super und unheimlich hilfsbereit!“
Ein Freund brachte dann Auto und Trailer an einen Treffpunkt bei Bramsche und so verlagerte sich die Bootsreise für eine Überbrückungs-Etappe auf die Straße. Samstagabend erreichten beide dann die Hansestadt Lübeck. Ein Bett, ein Feierabendbier und Pizza satt sowie am nächsten Morgen ein Frühstück gab es beim Chefredakteur des MotorBoot Magazins aus der Boating Unit der Ebner Media Group und seiner Familie.
Am nächsten Morgen wurde die „Alte Liebe“ dann in Lübeck wieder zu Wasser gelassen. Ehrensache, die letzten Meilen zum Ziel auf eigenem Kiel zu fahren. Weiter ging es – erst noch mit gelegtem Maste und unter Motor unter den letzten Brücken des Hafens der „Königin der Hanse“ und in den Geltungsbereich der Seeschifffahrtsstraße und dann mit stehendem Mast und unter Segeln bei leichtem Wind und norddeutschem, winterlichen „Schietwetter“ gut drei Stunden die Trave hinunter. Vorbei an Travemündes Wahrzeichen, der Viermastbark „Passat“, ließ man es sich nicht nehmen, zum Finale noch einen Schlag raus auf die Ostsee zu unternehmen, bevor der Törn hier endete.
Circa eineinhalb Wochen waren die beiden unterwegs – doch die eigentliche „Reise“ begann irgendwann vor Monaten mit der Entdeckung des Wracks einer alten H-Jolle. Aus dem Wrack wurde ein Boot, aus einem Traum wurde ein Törn und aus einer Idee wurde ein Projekt. Zwei Auszubildende des Bootsbau-Handwerks wurden zu Projektmanagern, die mit Fleiß, Mut und auch der Fähigkeit, sich den Umständen anzupassen, ihr Ziel erreichten.
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