Mit einem offenen Brief fordert eine Gruppe betroffener und engagierter Personen aus der französischen Hochsee-Regatta-Szene mehr Solidarität mit Personen, die von sexuellen Übergriffen im Segelsport betroffen sind.
Das Schweigen rund um die sexuellen Übergriffe, die rund um die Affäre Escoffier im (französischen) Segelsport bekannt werden, wird immer mehr gebrochen. Heute erschien ein offener Brief, der auch SegelReporter mit der Bitte um Veröffentlichung zugestellt wurde.
In dem Brief fordert eine Gruppe Frauen und Männer mehr Solidarität mit den Betroffenen der in den vergangenen Wochen und Monaten bekannt gewordenen sexuellen Übergriffe innerhalb der Segelszene. Die Autoren sind der Redaktion bekannt.
Aufhänger für diesen offenen Brief war zunächst die Affäre rund um den IMOCA-Vizepräsidenten und Hochseesegler Kevin Escoffier. Mittlerweile wird in der französischen Szene allerdings gemutmaßt, dass es weitere schwerwiegende sexuelle Übergriffe innerhalb der olympischen Segelklassen Frankreichs gegeben haben soll.
Innerhalb weniger Stunden gab es eine große Anzahl, spontaner Unterschriften und somit Solidaritätsbekundungen aus der Hochseeszene. Darunter einige Kolleginnen und Kollegen von Escoffier. Es wird davon ausgegangen, dass weitere Unterschriften folgen werden.
Es folgt eine Übersetzung des offenen Briefes. Solidaritätsbekundungen aus deutschen Seglerkreisen können mit einer Unterschrift hier geäußert werden.
Wir sind eine kleine Gruppe von Freunden, die alle der Welt des Segelsports nahe stehen und alle zutiefst schockiert sind über das Schweigen, das die Opfer von sexuellen Übergriffen umgibt. Wir möchten ihnen hier eine Botschaft der Unterstützung übermitteln.
Unser Ziel ist es, dass sie reden können. Dass sie von möglichst vielen Menschen gehört, verstanden und unterstützt werden.
Es geht darum, über eine Tatsache in der Gesellschaft zu sprechen, die auch heute, im Jahr 2023, noch viel zu präsent ist: sexuelle Belästigung und sexuelle Übergriffe. Und ihre schreckliche Begleiterscheinung: das Schweigen, die Scham, die Angst, die die Straflosigkeit der Täter oft nach sich zieht.
Das ist nicht hinnehmbar.
Und wir sagen nichts?
Ist das normal?
Das traurige Ereignis in Newport im Juni dieses Jahres hatte den Vorteil, dass sich einige Zungen lösten. Zwar nur zögerlich, aber die Zeugenaussagen sind da. Einige sind über zehn Jahre alt, andere stammen aus dem olympischen Bereich, aber auch aus Segelschulen und Hochseerennen.
Die Angreifer, ja, es gibt mehrere, sind identifiziert, aber nicht beunruhigt.
Sie sind immer noch lizenziert, segeln Regatten, haben verantwortungsvolle Positionen inne und betreuen.
Das ist nicht hinnehmbar.
Und wir sagen nichts?
Ist das normal?
Die gesammelten Zeugenaussagen sind keine Anzeigen, aber sie sind da, sehr real. Es handelt sich um Frauen, die physisch verletzt und moralisch gezeichnet wurden. Es sind Erinnerungen, die man nicht vergisst. Sie tun lange weh. Sie erniedrigen einen. Das wissen wir.
Das ist nicht hinnehmbar.
Und wir sagen nichts?
Ist das normal?
Aussagen über sexuelle Übergriffe kommen aus dem Olympischen Segelsport, aber auch aus Segelschulen und dem Hochseeregattasport.
Diese Zeugenaussagen sollen angeblich nicht „zahlreich“ genug sein… Aber was? Wie viel brauchen Sie? Das wird also nach Gewicht beurteilt ?…. Ein Bild aus dem Film „Bronzés“… Wenn es nicht so ekelerregend wäre, könnte man darüber gequält lächeln.
(Anm. der Redaktion: „Les Bronzés“ ist eine französische Satire, die sich mit dem Club Mediterranée-Hype der Achtzigerjahre auseinandersetzt, in Frankreich sehr, in Deutschland als „Strandflitzer“ weniger bekannt).
Es geht nicht darum, wieder einmal einen Skipper oder einen Trainer zu stigmatisieren und sie in den Dreck zu ziehen. Das ist ihr Problem, sie sollen in den Spiegel schauen und ihren Weg machen, oder besser gesagt, gehen. Sie sollen sich selbst heilen.
Es geht nicht darum, den Fokus auf die Welt des Segelns und unseren wunderbaren Sport zu richten.
Es geht darum, den Schleier über einer gesellschaftlichen Tatsache zu lüften, die sich hier in unserer Gemeinschaft offenbart. Nutzen wir diese unglückliche Gelegenheit, um anzuprangern und die Grenzen zu bewegen.
Nichts zu tun, nichts zu sagen, kommt wider besseres Wissen einer Billigung gleich.
Wie sieht es aus?
Was sollen wir tun?
Erinnern Sie sich: #metoo. Solange es in der Welt des Films war, weit weg in Hollywood, konnte man mit dem Finger drauf zeigen, darüber reden… Aber jetzt ist es bei uns, auf unseren Stegen, bei unseren Rennen, in unseren Teams. Jetzt wird Es bei uns heikel.
Aber ist das ein Grund, zu schweigen? Und damit zu billigen?
Frauen, Männer, Eltern, Regattasegler, Leiter von Segelschulen und Trainingszentren, Skipper, Trainer in Vereinen und in der französischen Nationalmannschaft, Verbandsfunktionäre, Segelfans oder nicht, Segler oder nicht: Was denken Sie darüber?
Wenn die Justiz ihre Arbeit nicht machen kann, weil es keine Anzeigen gibt.
Wenn der französische Segelverband keine Sanktionen verhängen kann, weil es nicht genügend Zeugenaussagen gibt?
Was sollen wir tun?
Die Zahl macht die Kraft. Es gibt zweifellos Möglichkeiten, Sanktionen und Regeln zu fordern und durchzusetzen, damit das aufhört. Die Straflosigkeit muss gebrochen werden.
Kurzum, 2023 könnte auch mit dem Motto „wir können, wir müssen“ versehen werden:
– Opfer schützen, ihre Erzählungen berücksichtigen.
– Wenn man Opfer, Zeuge oder Vertrauter eines Übergriffs ist: die Geschichte schriftlich festhalten. Diese Aussage kann oder wird zu gegebener Zeit nützlich sein, selbst wenn es erst in fünf Jahren ist, diese Zeit gehört den Opfern.
- Vergessen Sie nicht, dass Arbeitgeber eine Verantwortung für den Schutz ihrer Arbeitnehmer haben…
Wenn Sie Opfer oder Zeuge eines Angriffs oder sexistischer oder sexueller Gewalt sind oder waren, können Sie den Angriff oder die Übergriffe der Fédération Française de Voile melden, indem Sie an stopviolence@ffvoile.fr schreiben.
Dies ermöglicht es dem Verband, seine Rolle beim Schutz von Sportlern und Lizenznehmern wahrzunehmen, und hilft den Rechtsinstanzen, ihre Arbeit zu tun.
Psychologische und rechtliche Hilfe erhalten Sie bei France Victimes – victimes@116006.fr; Tel. 116 006 (kostenloser Anruf und Service); lokale Beratungsstellen in ganz Frankreich.
Bisher unterschrieben:
1 Aliprandi Chiara, 2 Amiot Stéphane, 3 Angoulvant Francois, 4 Attwell Pierre-Louis, 5 Auffret Morgane, 6 Autissier Isabelle, 7 Baget René, 8 Barre Aurélia, 9 Barrier Alexia, 10 Beaudart Anne, 11 Beaudart Davy, 12 Beccaria Ambrogio , 13 Beliard Doriane, 14 Belloir Aymeric, 15 Bertho Sandrine, 16 Bestaven Yannick, 17 Boiteux Davina, 18 Bougault Eve, 19 Bourgnon Basile, 20 Boutet-Massonneau Valérie, 21 Brasseur Pierre, 22 Caraës Jacques, 23 Caraës Laurence, 24 Caso Jean-Christophe, 25 Castelnérac Bertrand, 26 Charland Pauline,27 Chopinet Louise, 28 Collechia Alain, 29 Colman Conrad, 30 Combescure Guillaume, 31 Combier Anne, 32 Conte Stéphane, 33 Coroller Laurène, 34 Cova Holly, 35 Cousin Manu, 36 Crémer Clarisse, 37 Cuisset Florence, 38 Dayot Pierre, 39 De Broc Emilien, 40 De la Giclais Mathilde, 41 De Lamotte Tanguy, 42 De Pavant Kito, 43 De Turckheim Sophie, 44 Delanoë Stéphane, 45 Delaune Isabelle, 46 Denis François, 47 Deshayes Raphaël, 48 Deshayes Ronan, 49 Dhoyer Valdo, 50 Didry Blandine, 51 Dorange Arnaud, 52 Dorange Violette, 53 Duc Louis, 54 Duclos Marie, 55 Duprey du Vorsent Thierry, 55 Ecarlat Catherine, 56 Enjalran Cyril, 57 Even François Marion, 58 Ferchot Claire, 58 Fercot Pauline, 58 Fermin Rémi, 59 Flao Gaele, 60 Fraisse Paul, 61 Fraisse Sarah, 62 François Amaury, 63 Gabart François, 64 Gaud Jean-Yves, 65 Gautier Alain, 66 Gavériaux Martin, 67 Gaxotte Justine, 68 Giffrain Florian, 69 Giffrain Léa, 70 Girardeau Elodie, 71 Giraud Clément, 72 Gladu Ronan, 73 Godel Marie-Lucie, 74 Grassi Amélie, 75 Green Saskia, 76 Gresset Julien, 77 Grosjean Angèle, 78 Guelfi Gianluca, 79 Guiffant Francois, 80 Guillam Anne, 81 Guillemot Marc, 82 Gutierrez Cécile, 83 Guyader Pierre, 84 Hainke Kerstin, 85 Hervé Emilie, 86 Hirsh Colman Clara, 87 Jonckheer Karin, 88 Joschke Isabelle, 89 Katz Helene, 90 Keller Isabelle, 91 Keraudran Audrey, 92 Keryel Jean-Marie, 93 Krebs Stéphanie, 94 Lanièce Sasha, 95 Launay Marie, 96 Le Cam Anne, 97 Le Bars Bernard, 98 Le Berre Anne-Claire, 99 Le Blevec Yves, 100 Leconte Hadrien, 101 Le Draoulec Erwan, 102 LeFloch Marie, 103 Le Roy Pierre, 104 Letoublon Franck, 105 Le Turquais Tanguy, 106 Leven David, 107 Lhotellier Remi, 108 Liduena Manon, 109 Lipinski Ian, 110 Llorens Emilie, 111 Loison Alexis, 112 Marcel Pierre, 113 Meilhat Paul, 114 Meisel Pierre, 115 Menay Brice, 116 Mira Julie, 117 Mollard Eric, 118 Mongeau Alice, 119 Montagne Lucas, 120 Moreau Rachel, 121 Morellec Rose,122 Moullec Marianne, 123 Mouraud Aurélia, 124 Mousselon Allyson, 125 Nebout Achille, 126 Neyhousser Romaric, 127 Noesmoen Pierre , 128 Pasquette Jérôme, 129 Pella Alex, 130 Penven Julien, 131 Peyron Loïck, 132 Picaud Sébastien,133 Pilard Sandrine, 134 Pillain Axelle, 135 Pinta Marc, 136 Pinta Natalie, 137 Piquet Martin, 138 Place Jeremy, 139 Place Margaux, 140 Planning familial du pays de Lorient, 141 Ponsard Lebreton Alice, 142 Poujol Cécile, 143 Proffit Alice, 144 Prono Sébastien, 145 Puill Stephan Eneour, 146 Puupera Marianna, 147 148 Racine Hissette Gwenaëlle, 149 Raison David, 150 Roberts Alan, 151 Robin Laurence, 152 Robin Muriel, 153 Robiquet Nelson, 154 Rocher Julie, 155 Roucayrol Lalou, 156 Rouge Catherine, 157 Roura Alan, 158 Saccomandi Anne Laure, 159 Sancerni Deshayes Tiphaine, 160 Sanquer Anne-Charlotte, 161 Sebesi Lili, 162 Serafin Margosia, 163 Soriano Marie, 164 Stamm Bernard, 165 Toulorge Julie, 166 Tassin Djemila, 167 Tréhin Axel, 168 Trochet Capucine, 169 Turluche Tiphaine, 170 Ursault Poupon Morgane, 171 Van den Hove Astrid, 172 Vasseur Arnaud, 174 Vauchel Camus Thibaut, 175 Veniard Gérald, 176 Verceletto Sophie, 177 Verdier Guillaume, 178 Viant Sylvie, 179 Viau Marine, 180 Viau Patrick, 181 Viezzer Martin, 182 Waegemans Nelson
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