Germar Brockmeyer, DSV-Generalsekretär, erklärte am Morgen im SR-Podcast die Probleme mit den neuen Führerschein-Plänen des Verkehrsministeriums. Nun erläutert der DSV seine Kritik noch einmal per Pressemitteilung.

„Die geplante Sportschifffahrtsverordnung ist aus Sicht des Deutschen Segler-Verbands (DSV) rechtswidrig, unverhältnismäßig und nicht geeignet, die Sicherheits- und Entbürokratisierungsziele der Bundesregierung zu erreichen. Das geht aus der offiziellen Stellungnahme hervor, die der DSV heute dem Bundesministerium für Verkehr (BMV) übermittelt hat.
Nach Auffassung des DSV verstößt der Entwurf gegen zentrale Prinzipien des Verfassungsrechts. Die Erteilung von Sportbootführerscheinen ist laut Grundgesetz eine hoheitliche Aufgabe, die Privaten grundsätzlich nur per Beleihung übertragen werden könne. Dennoch sieht der Entwurf vor, die Verantwortung künftig nicht-beliehenen Verbänden zu übergeben – ohne Fach- oder Rechtsaufsicht und ohne Vorgaben zur Qualitätssicherung. Damit wird der Staat seiner Aufgabe nicht mehr gerecht, die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auf den Bundeswasserstraßen zu gewährleisten.
„Wenn Prüfungen künftig ohne staatliche Aufsicht durchgeführt werden, ist das ein gefährlicher Rückschritt. Der Staat darf sich nicht aus seiner Verantwortung für die Sicherheit auf unseren Wasserstraßen zurückziehen“, erklärt DSV-Generalsekretär Germar Brockmeyer.
Unzureichendes Gutachten als Grundlage
Als Begründung für die Abschaffung des amtlichen Sportbootführerscheins (SBF) verweist der Entwurf auf ein vom BMV in Auftrag gegebenes Gutachten der Bundesanstalt für Wasserbau. Dieses untersucht jedoch ausschließlich den Binnenbereich und schließt Seeschifffahrtsstraßen ausdrücklich aus. Das Gutachten selbst zeigt keinerlei Notwendigkeit, den amtlichen SBF abzuschaffen. Im Gegenteil: Es bestätigt die niedrige Unfallrate durch das bestehende System und identifiziert Unfallhäufungen dort, wo nicht-amtliche Zertifikate (Charterbescheinigungen) ausreichen.
Wegfall staatlicher Aufsicht wird zu Preisdumping und Qualitätsverlust führen
Künftig sollen keine amtlichen Prüfungsgebühren mehr erhoben werden, sondern die Preisgestaltung würde vollständig dem Markt überlassen. Dies führt aus Sicht des DSV unweigerlich zu intransparenten Preisstrukturen und Preisdumping zulasten der Prüfungsqualität. So entsteht ein System, das weder fair noch transparent wäre und die Sicherheit im Wassersport langfristig gefährden würde.
Verbandsscheine nur befristet gültig
Der Wegfall des bewährten, international anerkannten amtlichen Sportbootführerscheins würde für erhebliche Verunsicherung sorgen. Verbandsscheine sollen künftig nur befristet anerkannt werden und könnten jederzeit entzogen oder neu vergeben werden.
Sogar bereits ausgestellte Scheine könnten ihre Gültigkeit nachträglich verlieren, wenn Verbände ihre Selbstverpflichtungen nicht einhalten. Diese Unsicherheiten sind aus Sicht des DSV weder zumutbar noch praktikabel.
Mehr Bürokratie, weniger Service – deutliche Nachteile für Bürgerinnen und Bürger
Entgegen der angekündigten „Modernisierung“ und des „Bürokratieabbaus“ führt die Neuregelung darüber hinaus zu spürbaren Verschlechterungen für die Bürgerinnen und Bürger. Anstatt Bürokratie abzubauen, werden intransparente und widersprüchliche Anforderungen und neue Hürden geschaffen:
- Deutlich weniger wohnortnahe Prüfungsorte, insbesondere im Binnenland.
- Lange Wege für Prüfungen auf Seeschifffahrtsstraßen, da vollumfängliche Prüfungen nur noch an der Küste möglich wären.
- Wegfall etablierter und stark frequentierter Prüfungsstandorte wie Bodensee, Chiemsee, IJsselmeer oder Mittelmeer.
- Wiederholungsprüfungen erst nach vier Wochen, statt wie bisher kurzfristig.
- Nach wie vor strengere Tauglichkeitsanforderungen als im Straßenverkehr.
- Ein erheblicher Mehraufwand für ehrenamtlich organisierte Ausbildung in den Segelvereinen.
„Wir haben dem Ministerium in den vergangenen Jahren verschiedene Vorschläge zur Digitalisierung und zum Bürokratieabbau unterbreitet, aber diese finden leider so gut wie keine Berücksichtigung,“ erläutert Germar Brockmeyer. „Darüber hinaus bleiben viele zentrale Punkte des Entwurfs unklar und viele Fragen offen.“
Der DSV fordert, das bestehende System der staatlichen Beleihung und damit den amtlichen Sportbootführerschein nicht abzuschaffen, sondern die Beleihung zu öffnen und gezielt zu modifizieren. Das Prüfungsverfahren sollte digitalisiert und vereinfacht werden, mit dem Ziel, die Bürgerinnen und Bürger zu entlasten. Der DSV begrüßt die Ankündigung des Verkehrsministeriums, weitere strittige Punkte – wie Ausrüstungsvorschriften, Seekarten und Boardsport – in Fachgremien weiter zu erörtern.“
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Quelle: DSV
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