Neue Stiftung für den Segelsport: „Durch Segeln mehr Selbstvertrauen gewinnen“

„Auf einem Boot sind alle gleich“

Der dreifache Paralympics-Medaillengewinner Jens Kroker hat die Geschäftsführung einer neuen Initiative übernommen, die der Unternehmer und langjährige Segelsport-Förderer Heinz-Peter Schmidt finanziert.

Jens Kroker am Steuer der Sonar, die mit Robert Prem (l.) und Siegmund Mainka (m.) zum Paralympics-Gold in China führte. © Nikos Alevromytis/www.alen.gr

Jens Kroker steht wie kaum ein anderer für die These, dass physische Einschränkungen sportlichem und beruflichem Erfolg nicht im Wege stehen müssen. Der 52-Jährige, dem seit seiner Geburt die linke Hand fehlt, hat bei den Paralympics im Segeln einmal Gold und zweimal Silber gewonnen. Von 1995 bis 2017 arbeitete er bei dem börsennotierten Chemiekonzern BASF und war für das Unternehmen unter anderem mehr als fünf Jahre lang in Brasilien als Chief Financial Officer (CFO) tätig.

Danach machte er mit seiner Frau Schlagzeilen in der TV-Show “Höhle der Löwen”, wo sie Carsten Maschmeyer und Ralf Dümmel als Investoren für ihr Physio-Tape „Aktimed” gewinnen konnten. Da Unternehmen läuft seitdem gut. Und Kroker hatte sogar Zeit, sich 2018 als erster Para-Athlet in die Athletenkommission von World Sailing wählen zu lassen. Nun hat er eine neue Aufgabe als Geschäftsführer der neu gegründeten Stiftung TURNING POINT übernommen. 

Stiftungsgründer Heinz-Peter-Schmidt. ©Turning Point

Dahinter steht Heinz-Peter Schmidt, ein erfolgreicher Unternehmer in der Lebenmittel-Industrie. Er unterstützte viele Jahre lang das Segelprojekt der „Silva Hispaniola“ in Flensburg , deren junge Crew unter anderem 2011 im norwegischen Hankö/Norwegen ORCI Europameister wurde. 2013 stieg das Team mit Schmidts Hilfe auf eine GP42 um und segelten bis 2017 unter anderem in der stark besetzten Fast40+ Rennserie.

Jetzt rückt die Inkulsion in den Mittelpunkt seines Interesses. Er wolle vor allem benachteiligten Bevölkerungsgruppen ermöglichen, durch das Segeln mehr Selbstvertrauen zu gewinnen.

Die Pressemitteilung:

Die TURNING POINT Stiftung GmbH fördert mithilfe des Segelsports die Inklusion von Menschen mit geistigen oder körperlichen Einschränkungen sowie sozial Benachteiligten. Ziel ist es, diesen Personen durch das Segelerlebnis lebensverändernde Erfahrungen zu ermöglichen und sie besser in die Gesellschaft zu integrieren.

Segeln baut Barrieren ab, fördert die Teambildung, gibt Menschen mit Einschränkungen die Chance auf neue Erlebnisse sowie Wendepunkte im Leben und ist damit eine sehr geeignete Plattform für Inklusion. „Alle – auch benachteiligte Gruppen – mit ins Boot holen“ lautet die Devise der Stiftung, die ab 2022 die Segel für mehr Inklusion setzt.

Inklusionsteams nahmen 2021 bei der Kieler Woche in der J/70 Klasse teil. ©Sven Jürgensen

Segeln bietet beste Voraussetzungen für Inklusion. Denn: Auf einem Boot sind alle gleich und ein Team – ob mit oder ohne persönliches Handicap. Benachteiligungen bleiben an Land. Die Beschäftigung mit der Natur, Technik und Teambildung beim Segeln wird als ideal für das Erleben von Wendepunkten eingeschätzt.

Und exakt das will die Stiftung mit ihrer Förderarbeit erreichen. Seglerische Aktivität und damit verbundene Er­lebnisse sollen Teilnehmenden mehr Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl in Bezug auf Herausforderungen jeglicher Art geben – im Alltag wie im Sport.

„Während meiner bisherigen Segelprojekte konnte ich beobachten, wie Jugendliche durch das Segeln mehr Selbstvertrauen gewonnen und sich dadurch auch im Privatleben sehr positiv entwickelt haben“. Dies möchte ich mit TURNING POINT sehr viel mehr Menschen ermöglichen, vor allem benachteiligten Bevölkerungsgruppen“, erklärt Stifter Heinz-Peter Schmidt.

Ein Handicap-Team bewegt eine Sonar bei starkem Wind über einen Regatta-Parcours. © Laurens Morel

Inklusion bedeutet bei TURNING POINT, dass benachteiligte Menschen gemeinsam mit Menschen ohne Einschränkung segeln. Die Aktivitäten sollen in bestehende Segelclubs integriert werden und auch bei Regatten zu mehr Inklusion führen. Gezielt wird Unterstützung und Starthilfe bei der Ausübung des Wassersports gegeben, zum Beispiel durch barrierefreie Boote, ausgebildete Trainer und Betreuer, spezielle Segelkurse und den Ausbau der bereits vorhandenen Segelinfrastruktur für inklusive Projekte. Die Zielgruppe besteht aus Menschen jeden Alters – insbesondere Jugendliche – mit geistigen oder körperlichen Einschränkungen und gesellschaftlich oder sozial Benachteiligte. Die Stiftung möchte ihnen den Segelsport näherbringen sowie nachhaltig inklusive Clubs und Angebote schaffen und etablieren.

Bislang kann Segeln nur wenigen Menschen der Zielgruppe zu einem persönlichen Wendepunkt verhelfen. Faktoren, wie kostspieliges Material, geringe Bekanntheit des Segelsports, fehlende inklusive Rahmenbedingungen oder wenige inklusive Segelangebote in Vereinen, stellen Hürden dar. Es fehlt an qualifizierten Trainern und Betreuern sowie öffentlicher Förderung von Segelprojekten.

S/V 14 bei der Inklusions Segel WM 2021 auf der Alster. © Sven Jürgensen

Genau an diesen Punkten will die Stiftung ansetzen. Trainer und Betreuer sollen gezielt geschult und möglichst viele „Wendepunkt“-Segelkurse angeboten werden. Drei Kurse sind bereits in diesem Jahr geplant. Die Auftaktveranstaltung findet vom 20. bis 22. Mai 2022 in Prien am Chiemsee statt. Ferner soll das Segeln für Menschen mit Benachteiligungen durch Kampagnen bei Messen und Veranstaltungen sowie Leuchtturmprojekte bei den Betroffenen, aber auch in der Gesellschaft mehr in den Fokus gerückt werden.

Die TURNING POINT Stiftung wird von einem Team aufgebaut, welches in Deutschland die vermutlich aktuell größte Erfahrung und Expertise im inklusiven beziehungsweise paralympischen Segeln besitzt. Jens Kroker, mit drei Paralympics-Medaillen einer der erfolgreichsten paralympischen Segler weltweit, übernimmt die Geschäftsführung. Parallel zu seiner erfolgreichen Sportlerlaufbahn hat er trotz fehlender linker Hand Karriere in einem deutschen Großkonzern gemacht und ist damit ein perfektes Beispiel für Inklusion und dafür, wie der Segelsport einen Wendepunkt bewirken kann.

Sonar, Kroker
Jens Kroker, Robert Prem und Sigmund Mainka 2014 in Aktion mit dem Sonar. © Tim Wilkes

Auch Krokers Trainer Bernd Zirkelbach und Christian Bittner sind bei TURNING POINT mit an Bord. Zirkelbach hat nicht nur Deutschland zur erfolg­reichs­ten paralympischen Segelnation gemacht, sondern bringt auch jahrzehntelange Erfahrung beim Auf­bau von Segelakademien und der Qualifizierung von Trainern und Betreuern mit. Bittner war seit 2005 per­sön­licher Trainer von Kroker. Zum Team zählen zudem Jörg Aleith, Anja Düvel und Sabine Kroker-Hohmann, die sich seit Jahren aktiv und sehr erfolgreich beim Aufbau des inklusiven Segelns in Deutschland engagieren. Komplettiert wird das Team von Rebecca Ramirez, die vielfältige Erfahrungen im gemeinnützigen Bereich mitbringt.

„Ich bin sehr glücklich darüber, dass ich mit dem Team eine einzigartige Expertise im Bereich des inklusiven beziehungsweise paralympischen Segelns gewinnen konnte. Unschätzbar wichtig und wertvoll ist uns auch die bisherige Unterstützung der Vielzahl von erfahrenen Persönlichkeiten aus den Bereichen Segelsport und Inklusion. Ich freue mich natürlich sehr, wenn uns die bereits bestehenden und bewährten Infrastrukturen weiterhin begleiten und wir dadurch gemeinsam zielführende Synergien entwickeln werden“, so der Stifter Heinz-Peter Schmidt.

Und Jens Kroker ergänzt: „Mit TURNING POINT entsteht eine weltweit einmalige Initiative. Damit kann die Inklusion von benachteiligten Menschen in der Gesellschaft entschieden vorangetrieben werden. Es ist mir eine Ehre, dass ich meine seglerischen und unternehmerischen Erfahrungen einbringen darf.“

Quelle: TURNING POINT Stiftung 

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