Streiflicht: Die Quest-Crew wurde von Piraten ermordet. Röttgering nimmt Stellung

Piraten. Täter oder Opfer?

Vergangene Woche wurde die unter US Flagge segelnde Yacht Quest von somalischen Piraten im Indischen Ozean mit vier Seglern an Bord gekapert. Der Fall ist mir unter anderem deswegen nahe gegangen, weil ich das Skipperpaar Jean und Scott Adam kannte. Während meiner Weltumsegelung war ich 2002 bei ihnen einen Abend am Ankerplatz in Tahiti zu…

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26 Antworten zu „Streiflicht: Die Quest-Crew wurde von Piraten ermordet. Röttgering nimmt Stellung“

  1. Christian

    sagt:

    In dieser Diskussion hier geht einiges durcheinander.

    1) Die Piraterie nicht nur vor Somalia ist ein knallhartes, brutalisiertes Geschäft. Die Piraten selbst sind indes oft angeheuerte Söldner aus der Armutsbevölkerung, die bei ihrem Job oft genug selbst ihr Leben lassen. Wenn sie töten, sind sie Täter. Aber sie sind auch Opfer der Verhältnisse. Diese komplexe Realität überfordert offensichtlich so manches Analyseraster.

    2) Der Westen hat, nachdem er ein gerüttelt Maß an Mitverantwortung für die politische und soziale Misere in Somalia trägt, nicht mehr zu bieten als militärische Pirateriebekämpfung. Diese wirkt oft nur eskalierend, wie im vorliegenden Fall, als die Ermordung der vier Entführten im Anschluss an einen Angriff durch US-Marine erfolgte. Ursachenbekämpfung sieht anders aus.

    3) All die Leute, denen es egal ist, wenn z.B. in Libyen mit deutschen Waffen Demonstranten zusammengeschossen werden, rufen nun nach hartem Vorgehen gegen die Piraten, die „unser“ Recht auf Schiffahrt vor der der somalischen Küste unterminieren. Hier geht es nur um blankes Eigeninteresse; man möge sich bitte nicht auf moralische Werte berufen, das klingt wenig glaubwürdig. Ein besonders beeindruckendes Beispiel für die verbreitete Doppelmoral liefert der Chef der Beluga-Reederei Stollberg. Er fordert besseren Schutz der Schiffahrt (durch westliche Marine). Seine Schiffe wie z.B. die gekaperte Beluga Nomination lässt er indes unter der Flagge von Antigua und Barbuda fahren, um ja keinen Cent zuviel Steuern zu bezahlen. Genau diese Sorte eigennütziger Moral sorgt für den schlechten Ruf des Westens, nicht nur in Afrika. Und liefert den Warlords die Scheinlegitimation für ihr ebenso eigennütziges Vorgehen.

    5) Das „Leben deutscher Seeleute und Soldaten“ scheint einigen hier mehr wert zu sein als das von Somaliern. Genau darin liegt das Problem. Solange dieses Denken vorherrscht, darf man sich über den real existierenden Krieg vor der somalischen Küste nicht wundern; dieses Denken trägt nichts zu seiner Beilegung bei, sondern verlängert ihn.

  2. Peter

    sagt:

    Piraten, Piraten, wahrscheinlich ist diese Bezeichnung einfach zu sehr romantisiert. Selbst Seeräuber hat nicht unbedingt eine negative Konotation. Ich bin aber entsetzt, dass hier offenbar einige sich nicht von dieser (Hollywood)-Besetzung der Begriffe lösen können. Danke Manfred und Michael für die sachliche Klarstellung der Tatsachen.

  3. Verena

    sagt:

    arme fischer? für mich sind diese piraten 2.0 kriminelle, deren verhalten durch nichts zu rechtfertigen ist.

    glaubt denn jemand, dass die herrschaften erpresste lösegelder robin-hoodlike an die armen seelen an land verteilen? also, ich nicht…

  4. Manfred

    sagt:

    Ich empfehle erstmal g r ü n d l i c h den Röttgering zu lesen und sich ausreichend zu informieren bevor man hier Mitleid mit Mördern, Erpressern, einfach gesagt mit Seeräubern hat und dazu auch noch den Autor oder andere Kommentatoren beschimpft. Mit kuscheln und Gutmenschentum ist im betroffenen Gebiet leider nichts mehr zu erreichen. Vielleicht habt ihr mitbekommen wie die „Seeräuber“ inzwischen bewaffnet und organisiert sind. Allein die Prisen dieses Jahres haben ihnen z.B. Speedboote und Yachten (durch aufbringen der „MS Beluga sowieso“) zur Tarnung, für größere Reichweiten usw. gebracht. Mutterschiffe mit großen Reichweiten sind den Taiwanesen geklaut. Wissen wir ob die Mannschaften noch leben? Da muss die internationale Gemeinschaft schnellstens ran. Da aber auch im Bundestag lieber ausführlich über Plagiate diskutiert wird, als über die Sicherheit und das Leben deutscher Seeleute und Soldaten (OK, weit hergeholt aber doch ein Aufregerthema) sehe ich derzeit vielleicht nur die Russen in der Lage einen Gegenpol zu den Verbrechen im Indic herzustellen. Dabei wäre es durch Überwachung der Geldströme und Verfolgung der Drahtzieher, durch abschotten der Häfen (man, wie einschüchternd wirkt so eine Riesenfregatte oder gar ein Flugzeugträger vor diesen Schlupflochhäfen) um Nachschub an Personal und Proviant zu unterbinden Just my 2¢.

  5. Auslöser der Piraterie waren tatsächlich die europäischen Raubfischer vor der Küste Somalias, der Bürgerkrieg, Armut und Hunger. Aber das ist doch unterdessen Folklore. Heute sind das hoch effizient organisierte Kriminelle, die vollkommen skrupellos Millionenumsätze machen, Seeleute verschleppen (zur Zeit etwa 700), systematisch foltern, töten. Wenn ihr mehr darüber wissen wollt, schaut euch mein Blog an: http://piraten.tumblr.com/ und/oder lest mein neues Buch Piratenterror http://www.delius-klasing.de/buecher/wassersport/segeln/unterhaltung/erlebnisberichte/Piraten-Terror.21614.html

    Gegen Piraterie hilft nur konsequentes Vorgehen der Ordnungsmächte. Das heißt: vessel protection teams an Bord der Schiffe, Küstenwache vor Somalia, internationale Ächtung von Lösegeldzahlungen. Mit Kriegsschiffen und Marines in der Gegend herumfahren, die nichts machen können, außer vorbeizukommen, wenn es zu spät ist (siehe QUEST), nützt nichts.

    @Hurghamann – Die Studie ist aus Norwegen ist prima – wenn man sich für die aktuelle Geschichte der Piraterie interessiert. Sie stammt aus dem Jahr 2009 und verwendet als aktuellsten Stand der Dinge das Jahr 2008. Aber mit dem, was heute im Indischen Ozean passiert (Mutterschiffe, Lösegeldindustrie) hat sie nichts mehr zu tun.

    1. Hurghamann

      sagt:

      Du hast recht, taufrisch ist die Studie nicht, mein Verweis auf die Selbe war in erster Linie gegen die unerträglichen Verständnissheuchler für Mord und Totschlag gerichtet. Das deren Argumentation nicht tragfähig ist belegt die Studie meiner Ansicht nach zu genüge.
      Dass leider dieser Geschäftszweig in den letzten 3 Jahren eine beispielhafte Professionalisierung erfahren hat ist eine Herrausforderung der wir uns stellen müssen.

  6. Immanuel

    sagt:

    Lieber Uwe!

    Der Umstand, dass Du es vorziehen würdest potentielle Feinde zuerst zu erschießen und dann zu Ihren Absichten zu befragen, stellt, die in dem „Flyer“ ausgeführten Zusammenhänge zwischen „Piraterie“, Armut, Reichtum und Weltwirtschaftsordnung nicht in Frage.

  7. Hurghamann

    sagt:

    Ich kann sowohl den „Sozialromantikern“ als auch der „Rübe ab Fraktion“ die ausgezeichnete Untersuchung von Stig Jarle Hansen „Piracy in the greater Gulf of Aden“ unter
    http://en.nibr.no/uploads/publications/26b0226ad4177819779c2805e91c670d.pdf
    zur Lektüre empfehlen.
    Ich habe in Bezug auf die Piraterie, deren Ursachen und Organisation noch nichts gelesen was sich eigehender und differenzierter mit der Thematik auseinandersetzt. Zum einen gründlich mit den Vorurteilen der ach so verhungernden Somaliern in einem angeblich nicht funktionierenden Staat aufräumt aber auch u.a. die unrühmliche Rolle unserer spanischen Freunde bei illegaler Fischerei beleuchtet.
    Englischkenntnisse notwendig.
    -lest und dann diskutieren wir weiter-.

  8. Jürgen

    sagt:

    Die Denke von dem Robert kann man nur als abartig bezeichnen. Piraterie und damit Mord „mag“ nicht strafbar und verwerflich sein, sondern IST es. Würde dieser Robert auch noch solche abstrusen Gedanken haben, wenn einer seiner Familienangehörigen von den somalischen Verbrechern umgebracht würde?Gleiches gilt auch für die Verfasser des Flugblattes, ein Verein namens „Karawane“ mit Sitz in Bremen (typisch), der schon eng am Tatbestand der „kriminellen Vereinigung“ vorbeischrabt.

  9. Robert

    sagt:

    Lieber Uwe, auch wenn ich deine Kommentare sonst sehr schätze: das ist doch eine sehr deutsche Sicht.

    Ich bin mir sicher: zumindest ich wäre als Somalier ebenfalls Pirat geworden. Dass das strafbar und verwerflich sein mag – geschenkt. Aber immer noch besser als zu verhungern oder Mitglieder der eigenen Familie verrecken zu sehen.

    “Der erste Schuss zwischen die Augen, der zweite zur Warnung.” Lustig!! Wenn die Somalier in einem faktisch nicht existenten von unserem moralischen Verständnis abweichen, dann sind das „Verbrechen“. Wenn wir aber in schreckhaften Situationen lieber „auf Nummer sicher gehen“ und „die Angst um das eigene kleine Leben“ die „Maßstäbe schnell verschiebt“, dann ist das selbstverständlich was anderes?

    Nein, ist es nicht. Höchstens bigott.

    1. Robert

      sagt:

      …“faktisch nicht existenten Staat“ wollte ich sagen. (Ich wünschte mir einen Edit-Button)

      Im übrigen hilft Wikipedia auch bei dem Thema nach dem Ursprung der Piraterie weiter:

      http://de.wikipedia.org/wiki/Piraterie_vor_der_K%C3%BCste_Somalias

      So abwegig ist das Flugblatt übrigens nicht – oder welche „nicht-zynische“ Begründung der Entstehungsursachen hättest du denn?

  10. Bill

    sagt:

    Ich bleibe dabei: Du bist mit Abstand das Dümmste was segelreporter.com zu bieten hat.
    Wenn dich der Tod deiner Bekannten so sehr tangiert solltest du dir wenigstens verkneifen solch inhärent schwachsinnige Beiträge auf einer Seite die einen gewissen journalistischen Anspruch hat zu veröffentlichen.

  11. Klaus Meier

    sagt:

    Lasst uns zu diesen linken in Ihre warmen Häuser, sie überfallen und ausrauben.

    Klaut Claudia Roth ihre Kuscheldecke!

    Auch ich bin arm. Das meine Ausrede dafür das ich letztens falsch geparkt habe.

    „Die erste Kugel zwischen die Augen, die zweite zur Warnung“

    Dem ist nichts hinzuzufügen!

  12. Sven

    sagt:

    Natürlich ist es schrecklich was diesen menschen ,aber nicht nur den Somalischen ,sondern allen Menschen überall auf der Welt durchmachen müssen die in solchen oder ähnlichen verhältnissen leben müssen.
    Die frage ist was man selbst in dieser situation machen würde.
    Und von diesem hohen Roß auf dem wir uns als menschen der sogenanten 1.Welt ist es leicht zu urteilen dass das was diese Menschen machen kriminell ist und verboten und bestraft gehört!!

    Nun ist es aber so das die Merzahl der sogenannten Piraten , ferngesteuert- benutzt werden teils von eigenen Landsleuten die selbst das leben in der „1.Welt“ geniessen mit den Gelder die die Piraten für sie erpressen.
    Finanziert und mit Drogen versorgt riskieren die Somalischen Piraten ihr leben in der hoffnung auf ein besseres!
    Man wird die Piraten nicht aufhalten können, es ist ihre einzige hoffnung dem Ehlend entrinnen zu können. Gäbe es andere wege ,ohne das eigene Leben aufs Spiel zu setzen ,sie würden ihn gehen !
    Diese leute ,die im hintergrund die Fäden ziehen müssen gefasst werden!

  13. Ralf

    sagt:

    Armut ist schlimm, vor allem wenn existenzielle Bedürfnisse wie sauberes Trinkwasesr und ausreichende Nahrung nicht mehr gewährleistet sind.

    Aber kann das als Begründung für Piraterie dienen? Wer organisiert die Piratenangriffe und wer führt sie durch? Sind das wirklich die armen Menschen in Somalia, die Ihren Familien Nahrung beschaffen müssen? Oder handelt es sich um mafiöse Strukturen, denen es nur um die Bereicherung geht, die mit Massanzügen Kontotransaktionen aus London auslösen und dann den Befahl zur Freilassung der Crews geben? Ich glaube einfach nicht, dass sich der arme Fischer, der durch westliche Überfischung seine Existenzgrundlage verloren hat, sich auf hohe See begibt und dann mit Raketenwerfern Schiffe angreift. Ich denke vielmehr, die Chefs der kriminellen Banden verstecken sich hinter den Argumenten und finden in der armen Bevölkerung willige Helfer. Dabei geht es nicht um Hilfe der Armen sondern um das Füllen der eigenen Taschen.
    Genau wie in der Geschichte Italiens hilft die Mafia nicht der armen Bevölkerung, sondern saugt sie erst richtig aus und zerstört jeden Funken auf Hoffnung, die Zustände zu verbessern.

    1. bowman

      sagt:

      @Ralf
      Zitat.“Oder handelt es sich um mafiöse Strukturen, denen es nur um die Bereicherung geht, die mit Massanzügen Kontotransaktionen aus London auslösen und dann den Befahl zur Freilassung der Crews geben?“

      So war es wohl hier, denn laut dem Oberbefehlshaber der US Navy für das Gebiet (http://www.nytimes.com/2011/02/23/world/africa/23pirates.html?pagewanted=2&_r=1&ref=world) wurde gleich nach ihrem Bekanntwerden mit dem Finanzier der Entführung verhandelt.

  14. Bla

    sagt:

    Die Wahrheit ist wohl wie immer grauschattiert, statt schwarz wie hier oder weiß wie im Flugblatt. Dass Industriestaaten ihr Steinchen zum Elend der Bevölkerung beigetragen haben, ist wohl nicht von der Hand zu weisen. Dass die aussichtslose Situation der Fischer die Hemmschwelle zu solchen Taten senkt ist wohl auch klar und wenn dann so ein gigantischer Eimer wie die Quest mit allem erdenklichen und für die Fischer unerreichbarem Luxus vorbei kommt, wird halt vom einigen Kriminellen zugegriffen. Dass dies rechtlich nicht in Ordnung ist und der Tod von Menschen sowieso nicht, ist klar, doch ich finde, Du argumentierst hier aus der Sicht des luxusverwöhnten Europäers. Wären wir unter den Bedingungen der Fischer aufgewachsen, mit Bürgerkrieg, Hungersnot, Wertlosigkeit des Lebens, käme uns Dein Artikel vermutlich wie der letzte Hohn vor.

    1. Uwe

      sagt:

      Natürlich wirken die gesellschaftlichen Verhältnisse, in denen diese Leute aufwachsen, begünstigend auf die Bereitschaft Pirat zu werden – keine Frage. Ich wehre mich aber gegen die Ansicht, dass die Leute nicht als das zu behandeln sind, was sie sind: nämlich Schwerkriminelle. Ich finde es auch nicht angemessen, dass der Westen in moralische Geiselhaft für alles Elend in der Welt genommen wird. Dies entbindet Menschen und Gesellschaften in den Ländern der „3. Welt“ davon, Verantwortung für sich selber zu übernhemen. Und damit ist am wenigstens den Betroffenen geholfen. Siehe dazu hier: http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/lesart/1020840/