Es gibt bestimmt schönere Zeiten, seinen 80. Geburtstag zu begehen. Eine große Party wird Ulli Libor nicht feiern. Aber die deutsche Segel-Legende hat schon Schlimmeres überstanden. Zum Beispiel das Fastnet-Race 1979.
Ulli Libor gehört zu den herausragendsten deutschen Sportpersönlichkeiten. Gerade vor den olympischen Heimspielen in München und Kiel 1972 wurde sein Name in einem Atemzug genannt mit Sportlern wie Weitspringerin Heide Rosendahl, Speerwerfer Klaus Wolfermann, Diskuswerferin Liesel Westermann oder den Reitern Linsenhoff und Winkler. Dass der Hamburger aus Blankenese nach der Olympischen Silbermedaille 1968 noch einmal Bronze im Flying Dutchman holte, sorgte für dauerhaften Glanz.
Dabei war er längst nicht die Art von Profi-Segler, die heutzutage um Medaillen kämpft. Seite an Seite mit Willy Kuhweide segelte er in einer Zeit auf höchstem Niveau, als man den Amateurstatus nachweisen musste, wenn man bei Olympia starten wollte.
Mit Elvström, Melges und Pattison
Es galt, die Grauzone möglichst effektiv auszuloten. Die Besten wie Paul Elvström oder Harry „Buddy“ Melges verdienten durchaus Geld im eigenen Segelbusiness, der sich aus ihren Erfolgen speiste oder schafften es, wie Rodney Pattison als freigestellter Marine-Offizier, mehr Zeit mit dem Sport zu verbringen als die Konkurrenz.
Libor wurde besonders von den Ausnahmekönnern Melges und Pattison mitgerissen, gegen die er in seiner Klasse, dem Flying Dutchman, antreten musste. Zusammen schraubten sich die Spitzenkönner auf das höchste Niveau. Und auch Libor halfen Einnahmen aus der Segelbranche.
Sein Coup als „Erfinder“ des Congers für Blohm & Voss 1965 brachte ihm Erfahrungen und Erfolge in der Wirtschaftswelt, die er für seine weitere Karriere nutzen konnte. SegelReporter hat schon mit einem ausführlichen Porträt über „Die Wirtschaftswunder-Jolle“ berichtet – die erste die erste Kunststoffjolle in Deutschland.
Fast 4000 Schiffe verkauft
Libor erinnerte sich an diese Phase: „Anfang der 60er Jahre arbeitete ich als Elvström-Repräsentant auf einer Messe. Nebenan stellte Blohm & Voss eine Kunststoffjolle, den „Hawk“ aus. Die Werft wollte mit der Lizenzfertigung des amerikanischen Bootes damals Erfahrungen mit Glasfaser verstärktem Kunststoff als neuem Bootsbaumaterial sammeln.
„Der Hawk war aber nicht gelungen. Das Boot hatte so wenig Anfangsstabilität, dass es sich nicht gefahrlos von der Seite betreten ließ.“ Darauf machte Libor den Werftchef Joseph H. Van Rieth aufmerksam. Prompt bekam der viermalige Jugendmeister im Piraten, Europameister im Snipe und deutschen Meister im FD den Auftrag, eine bessere, familientaugliche Wanderjolle mit Regattaoption zu entwickeln. Konstrukteur Karl Feltz aus dem Hamburger Finkenwerder fertigte die Zeichnung.
Das Boot war ein großer Erfolg. Fast 4000 Schiffe wurden verkauft. Stern, Spiegel und Bild-Zeitung berichteten über die Konstruktion, die als Wander-, Regatta- und Freizeitjolle beworben wurde.
Im vergangenen Jahr segelte Libor sogar noch einmal selber bei der Deutschen Meisterschaft in Steinhude beim SLSV mit. Seine Rede zur Entstehungsgeschichte:
Nach der olympischen Karriere war Libor auch in der Yacht-Szene aktiv. Viermal nahm er von 1979 bis 1982 am Admiral’s Cup teil mit der „Jan Pott“ und „Container“. In diese Zeit fällt auch das schreckliche Erlebnis beim Fastnet Race 1979 als er die „Jan Pott“ durch den Sturm steuerte, der 19 Segler das Leben kostete.
Im vergangenen Jahr berichtete das deutsche Fernsehen noch einmal ausführlich über die Katastrophe und Libor glänzte als eloquenter Augenzeuge. In diesem Zusammenhang berichtete er auch bei Markus Lanz über die Erinnerung und sorgte für Aufsehen, als er Greta Thunbergs Reise mit Boris Herrmann als „seemannschaftlich fast nicht verantwortlich“ wertete.
14 Jahre nicht gesegelt
Nach dem Abstecher in die Admiral’s-Cup-Szene brachte er sein Know How beim Deutschen Segler-Verband ein. 1982 bis 1990 war er Vizepräsident und Vorsitzender des Olympia-Segel-Ausschusses und zweimal Mannschaftsleiter bei Olympischen Spielen (1984, 88).
Dann aber ging er dem Segeln verloren, zog in den Süden der Republik und arbeitete 16 Jahre lang als Geschäftsführer des Deutschen Golf-Verbandes. 14 Jahre nahm er nicht an Regatten teil, bis es ihn wieder kitzelte.
Er stieg in den Drachen ein. Mit Bernd Faber, Harro Kniffka und zeitweise seinem Sohn Janos ließ er eine Zeitlang fast keine der großen Drachenregatten in Europa aus. Er etablierte sich in der internationalen Spitze, siegte bei großen Regatten in Cannes oder Monaco und krönte die Drachen-Karriere mit der Vize-WM.
Libor hatte mit dem Schiffahrtskaufmann Kniffka das HLL-Drachenteam gegründet und trainierte nahezu professionell mit Spitzenseglern auf höchstem Niveau. Dabei integrierte er auch jüngere Segler wie Robert Stanjek und unterstützte für 2008 dessen Starboot-Olympiakampagne mit Markus Koy .
Nach dem Tod von Harro Kniffka wurde ihm aber die Abstimmung der Drachen-Crews zu mühsam. Er stieß auf die 2.4 mR. Seit 2014 promotet er die Klasse und ist bei den großen Regatten aktiv. 2017 traf ihn SR bei der Deutschen Meisterschaft auf der Alster.
SR-Interview anlässlich der 2.4 mR Meisterschaft auf der Alster:
Und Libor wird nicht müde, seine Segelbegeisterung auszuleben. Seine neue Klasse ist ihm ans Herz gewachsen. Er wirbelt immer noch. Inzwischen hat er den Job des Vorsitzenden übernommen. Die 2.4mR ist ihm dankbar. – Fun Fact am Rande: Auch Heiko Kröger, mehrfacher 2.4 Weltmeister, hat heute Geburtstag.
2.4-Klassen-Sekretär Detlef Müller-Böling versucht, die Wertschätzung für Libor in Worte zu fassen. „Nun wirst Du heute 80 Jahre alt. Häufig sagt man ja: „So alt wie der aussieht, kann er gar nicht mehr werden.“ Bei Dir ist es umgekehrt. Dein Aussehen und Deine Fitness hinken stark dem tatsächlichen Alter hinterher.
Das soll so bleiben, damit Deine Frau Manuela und Deine Kinder noch weiterhin viel Freude an und mit Dir haben. Das gilt auch für die 2.4mR-Gemeinde: Im Namen aller 2.4mR-Segler, national wie international, aber auch natürlich ganz persönlich gratuliere ich Dir zu diesem herausragenden Geburtstag am heutigen Tag. Wir wünschen Dir von Herzen noch viele schöne Stunden im 2.4mR allein ohne Crew und an Land mit uns!“
SegelReporter schließt sich an!!!
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