Nordseewoche Edinburgh Race: Orkanböen – 16 Yachten gaben auf

50 Knoten, fünf Meter Welle

 Die härteste Wettfahrt der Nordseewoche ist – fast – zu Ende. Von 21 Yachten haben 16 aufgegeben. „Norddeutsche Vermögen Hamburg“ liegt berechnet in ORCi 1 vorne.

Jens Kofahl auf seiner "Tamontane"
Jens Kofahl auf seiner „Tamontane“ auf dem Weg nach Edinburgh. © Kofahl

So einen Sturm hat es wohl in der Geschichte des Edinburgh Race noch nicht gegeben. Von 21 Yachten haben 16 aufgegeben, 4 sind inzwischen im Ziel, zwei Yachten sind unterwegs, eine davon noch im Rennen.

„Es ist, als hätte Petrus über Pfingsten Luft geholt, um die Edinburgh-Teilnehmer zurück zu blasen.“ Die anderen Wettfahrten der Nordseewoche waren von Flaute und Nebel heimgesucht.

Doch nach dem Start am Pfingstmontag in totaler Flaut dezimierte Wind bis 50 Knoten, Wellen bis 8 Meter und für die Jahreszeit ungewöhnliche Kälte das Regattafeld extrem. Einige Yachten mussten noch kurz vor dem Ziel aufgeben, so auch leider am frühen Morgen des Freitags der russische Teilnehmer „Brainwash“.

Die Segel zerrissen, kein Strom mehr für Instrumente und völlig ausgelaugt entschlossen sie sich, den Motor anzuwerfen. Schon am Donnerstag morgen war auf der 12m langen Winner-Yacht der Generator ausgefallen, und damit auch der Funk. In Landnähe konnten sie via SMS eine Statusmeldung abgeben. Inzwischen liegt Brainwash in Granton Harbour, dem Hafen von Edinburgh.

Auch die kleine Arrabiata musste erst auf den letzten 50 Meilen, kurz vor dem Eingang des Firth of Forth, abdrehen, ist nach Blyth abgelaufen und war gegen 3 Uhr morgens im Hafen. An Bord der Sun Fast 3200 sind alle wohlauf. Diverse Schäden am Schiff zwangen die Crew zur Aufgabe.

"Scho-Ka-Kola" erstes Schiff in Edinburgh
„Scho-Ka-Kola“ erstes Schiff in Edinburgh. © U. Lebens

Erste Yacht im Ziel war die Rennyachten Scho-Ka-Kola von Dr. Uwe Lebens. „Nach dem Start begann ein richtiges Schwachwindrennen. Zwischendurch sind wir sogar zurückgetrieben, da hat uns dann die Norddeutsche Vermögen überholt. In der ersten Nacht sind wir bis zur Doggerbank Code 0 gefahren. Auf der Doggerbank konnten wir die Norddeutsche Vermögen wieder überrunden. “

Dr. Uwe Lebens klingt glücklich und auch ein wenig erleichtert. „Das Tuff-Luff (die Vorsegelführung), ist uns um die Ohren geflogen. Zum Glück hat unsere J5 (kleine Fock) Stagreiter. Aber bei jedem Segelwechsel ist uns die Norddeutsche Vermögen näher gekommen. Wir mussten die größeren Segel mit Dyneema (Hochleistung-Leine) ans  Vorstag binden.“

Kurz hinter der grauen Reichel-Pugh-Konstruktion kam die blaue Andrews 56 „Norddeutsche Vermögen Hamburg“ unter Skipper Georg Christiansen ins Ziel. Auf beiden Yachten führten die Starkwindbedingungen zu Ausfällen durch Seekrankheit. „Bei uns waren 30 Prozent der Crew seekrank!“ berichtet Lebens, „Zum Glück haben haben die nur einmal gespuckt, und dann ging es wieder. Keiner ist total ausgefallen.“

Nach berechneter Zeit hat die Norddeutsche Vermögen die Regatta gewonnen. Da die teilnehmenden Schiffe ein unterschiedlich großes Geschwindigkeitspotenzial haben, werden die tatsächlichen Zeiten mit einem kompliziert ermittelten Handicap-Faktor verrechnet, um die Leistung der Crew zu ermitteln.

Gestern kurz vor Mitternacht ist die „Magic“ als dritte ins Ziel gekommen. „Das war wohl meine härteste Tour. Das Wasser war so kalt wie die Luft. 6 Grad. Wir hatten etwa 5m Welle. In einer Welle ist ein Nutella-Glas durch den Salon geschossen und hat Thorsten Eylmann am Kopf getroffen.“ Jan Hamester von der Frers 51 „Magic“ der Segelschule Wellsailing ist ein erfahrener Skipper, „Ich habe das gleich getaped, dann war alles wieder in Ordnung.“ erzählt Hamester.

„Die Frers ist mehr durch die Welle als über die Welle gegangen. Im Vergleich zu den anderen Booten, die ich gesegelt habe, war das ungewohnt. Aber das Seeverhalten war unter Deck sehr angenehm, da konnte man sich gut erholen.“ Hamester hat bisher viel leichte Boote wie Figaro oder Pacer 36 gesegelt, „Ich habe mich gewundert, wie lange Yachten wie die Sun Fast 3200 „Arrabiata“ oder die Pogo im Rennen geblieben sind, die sind eigentlich nicht für die Kreuz gebaut.“

Die einzige weitere Yacht, die das Rennen regulär beenden konnte, war bisher ca. 2,5 Stunden später die „Pogo 1“, eine Pogo 40 von Sailing Island. Für die Yacht war das Rennen die Qualifikation für das Fastnet Race. „Ich bin froh, dass die heil ins Ziel gekommen sind.“ Markus Seebich, Geschäftsführer der Segelschule ist deutlich erleichtert. „Die Crew wird jetzt sicher noch tief schlafen.“

Das  Schwesterschiff, die „Pogo 2“ ist in der Nacht in Newcastle eingelaufen. Gemäß dem Wetterbericht dürfte es diese Yacht am härtesten getroffen haben. Die Erzählungen an Bord passen zum Kurs: „An Bord ist soweit alles unter Kontrolle. Der Wind ist aktuell über 40 Knoten, in Böen bis 50 Knoten. See: 4 – 5 Meter.“ Skipper Michael Mühlmann benachrichtigte 25 Seemeilen vor dem Schutzhafen Blyth Markus Seebich in der die Zentrale der Segelschule. „Drei Crewmitglieder sind seekrank. Ein Crewmitglied hat eventuell eine Rippenprellung. Die Pogo 2 fährt im Moment unter gereffter Fock mit ca. 9 kn Fahrt.“

Inzwischen hat der Wind im Seegebiet vor Edinburgh auf ca. 20 Knoten aus Nordost abgeflaut. Als einzige Yacht ist die Swan 442 Charisma noch auf See. Es wird erwartet, das die Yacht, die dank einer extremen Nordroute die den schlimmsten Sturm nicht durchstehen musste, nun mit nordöstlichen Winden unter Spinnaker auf der Rückseite des Sturmtiefs Richtung Edinburg unterwegs ist.

„Heute gegen Abend wird das Sturmtief das Seegebiet vor Edinburgh erreicht haben.“ Meeno Schrader, Segelwetterprofi von Wetterwelt und von der boot Düsseldorf für die Nordseewoche engagiert, hatte eine exakte Prognose geliefert. „Das Windfeld hat eine eine mittlere Windgeschwindigkeit von 35 Knoten aus 340 Grad, die Böen können über 50 Knoten gehen.“ Zum Wind kam erschwerend der Tidenstrom.

Das ablaufende Wasser führte zu kurzen, sich brechenden Wellen, die Höhe sollte die 8 Meter auch übersteigen können. Die englische Küste bietet bei der Windrichtung keinen Schutz. Das überkommende Wasser und die Luft waren zwischen 6-8 Grad kalt, das laugte die Mannschaften der kleiner Boote aus.

Die Edinburgh-Regatta ist eine echte Hochseeregatta über die offene Nordsee und die Doggerbank bis Edinburgh. Die Yachten sind drei bis fünf Tage auf sich allein gestellt, um die rund 460 Seemeilen zu bezwingen. Diese traditionsreiche Regatta wird seit 1968 ausgetragen. Als einzige deutsche Hochseeregatta führt die Strecke von Helgoland nach Edinburgh/Schottland über die offene See in den Firth of Forth und endet in Edinburgh’s Yachthafen Granton. Alle 2 Jahre erfolgt der Start, immer am Pfingstmontag, abwechselnd mit der Regatta Pantaenius Rund Skagen.

„Ich fühle mich bestätigt, dass wir harte Sicherheitsanforderungen fordern.“ Marcus Böhlich hat auf Helgoland die Yachten kontrolliert. „Und ich freue mich über die gute Seemannschaft der Teilnehmer.“ Alle gemeldeten Teilnehmer hatten den Sicherheitscheck der Wettfahrtleitung bestanden und durften sich bei mussten sich anfangs bei wenig Wind auf dem Weg nach Schottland machen. Zudem muss ein Drittel der Mannschaft ein Sicherheitstraining und erste Hilfe Kurse absolviert haben.

Eventseite Nordseewoche

Im Ziel in Edinburgh angekommen sind:

– Do, 23.5.2013, 01:37:20 – Reichel-Pugh 52 „Scho-Ka-Kola“, Skipper Dr. Uwe Lebens

– Do, 23.5.2013, 02:30:30 – Andrews 56 „Norddeutsche Vermögen Hamburg“, Skipper Georg Christiansen

– Do, 23.5.2013, 22:26:57 – Frèrs 51 „Magic“, Skipper Jan Hamester

– Fr, 24.5.2013, 01:07:27 – Pogo 40 „Pogo 1“, Skipper Fabian Kennis

Vorläufige Endergebnisse berechnet:

Gruppe ORCi 1

1. GER 5500 Norddeutsche Vermögen Hamburg

2. GER 5700 Scho-Ka-Kola

3. GER 6492 Magic

ORCC (ORC Club)

1. GER 6002 Pogo 1

Ergebnisse der Edinburgh-Regatta

Keine Rückregatta wegen mangelnder Teilnehmer, Absage der ASV Offshore Challenge 2013

Alle Yachten, die für die Rückregatta von Edinburgh nach Kiel gemeldet hatten, sind ausgefallen. Entweder durch Schäden, die sie durch den Sturm erlitten haben, oder dadurch, dass sie den Ziel- und neuen Starthafen Edinburgh nicht erreicht haben. Auch das Flaggschiff des Veranstaltenden Vereins, die Aquis Granus IV, musste bereits am Mittwoch Abend aufgrund kleinerer Schäden die Regatta abbrechen und nach Helgoland zurücksegeln.

Daher kann die ASV Offshore Challenge nicht durchgeführt werden. Über eine mögliche Wiederaufnahme der Regatta in 2015 wird der Akademische Seglerverein in Aachen e.V. rechtzeitig informieren.

Pressekontakt:
Hans Genthe/Sören Reineke
presse@nordseewoche.org

17 Antworten zu „Nordseewoche Edinburgh Race: Orkanböen – 16 Yachten gaben auf“

  1. Hoddel

    sagt:

    Hallo Leute,

    alle sind aufgrund ihrer Leistung und Seemannschaft zu beglückwünschen. Meiner unbescheidenen Meinung nach segelt der „härteste Hund“ von Elbe und Nordsee derzeit auf Chosie VI und dies war seine 41. Nordseewoche und mit wenigen Ausnahmen jedes Edinburgh-Race und das mit 76 munteren Lenzen. Hat sich bei dem Sauwetter eine Platzwunde am Kopf zugezogen als er am Saftybelt durchs Cockpit flog und musste 5x „gestichelt“ werden. Die Jungs haben aufgegegen weil es deren erste Edinburgh-Tour war und bei dem Wetter gleich richtig in die „Bilge“ gelangt haben.

  2. Sven

    sagt:

    Glückwunsch nicht nur allen, die ins Ziel gekommen sind, sondern auch den Teilnehmern die klug und umsichtig vorher einen Ausweichhafen angelaufen sind. Auch sie haben sicherlich eine besondere regatta erlebt.

    Was ich mich nur frage: 3 der 5 ins Ziel gekommenen Yachten sind Yachten einer Segelschule (Charisma, POGO und Magic). Warum ist so ein großer Anteil Schulboote?
    Besitzen die Mannschaften mehr Durchhaltevermügen?
    Liegt es an den Profiskippern?
    „Prügeln“ die Schulboote Ihren Kurs durch, weil ja der weitere Törnverlauf ab Edingurh schon geplant ist und ein Ablaufen in einen anderen Hafen diesen PLan gehörig durcheinander wirbeln würde?

  3. Friedhelm Hoppe

    sagt:

    Vielleicht darf ich hier einmal aus ganz anderer Sicht etwas beitragen. Einer meiner Söhne gehörte zur Crew der Pogo1. Ich gehöre inzwischen zum älteren Semester, bin kein aktiver Segler (vor vielen Jahren mal), war aber mein ganzes Leben begeistert vom Meer, respektive der Nordsee. Habe das Rennen am Tracker verfolgt, unter Zuhilfenahme von Wetterkarten – bis in die Nächte hinein. Jetzt sage ich mal ganz ehrlich: Ich war heilfroh als ich in den News der Nordseewoche lesen konnte, dass die Pogo1 endlich in geschützten Gewässern angekommen war. Die ist für so etwas eigentlich nicht gebaut! Um die Erfahrung bin ich beinahe neidisch, das war eine tolle Leistung der Manschaft!

    1. Segler

      sagt:

      Die ist für so etwas eigentlich nicht gebaut!

      Dem kann ich so nicht zustimmen.
      Die Pogo 1 ist eine Pogo40 Crusing Version.
      Das ist ne abgespeckte Class 40. Etwas schwerer, weniger Tiefgang.
      Und ne Class 40 ist für Offshore Segeln gebaut. Die Werft Pogo Strucutres ist berühmt für die Minis die sie bauen. (6,5m Lange Schiffe fürs Transatlantik)

      Die sind zwar ehr fürs Vormwind segeln ausgelegt. Müssen sowas aber natürlich auch können.
      Und der schwächste Faktor ist oft (nicht immer) die Crew.

    2. Crisssel

      sagt:

      Pogo 1 ist doch zumindestens ((-; sone Art Class 40. Wer wenn nicht diese Boote sind dafür gebaut..

  4. ganesha

    sagt:

    ich bin froh, daß hier alles gutgegangen ist; keine havarie, keine unfälle…keine toten! glückwunsch an die starken 4 mannschaften und besonders an die MAGIC mit jan hamester- glückwunsch lieber jan!!!

    1. Segler

      sagt:

      Was hat die Magic besonders gemacht?

      1. Yuammy

        sagt:

        Naja, immerhin hat Jan das Schiff diesmal nicht auf Grund gesetzt!

  5. Karo

    sagt:

    Meines Wissens gab es bei der Norddeutschen Vermögen keine Ausfälle durch Seekrankheit, das stand schon in der Yacht falsch…

    1. Crew Norddeutsche Vermoegen

      sagt:

      Tatsaechlich gab es keine Ausfaelle: Ein leichter Fall von Seekrankheit trat bei einem maennlichen Crewmitglied auf (Symptome: Polyurenie (siehe medizinischen Fragebogen des Veranstalters)). Einzig die Quietscheente im Bilgenwasser rund um die Toilette zeigte eine gewisse Orientierungslosigkeit.

      1. Segler

        sagt:

        Liebe Crew der Norddeutschen Vermögen.
        Glückwunsch zum Sieg in ORCi 1

  6. Stefan

    sagt:

    ….1995 hat es schon einmal genau so ein Rennen mit 50+ kn Wind in der zweiten Nacht gegeben. Auch damals ist nur ein kleiner Teil der Teilnehmer angekommen.

  7. kritiker

    sagt:

    Do, 23.5.2013, 01:37:20 – Reichel-Pugh 52 “Scho-Ka-Kola”, Skipper Dr. Uwe Lebens

    – Do, 23.5.2013, 02:30:30 – Andrews 56 “Norddeutsche Vermögen Hamburg”, Skipper Georg Christiansen

    Woanders hab ich mal gelesen, dass zwischen den beiden Schiffen nur drei Minuten waren.
    Was stimmt denn jetzt?

  8. kritiker

    sagt:

    Glückwunsch an alle Schiffe, die in England angekommen sind.
    Ich behaupte mal, dass 99% die das hier lesen selber Segler sind.
    Wieso werden dann begriffe wie Dyneema noch extra erklärt? Das ist eigentlich nicht nötig.

    1. Yuammy

      sagt:

      Ich weiß ja nicht, warum du den Schiffen gratulierst, die abgelaufen sind und sich in Häfen an der englischen Küste gerettet haben?

      Die Schiffe die das Ziel erreicht haben, sind in Schottland angekommen!

      1. kritiker

        sagt:

        Ja stimmt, eigentlich müsste es heißen:
        Glückwunsch an alle Schiffe, die ins Ziel gekommen sind.
        Mein „Hauptanliegen“ war aber, dass ich es komisch finde das auf einer Segelseite begriffe noch extra erklärt werden.

        1. Yuammy

          sagt:

          …meine Frage war, warum die die Schiffe die in Ziel gesegelt sind explizit ausgenommen hattest?

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