Nach 20 Jahren: UN einigt sich auf Meeresschutzabkommen

Die See gehört allen und jedem

20 Jahre hat es gedauert. Jetzt ist man sich einig! Ein Abkommen über den Schutz unserer Ozeane soll auch jenen Bereich schützen, der keinem Staat gehört: Die Hochsee. Doch ganz so einfach wird es nicht.

Bild: shutterstock.com/Willyam Bradberry

Meeres- und Umweltschutz gehört längst zum Lebens- und Bordalltag von Seglerinnen und Seglern. Müll wird an Bord so weit wie möglich vermieden, Plastik getrennt und an Land entsorgt. Beim Ankern im Mittelmeer wird darauf geachtet, die empfindliche Posidonia nicht zu verletzen und in Naturschutzgebieten, wenn die Fische direkt neben der Badeleiter schwimmen, wagt keiner, seine Angel auszuwerfen.

Wie stark das empfindliche Ökosystem Meer bereits gestört ist, haben viele von uns schon auf ihren Segeltouren erlebt. Müllteppiche, die auf dem tiefblauen Wasser schwimmen. Seevögel, die in ihre Nester Teile von Fischernetzen und Getränkeverpackungen einbauen. Dazu die Vorboten des Klimawandels: Trockenheit, Stürme und ein Temperaturanstieg.

Hinzu kommt das Verschwinden von Tier-, Vogel- und Pflanzenarten, denen man aufgrund ihrer Häufigkeit noch vor ein paar Jahrzehnten keine besondere Beachtung geschenkt hat. Die Dorschbestände in der Ostsee sind inzwischen so weit dezimiert, dass sie in der westlichen Ostsee nicht mehr kommerziell gefischt werden dürfen.

Die Hochsee als rechtsfreier, zur Weltgemeinschaft gehörender Raum

Doch so stark auch die Bemühungen zum Schutz der Meere von Einzelnen, lokalen Umweltgruppen, Organisationen und Regierungen sind: Bisher war mit den guten Vorsätzen und aktivem Umweltschutz rund 200 Seemeilen vor der eigenen Haustür Schluss. Danach, im Anschluss auf das als Wirtschaftszone ausgewiesene Meeresgebiet, beginnt die Hochsee. Das weltgrößte Seegebiet, das allen und jedem gehört und nicht unter der Kontrolle eines bestimmten Staates steht. Ein rechtsfreier, zur Weltgemeinschaft gehörender Raum – mit allen Risiken und Chancen.

Und zugleich ein Bereich, der für den Klimaschutz und damit uns Menschen von elementarer Bedeutung ist und dessen Leben in verborgenen Tiefen weitgehend unerforscht ist. 200 Meter tiefer und noch weiter ist es dunkel, Forscher vermuten hier bisher unentdeckte Lebewesen und Mikroorganismen, die mit ihrer genetischen Basis die Grundlage für neue Medikamente in sich tragen. Und nicht nur das: Zahlreiche Staaten und Unternehmen haben bereits bei der internationalen Meeresbehörde IMB Anträge gestellt, um in der Tiefsee Unterwasserbergbau betreiben zu dürfen, um an die gewaltigen Öl- und Gasvorkommen zu gelangen.

Hochsee als Handelsweg

Schon jetzt wird die Hochsee von vielen genutzt, vor allem als Handelsweg. Doch obwohl so vieles von der Tiefsee noch gar nicht bekannt ist, sind die durch den Menschen verursachten Schäden sichtbar. Überfischung, Plastikmüll und Klimaerwärmung machen auch der Hochsee zu schaffen. Nach Schätzungen der UNESCO sind bis Ende des Jahrhunderts und die Hälfte aller Meereslebewesen vom Aussterben bedroht.

Nun haben sich die UN-Mitgliedsstaaten auf ein Abkommen geeinigt, dass die Meere jenseits staatlicher Hoheitsgewalt besser schützen soll. Im völkerrechtlich bindenden Vertrag über die „Biodiversität jenseits nationaler Gesetzgebung“ (BBNJ) zum Schutz der Meere sollen bis 2030 mindestens 30 Prozent der Weltmeere als Schutzgebiete ausgewiesen werden. Heißt im Klartext: Mindestens 30 Prozent der Meere jenseits der 200-Meilen-Grenze sollen künftig nicht mehr ausgebeutet werden dürfen.

Vorausgegangen war ein 38-stündiger, nervenzehrender Verhandlungsmarathon der Vertreter von mehr als 100 Ländern. „Das Schiff hat die Küste erreicht“, sagte eine sichtliche erschöpfte, den Tränen nahe Konferenzpräsidentin Rena Lee zum erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen. Der nun verabschiedete völkerrechtlich bindende Vertrag soll das Artenschutzabkommen umsetzen, welches bei der Weltumweltkonferenz in Montreal im Dezember 2022 bereits formuliert wurde.

30 Prozent werden unter Schutz gestellt

Konkret sieht das Abkommen vor, 30 Prozent der Hochseegebiete unter Schutz zu stellen und dort Fischfang oder Unterwasserbergbau zu verbieten. Zudem sind in dem Beschluss wichtige Grundsätze wie das Vorsorge- und das Verursacherprinzip („Polluter-pays-principle“) verankert, die es nun beispielsweise möglich machen, von Reedereien die Verlegung von Schiffsrouten einzufordern, um die sogenannten „blauen Korridore“ für weit wandernde Walarten freizuhalten. Aktuell arbeitet die UN bereits an einer Konvention gegen die Vermüllung der Meere, die gegen die Verklappung von Müll ins Meer vorgeht und den Druck zum Recyceln von Kunststoffen erhöht.

Was nun folgen muss, ist nicht nur die Ratifizierung durch die einzelnen Staaten, sondern auch die Umsetzung konkreter Maßnahmen. Mit der Unterzeichnung des Abkommens fangen die globalen Bemühungen zum Schutz der Hochsee erst richtig an.

Lange wurde bei den Verhandlungen darüber gerungen, wer das Recht hat, neue Schutzgebiete auszuweisen. Hier reicht nun eine Dreiviertelmehrheit der in der UN vertretenen Staaten, es gibt keine Vetomöglichkeit. Heißt: Die Weltgemeinschaft hat nun die Verantwortung, Schutzgebiete auszuweisen und deren Einhaltung auch zu kontrollieren. Und kein einzelnes Land kann ein Schutzgebiet verhindern.

Abkommen muss noch ratifiziert werden

Das Abkommen zum Schutz der Hochsee tritt in Kraft, wenn es von 60 Staaten und ihren Parlamenten ratifiziert wurde. Beobachter zu Folge wird China den Vertrag ratifizieren, wie sich Russland entscheidet, ist noch unsicher. Russland erhebt Ansprüche auf die Arktis, ein Abkommen zum Schutz des antarktischen Weddell-Meeres ist erst kürzlich am Widerspruch der russischen Regierung gescheitert.

Mit dem Abkommen zur Schutz der Hochsee hat die Staatengemeinschaft gezeigt, dass sie verstanden hat. Dass die Hochsee für das Weltklima die gleiche Bedeutung hat wie die Regenwälder Südamerikas, die Urwälder Afrikas und die gewaltigen Moore in Südasien. Und dennoch bleibt es wichtig, mit den vielen Schritten im Kleinen nicht nachzulassen und gerade als Wassersportler die Meere und die Umwelt weiterhin aktiv zu schützen.

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