Einhand Weltumseglung: Zwei Deutsche bei Longue Route – „FANFAN!“ segelt wieder rund

Langer, einsamer Törn

Ein regelrechter Boom für Einhand-Nonstop-Weltumseglungsboom ist im Golden Globe Race-Jubiläumsjahr zu beobachten. Die Longue Route kommt  ganz ohne Brimborium aus.

Die Hocheesegelei, besonders wenn man sie einhand über sehr lange Strecken betreibt, ist längst zu einer Glaubensfrage geworden. Die Einen schwören auf bedächtiges, oft dem Müßiggang gewidmetes Tingeln über die Sieben Meere, möglichst in robusten, oft stäbigen Booten mit mehr oder weniger ausgeprägter Wohnkultur.  Wobei durchaus und gerne extrem lange Nonstop-Strecken absolviert werden – nur eben alles relaxed und sowieso gelassen.

Die anderen rasen solo auf filigran anmutenden Hightechmaschinen ohne jeglichen Komfort mit höchstem Sicherheitsrisiko über die Ozeane und lassen sich für Rekordzeiten feiern, die noch vor ein paar Jahren als schiere Utopie abgetan wurden. 

Golden Globe

Dass mit dem Golden Globe Race vor nunmehr 50 Jahren die „Mutter aller Einhandregatten“ erst- und einmalig durchgeführt wurde, ist im Jubiläumsjahr 2018 bereits zur Genüge durchgekaut worden. Das legendäre Rennen mit seinem einzigen Finisher Robin Knox-Johnston ist längst Legende und inspirierte Buchautoren, Filmemacher und Journalisten während der vergangenen Jahrzehnte. Und findet mit der Jubliäumsregatta Golden Globe Race 2018 eine mehr als angemessene Würdigung (SR-Berichte). 

Longue Route, bernard Moitessier, Weltumseglung
Ein bisschen kann man den „Strich“ des Zeichners Moitessier erkennen © longue route

Eher wenige haben sich darüber Gedanken gemacht, dass mit dem Golden Globe Race vor 50 Jahren auch der Grundstein für die oben erwähnte „Spaltung“ der Einhand-Langfahrt-Segler vollzogen wurde. Denn für die einen war Robin Knox-Johnston auf seiner „Suhaili“ als Gewinner der Golden Globe Trophäe und der Prämie für die bis dato schnellste Einhand-Nonstop-Weltumseglung  der Hochseesegler des Jahrzehnts,  vielleicht sogar des Jahrhunderts. 

Viele andere feierten jedoch ihren Helden Bernard Moitessier, der sich angesichts des zu erwartenden Rummels bei Beendigung seiner (überaus schnellen) Gloden-Globe-Weltumseglung lieber für ein Leben in Ruhe und Zurückgezogenheit auf See entschied. Moitessier drehte bekanntlich zu einer weiteren Zwei-Drittel-Weltumseglung ab, nachdem er bereits das Kap Hoorn passiert hatte, somit auf der „Zielgeraden“ war und segelte nochmals mit den vorherrschenden Windrichtungen durch den Southern Ocean in seine geliebte polynesische Südsee. Um seine Seele zu retten, wie er seiner Frau schrieb. Die Mitteilung katapultierte er per Zwille auf einen vorbeifahrenden Frachter .

Wie lässig er das damals erledigte und welche philosophischen, mitunter sogar visionären Gedanken Moitessier zu dieser Entscheidung brachten, hatte er in einem der erfolgreichsten Bücher übers Langfahrtsegeln niedergeschrieben. „La Longue Route“ heißt dessen Titel im Französischen (Deutsch: Der verschenkte Sieg). 

Longue Route

Genau so nennen nun auch französische Enthusiasten ihre Einhand-Nonstop-Weltumseglungs-„Veranstaltung“, die im Sinne ihres großen Idols Bernard Moitessiers ebenfalls in diesem „Golden Globe“ Jubiläumsjahr gestartet wird. 

Longue Route, bernard Moitessier, Weltumseglung
Bernard Moitessier – der Publicity-Verweigerer ist großes Vorbild der Longue Route Teilnehmer © longue route

Deren Regeln sind schnell erklärt, weil es kaum Regeln gibt: 1. Den Startzeitpunkt zwischen dem 18. Juni 2018 und 30. September 2019 kann jeder selbst wählen. 2. Der Starthafen sollte in Europa nördlich von 45° Nord, in Amerika nördlich von 41°Nord liegen. 3. Das teilnehmende Boot darf nicht länger als 52 Fuß/16 Meter sein – um in den groben Längenmaßen von Moitessiers legendärer „Joshua“ zu bleiben. 4. Jegliche Ausrüstung, Sicherheitsequipment oder Navigationsbesteck ist Sache der Skipper. 5. Es gibt keine Teilnahmegebühren. 

Die französischen Organisatoren der „Longue Route“ gehen damit bewusst auf Distanz zur professionell durchorganisierten Golden Globe Jubiläumsregatta, die am 1. Juli 2018 in einem Flottenstart auf die Reise um den Erdball geschickt wird. Vor allem die Begriffe „Regatta“ oder „Rennen“ vermeiden sie penibel – „La Longue Route“ soll eher eine Wallfahrt im Esprit des Bernard Moitessiers werden. Freilich eine lange Pilgerfahrt, denn die meisten der 26 „Longue Route“-Teilnehmer veranschlagen deutlich mehr als 200 Tage für ihre Weltumseglung. 

Mehr Teilnehmer, weniger Geld

26 Teilnehmer? Richtig gelesen, die nicht-kommerzielle Longue Route hat sieben Boote mehr als das GGR auf ihrer Starterliste. Was mit Sicherheit auch auf die entfallenen Teilnehmerkosten zurückzuführen ist. Golden Globe Teilnehmer müssen dem Australischen Organisator umgerechnet 9000 Euro entrichten, die Sie allerdings erstattet bekommen, wenn sie schneller als seinerzeit Knox-Johnston um den Globus segeln. Wer eigene Sponsoren am Boot anbringen will, der muss 3.000 Euro an die Wettfahrtleitung löhnen.

Mit solch schnödem Mammon geben sich die Moitessier-Jünger gar nicht erst ab. Sie halten den Organisations-Aufwand so gering wie möglich, betreiben eine eher rudimentäre Website und versammeln als „Event“ lediglich ein Mal einige der Teilnehmer. Und zwar stilecht am 16. und 17. Juni 2018 in Bono, dem bretonischen Fischerort, wo Bernard Moitessier begraben wurde (SR-Bericht). 

Susanne Huber-Curphey ist eine von zwei Deutschen TeilnehmerInnen bei der Longue Route © trans ocean

Unter den 26 Longue Route-Teilnehmern, darunter zwei Frauen, sind acht Nationen vertreten, darunter zwei deutsche Segler. Der 60-jährige Georg Schimmelpfennig wird auf seiner Aluminium-Yacht  „Thekla“ voraussichtlich am 18.8.18 in Bremerhaven zum großen Rundumschlag starten. Und die mittlerweile in Blauwasserseglerkreisen legendäre Weltenbummlerin Susanne Huber-Curphey – erste Frau, die einhand die Nordwestpassage bezwang und bereits mehrfach die Welt in Etappen umsegelte – will von Fairhaven in den USA voraussichtlich am 17.7.18 starten. 

Ins Leben gerufen wurde die „Longue Route“-Jubiläumsveranstaltung ohne Regattaambitionen von dem französischen Langstreckensegler Guy Bernardin, der mit 74 Jahren fünf Weltumseglungen und sechs Kap Hoorn-Rundungen auf der persönlichen Logge hatte. Guy verstarb jedoch im letzten Jahr (ausgerechnet) bei der Transatlantik-Überführung seiner Yacht „Spray of St. Briac“, dem einzigen originalgetreuen Nachbau von Joshua Slocums mythischer „Spray“, mit der er an der „Longue Route“ teilnehmen wollte.

Lieber ohne Brimborium

Allen Sympathien für die regattabegeisterten Golden Globe-Teilnehmer oder die eher pilgernden Longue-Route-Segler zum Trotz – es geht auch anders! 

Zumindest muss sich das  Joanna „Asia“ Pajkowska gedacht haben. Die Polin gilt als eine der erfahrensten Hochseeseglerinnen weltweit und hat im vergangenen Jahr gemeinsam mit Uwe Röttgering die „Twostar“ Transatlantik-Regatta auf der Class 40 „Rote 66“ gewonnen. Pajkowska (Jahrgang 58) hat bereits mehrere Weltumseglungen hinter sich.

Deutlich mehr als 220.000 Meilen liegen in ihrem im Kielwasser. Dabei ist sie überwiegend alleine gesegelt. 2009 absolvierte sie eine Einhand-Weltumsegelung von Panama und zurück mit einem Stopp auf einem Serienboot vom Typ Mantra 28. Sie benötigte für die gut 25.000 Meilen lange Strecke 198 Tage. Ganz zu schweigen von Dutzenden Transatlantik-Crew-Rennen. 

Longue Route, bernard Moitessier, Weltumseglung
Asia Pajkowska will das bisschen Einhand-Nonstop-Weltumseglung auf „Fanfan“ ohne externe Organisation erledigen © Uwe Röttgering

Nun will sie es wieder wissen. Mit der für sie typischen Publicity-Scheu will sie im September 2018 in Plymouth ohne Brimborium zu ihrer ganz persönlichen Nonstop-Einhand-Weltumseglung ablegen. Einfach so, aber nicht minder im Sinne der Golden Globe oder eines Bernard Moitessier. 

Joanna „Asia“ Pajkowska wird auf Röttgerings legendärer „FANFAN!“ unterwegs sein, die von den beiden letzte Woche in Kröslin nach mehrjährigem Landaufenthalt wieder ins Wasser gelassen wurde. Eine Aluminiumyacht, die mit Röttgering die Welt bereits im Fahrtenseglermodus umrundete. Und nun ziemlich heiß darauf sein dürfte, Asia zu zeigen, was sie noch so alles „drauf“ hat! 

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