Stephan Bodens Kolumne: Über Kosten, Rattenschwänze und Geldverbrennung

„Duldungsstarre“

Der über 70 Jahre alte Jollenkreuzer “Gisela” wird noch immer an Land auf die Saison vorbereitet.  Was man dazu braucht? Geld, Zeit und gute Nerven.

Jollenkkeuzer Gisela
Gisela und ihr Mast. © Stephan Boden

“Was braucht das Schiff? Zwischenschliff, Zwischenschliff!”

Da ich in Schleswig bei Ilensee-Boote in einer auf Holzbootsbau spezialisierten Werft liege, höre ich öfter mal solche Bootsbauersprüche. Ein anderer lautete: “Alles unter einem Zoll, schmier’n wir mit Epoxi voll.”

Mit diesen Sprüchen sind meine derzeitigen Arbeiten ganz gut umschrieben. Eigentlich wollte ich nur den alten Lack vom Holzmast und vom hölzernen Vorstag abziehen und alles neu lackieren. Aber da das Wort “eigentlich” bei Booten sehr häufig eine Rolle spielt, habe ich als Ergebnis nun ganze Rattenschwänze abzuarbeiten. Das Vorstag: mehrfach gebrochen und Totalschaden. Der Mast: reichlich schadhafte Stellen und Risse.

Holzmast Refit
„Alles unter einem Zoll, schmier’n wir mit Epoxi voll.“ ©Stephan Boden

Rattenschwanz Beispiel Nr. 1

Das alte, feste Holzvorstag ist Geschichte, ich schrieb darüber. Frog Sails in Schleswig macht mir nun ein neues Stag aus Draht. Das allerdings ist komplexer als gedacht. Denn die schöne Rollanlage soll weiterhin genutzt werden. Deshalb muss sich auch das Fall mitdrehen, was einen neuen Beschlag am Mast erfordert und alle bestehenden und weiterhin genutzten Beschläge darauf angepasst werden müssen. Trivial ist was anderes.
Der Rattenschwanz geht weiter. Denn weil das bisherige Vorstag fest und starr war, benötigte das Boot kein Achterstag. Nun ist das Drahtvorstag weder fest noch starr und deshalb braucht Gisela nun eine Verstagung nach achtern.



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4 Antworten zu „Stephan Bodens Kolumne: Über Kosten, Rattenschwänze und Geldverbrennung“

  1. Sven 14Footer

    sagt:

    Da gibt es noch einen Punkt der schwer wiegt. Die aufgewendete Zeit.
    Was könnte man mit der vielen Zeit alles Schönes machen?
    Nun werden einige Sagen, mir macht es Spaß am Schiff zu arbeiten. Es ist ein toller Ausgleich zum stressigen Bürojob. Es erfüllt mich mit Freude den Mast im neuen Lack glänzen zu sehen.
    Als Familienvater, der gerade sein U-Schiff abgezogen, abgekrazt hat und mit neuer Epoxi Grundierung versehen hat, frage ich mich: hätte ich die viele Zeit nicht besser mit meinen Kindern verbracht?

    1. Moin. Das Thema Zeit lasse ich als Freiberufler und Vater eines 5 Jahre alten Sohnes aus dem Kopf, weil ich sonst den Wahnsinn abschaffen müsste. 😉
      Grüße

  2. Segeldan

    sagt:

    Lieber Stephan, über die ökologischen Kosten der Aktion, die vermutlich ebenso schwer wiegen, wie die monitären, mag man lieber nicht nachdenken …

    Aber was ist die Alternative? Ein Jolli ohne Mast – das ist auch nicht lustig …

    Herzlich, D

    1. Stimmt, aber ich minimiere. Mein E Auto lädt ausschließlich Ökostrom. Das hilft schonmal. Und letztlich ist ein Boot, dass nach 71 Jahren noch genutzt wird, nachhaltiger als ein Neues. Von daher ist mein Gewissen nur leicht angekratzt, von Einweg Pinseln und Abklebeband.

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