Stephan Bodens Kolumne: Der kapriziöse Weg zum Funkschein

„Ab sofort alles vergessen und ab in die reale Funkwelt“

Prüfungen können mächtig in die Hose gehen. Übrigens auch anders, als gedacht. Ein Erfahrungsbericht vom SRC.

SRC Funkschein
„Beschränkt“ © Stephan Boden

“Den Prüfungsort und das genaue Datum teilen wir Ihnen zwei Tage vor der Prüfung in einer Rundmail mit.” Diese eMail sollte nicht das Einzige sein, was mich bei der Prüfungsanmeldung gewundert hat. Die Mail kam ein paar Wochen nach meiner Anmeldung, die im Internet zwar als “Online-Anmeldung” betitelt wird, aber alles andere als das ist. PDF runterladen, ausfüllen, unterschreiben, ausdrucken. Ausdrucken, weil man die “Online-Anmeldung” postalisch zusenden muss. Also als Brief mit Marke. Digitalisierung ist kein Zauberwort.

Bei der Anmeldung wählt man Datum, Uhrzeit und Ort aus, was Sinn macht. Einige Wochen später jedoch eine Mail zu bekommen, die sich liest wie der Plan für eine Lösegeldübergabe, ist sinnlos.

Wie eine Lösegeldübergabe. Mail zur SRC Prüfungsanmeldung

Die Rundmail kam dann pünktlich zwei Tage vor der Prüfung. Leider war dort zwar der richtige Wochentag, aber das falsche Datum aufgeführt, und zwar das Datum der Mail. Übrigens stand im Mailtext auch keine Adresse. Die musste man sich aus der Signatur raussuchen. In diesem Moment denke ich zum ersten Mal: “Wenn ich bei der Prüfung auch so viele Fehler mache, falle ich sicherlich durch.” Fun Fact: Auch bei der Prüfung schlichen sich einige Ungereimtheiten und Fehler ein.

Fehler in der Prüfung – auf der falschen Seite 



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Zunächst stand das Diktat auf dem Plan. Ein auf Englisch vorgelesener Text muss mitgeschrieben und anschließend übersetzt werden. Danach wird ein deutscher Text ins Englische umgeschrieben. (Rechtschreibfehler habe ich übrigens nicht übernommen). Warum in Deutschland auf Englisch geprüft wird, frage ich mich schon länger, aber erst recht seit ich weiß, dass das SRC zum Beispiel in Frankreich nur auf französisch abgelegt wird. Übrigens auch für Deutsche, die den Schein in Frankreich machen.

Dazu eine schöne Geschichte, die mir gerade eine Seglerin erzählte, die ihren Liegeplatz in den Niederlanden hat. Dort hörte sie einen deutschen Skipper eine Schleuse anfunken: 100% UBI-SRC-Lehrbuch-konformer Funkspruch, alles in englischer Sprache. Die Antwort des niederländischen Schleusenwärters kam auf Deutsch: „Herzlichen Glückwunsch zur bestandenen deutschen Funkprüfung!“ 

Nach dem Diktat wurden die Prüfungsbögen verteilt. Ich bekam Bogen Nr. 3, füllte ihn in vier Minuten aus, gab ihn ab und durfte nach draußen. Theorie bestanden.

Wenn ich gewusst hätte, dass ich dort die nächsten vier Stunden in der warmen Sonne herumsitzen müsste, hätte ich mir eine Klappliege mitgenommen. In der Ausbildung wird einem erzählt, dass die praktische Prüfung etwa 15 bis 20 Minuten dauert. Unsere Prüfer nahmen sich wesentlich mehr Zeit, so dass für zwei Prüflinge immer so 45 bis 50 Minuten draufgingen. Zum Glück hatte ich eine Literflasche Wasser dabei, was andere nicht hatten. Es war sehr warm an dem Tag, die Leute wurden durstig, aber sich vom Gelände zu entfernen, wollte niemand wagen, weil man nicht gesagt bekommt, wer wann dann ist. Auf die Idee, ein paar Flaschen stilles Aldi-Wasser hinzustellen, kommt bei der Prüfungsorganisation offenbar niemand. Wahrscheinlich wäre das bei 128 Euronochwas Euro Prüfungsgebühr auch zu viel verlangt.

Durst und Nerven

Irgendwann war ich dann mal dran. Und damit begann eine kleine, sehr putzige Fehlerkette. Unsicherheiten bei der Einrichtung des UKW-Gerätes, gefolgt von einer falsch zugeteilten Aufgabe. Fällt man damit durch? Nein, denn die Fehler lagen nicht auf meiner Seite. Ich bekam eine Aufgabe eines falschen imaginären Schiffes, die nicht zu den Angaben (Schiffsname, Callsign, MMSI) meines Funkgerätes passten. Da mir das recht früh auffiel, merkte ich das zwar an, es wurde aber so gelassen. Das wiederum führte dann zu einem sehr putzigen Notruf, bei dem auch ich durch die Verwechslung Fehler machte. Weshalb man meiner Bitte, nochmal von vorn zu beginnen und die richtige Aufgabe zuzuteilen, nicht nachkommen wollte, weiß ich nicht. Stattdessen sollte ich “irgendwo nochmal neu ansetzen”, was aber dann beim irgendwo-nochmal-neu-ansetzen offenbar nicht dem entsprach, was sich die Prüfer unter irgendwo-nochmal-neu-ansetzen vorstellten, wobei sie auch untereinander sehr uneins waren. War ich vor der Prüfung ruhig und entspannt, weil ich sehr intensiv gelernt hatte, erreichten meine Nerven wegen der ganzen Fehlerkette während der Prüfung volle Betriebstemperatur. Soll heißen: ich war genervt. Und durstig, weil mein Wasser mittlerweile auch leer war.

Zum Glück lief der Rest gut, bis auf kleine Meinungsverschiedenheiten/Differenzen in der Auslegung. Dann eine mündliche Frage und ich bekam den Schein überreicht. Warum weiss ich ehrlich gesagt nicht. Mir wäre es lieber gewesen, alles nochmal zu machen. Und zwar von allen Seiten korrekt.

Fazit: Nun habe ich lange und viel gelernt – vor allem, dass in der Praxis ganz anders gefunkt wird. Ich schrieb darüber. Nun kann ich alles einfach wieder vergessen und meine Handquetsche endlich nutzen. Der Weg zum Schein indes war in meinen Augen eine einzige Katastrophe, sowohl was die zu lernenden, praxisfremden Inhalte angeht, die Anmeldung zur Prüfung, die Abwicklung und die Prüfung selbst.
Was bleibt von diesem ganzen Tag? Die Erkenntnis, dass man für 128 Euronochwas eine ganze Menge bekommt: einen Schein, Durst, Hunger, Sonnenbrand und abgewetzte Nerven. Und nun heißt es: sofort alles vergessen und ab in die reale Funkwelt.

8 Antworten zu „Stephan Bodens Kolumne: Der kapriziöse Weg zum Funkschein“

  1. Sven 14Footer

    sagt:

    Wenn man den Grund für den Sinn von englischer Konversation im UKW Funk hinterfragen möchte, empfehle ich die Lektüre des Untersuchungsberichts zum Auflaufen der Mumbai Maersk in der Weser. Hier haben sich der Lotse und alle offiziellen Stellen an Land per Funk auf Deutsch unterhalten. Der dänische Kapitän konnte noch halbwegs folgen. Der Indische 3. Offizier war aber ausgeschlossen.
    Wenn ich als Sportschiffer eine Schleuse nach der nächsten Schleusung fragen möchte, ist das sicherlich weit weniger kritisch.
    Die Frage ist, sollte eine Prüfung den schlurigen Alltag abbilden oder wie es eigentlich richtig ist? Rechtschreibfehler und Umgangssprache kommen im Alltag immer wieder vor. Trotzdem lernen wir in der Schule, wie wir richtig schreiben und uns ausdrücken.
    Liest man sich die Berichte der BSU durch, stellt man fest, dass oftmals schludrige und unklare Absprachen über Funk mit ursächlich für Kollisionen sind.
    https://www.bsu-bund.de/SharedDocs/pdf/DE/Unfallberichte/2025/Untersuchungsbericht_37_22.pdf?__blob=publicationFile&v=1

    1. Lieber Sven, ich gebe Dir recht. Allerdings liegt das, was Du beschreibst, nicht im Bereich des SRC.

  2. Ulrich Jäger

    sagt:

    Bin aber vor allem darauf gespannt, ob Du Stephan hier noch Giselas Callsign und MMSI veröffentlichst, damit wir dich alle erreichen können, wenn Du deine quasioptische Funkreichweite erweiternd mit der Handfunke deinen renovierten Spruce Mast erklimmst . Hoffe dabei auf gute Formstabilität von Gisela , damit ihr nicht kentert . Vor allem wünsche dir und deiner Familie eine gute Saison mit fair Winds and gentle Waves.

    1. Da ich nur ne Handpuste habe und keine Funkanlage, ist das mit der MMSI hinfällig. Ansonsten DA9767 😉

  3. Ulrich Jäger

    sagt:

    Leider ist die flüssige Kommunikation in englischer oder französischer Sprache in Deutschland nicht jedem gegeben, was eine Prüfung im Ausland nicht für jeden zugänglich macht. Vielleicht ist es dennoch gut zu wissen, dass es im Gegensatz zum Sportbootführerschein nicht nötig ist, das SRC Zertifikat in Deutschland zu machen .Solange die Prüfungsstandards den europäischen Normen für das SRC entsprechen, also ITU und CEPT/ERC 31-04. Ein Hoch auf Europa, manchem kann sich die deutsche Kleinkrämerei dann doch nicht entziehen.

  4. Pogo_850

    sagt:

    Ich hab beim Lesen Tränen gelacht.
    So ähnlich habe ich das auch erlebt und aufgrund der bei uns sehr absurden Aufgabenstellung nur bestanden, weil mein Nebenmann und ich eine sehr nette und leidensfähige Prüferin erwischt hatten.

    In Frankreich, auf einer mehrwöchigen Überführungsfahrt dann oft Häfen auf Englisch angefunkt – und NIE eine Antwort erhalten.
    Als dann irgendwann meine Frau mit an Bord war und das auf Französisch gemacht hat, kam jedesmal ne Antwort…;-)

    Theorie und Praxis eben.

    Das Ding an Bord zu haben ist wichtig, aber dieser Deutsche Scheinwahnsinn ist schon absurd.

    Schöne Grüße

    1. Ich war mal mit einem Freund aus den USA in der Bretagne. Da ihn niemand verstehen wollte, wenn er in der Bäckerei „one Baguette please“ bestellte, switchte er irgendwann um. Auf „au revoir“ antwortete er dann immer so:“I love you, too, Baby.“

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      1. Thomas Jung

        sagt:

        Wesentlich wäre es, neben einer Einweisung in so’n Funkgerät den Perspektivwechsel anzusprechen. Also: was wird ein Empfänger meiner Nachricht tun/sagen?
        Nicht hilfreich war eines Sommers ein oft wiederholter Funkspruch in Deutsch: “ hier ist die Segelyacht alles okay. Hört mich jemand?“ Immer wieder. Sonst nix, warum die „Alles Ok“ gern gehört werden wollte. Schließlich stellte sich heraus, die deutsche Yacht war im Grossen Belt auf einen Betonklotz eines Brückenpfeilers geraten und kam nicht wieder los. Lyngby Radio
        erbarmte sich und lotste die Kommunikation vorsorglich auf
        Mobiltelefon um.

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