Sportlich eingeparkt: mit Fullspeed in die Kaimauer

Mechanisches Bremsen

Ein Segelboot hat keine mechanische Bremsen. Ein Skipper hat in voller Rückwärtsfahrt nun offenbar versucht, das Gegenteil zu beweisen. Ergebnis: Ein Boot lässt sich durchaus mechanisch abbremsen.

Aua! Rückwärts in voller Fahrt © Facebook

Aufstoppen nervt. Denn Aufstoppen hat auch immer so seine Tücken und ist nur bedingt ausrechenbar: Radeffekt, Gedenksekunde des Faltpropellers, ein tonnenschweres Boot, welches noch weiter schiebt, Wind, Welle und Strömung machen jedes Aufstoppmanöver anders. Besonders, wenn man das Boot noch nicht so gut kennt, kann das Aufstoppen die ein oder andere Überraschung bringen. 

 

Uns sind keine Gründe bekannt, weshalb der Skipper in dem Video einen anderen Weg wählt und gar nicht aufstoppt. Eile? Mechanisches Problem? Oder einfach die Nase voll von lästigen Aufstoppmanövern? Eines muss man ihm allerdings lassen: In der Hektik noch eine Leine achteraus zu werfen und das auch noch so platziert, dass der Helfer an Land sie fangen und offenbar auch belegen kann, hat was.

Manche Kommentatoren schreiben, es handle sich offenbar um ein mechanisches Problem mit dem Gashebel. Bei genauer Betrachtung scheint der Eimer jedoch etwas langsamer zu werden, als er sich der Kaimauer nähert. Vielleicht aber ist das Manöver vergleichbar mit dem Rettungscrash, den ein Skipper unlängst mit seinem 70 Fuß Motorboot in Los Angeles gefahren hat. 

Aber auch wenn es sich um ein technisches Problem an Bord handelt, stellt sich die Frage: was macht man in einer solchen Situation? Kugelfender tiefer hängen – kriegt man das in der Zeit hin? Versuchen, einzulenken, seitlich an der Pier vorbei zu fahren – schwer vorstellbar, dass man das Schiff bei dem Speed noch kontrollieren kann. Es fallen einem kaum Auswege ein. Anker werfen wird in der Zeit auch nicht hinhauen. Vielleicht noch den Motor abstellen. 

Zum Glück ist keine Person zu Schaden gekommen, sonst würden wir das Video auch nicht mit einem Augenzwinkern beschreiben. Das Boot allerdings sollte nach dem Manöver dringend einem Fachbetrieb vorgelegt werden. 

 

14 Antworten zu „Sportlich eingeparkt: mit Fullspeed in die Kaimauer“

  1. Klaus

    sagt:

    Hallo,
    noch ein technisches plausibles Szenario:
    Lamellenkupplung an Verschleißgrenze – bzw dann darüber:

    – Schraube dreht beim Umschalten in Vorausfahrt noch in Drehrichtung der Rückwärtsfahrt
    -beim Einlegen Vorwärtsgang muß die schleifende Kupplung den Kraftschluss von drehender Schraube in andersrum drehender Motor/Getriebewelle – da Vorwärtsgang – übertragen.
    – Wenn die Lamellenkupplung dann verschleißbedingt schleift dreht der Motor hoch – ohne Übertragung an die Schraube.

    Hatten wir auch schon – allerdings ohne Havarie.

    Ahoi
    Klaus

  2. Volker König

    sagt:

    Vielleicht sollte man noch mal technisch etwas auf das Phänomen“ durchrutschen der Kupplung, überreissen des Getriebe, Vor- und rückwärts verwechselt“ eingehen.
    Die auf vielen Segelbooten zu findenden Einhebel- Gas- und Getriebemimik ist ja an sich schon technisch keine sehr glückliche Konstruktion. Da wird also mit dem Bowdenzug nicht nur gezogen sondern auch gedrückt. Was technisch nicht optimal ist.
    Bedienungsanweisung ist deshalb, den Gang-/ Gashebel nicht von zB. rückwärts- in einem Zug auf vorwärts “ durchzureissen“, sondern zur Schonung der labilen Bowdenzugmimik mit deutlicher Pause in Neutral zu operieren. Gleichzeitig dem Getriebe etwas Zeit zu geben umzuschalten.
    Ich hab es schon mehrfach erlebt dass das Getriebe irgendwie in Neutral “ hängenblieb“ und sich kein zB.Vortrieb einstellte.
    In der angespannten Situation eines römisch- katholischen Anlegers bei viel Wind, womöglich noch von der Seite oder vom Bug, kann hier schonmal die Einhebel- Schaltung zu hektisch bedient werden. Deshalb rechtzeitig vor der Pier auf
    Neutral- Gedenkpause- Vorwärts.
    Beim der häufigen Position des Gang-/ Ganghebels seitlich steuerbord oder backbord neben dem Steuerrad sollte “ vorwärts und rückwärts“ selbsterklärend sein. Anders wäre das bei unglücklicher anderer Positionierung.

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    1. Uli Daum

      sagt:

      Dieses Argument verstehe ich jetzt nicht. Es ist doch gerade der Vorteil einer Einhebelschaltung, daß man eben NICHT! von Vorwärts- auf Rückwärts unter Vollgas umschalten kann, sondern immer zum Gangwechsel automatisch das Gas weggenommen wird. 🤷‍♂️
      Gegen „Grobschlosserei“ ist natürlich dadurch auch kein Kraut gewachsen, aber das ist ja dann auch mutwillig.

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      1. Volker König

        sagt:

        Dein Einwand ist nur theoretisch richtig. Wenn man den Gang- / Gashebel schnell durchreisst( womöglich noch hektisch hin und her) malträtiert man erstens die fragile Bowdenzugmimik und zweitens hat der Motor und das Getriebe ja gar keine Zeit runterzutouren.
        Das hat auch nichts mit “ mutwillig“ zu tun. Ein Anlegemanöver römisch/ katholisch bei viel Wind ist anspruchsvoll und muss mit etwas Schwung durchgeführt werden um steuerbar zu bleiben. Da kann schon schnell mal zu spät aufgestoppt bzw. im “ Eifer des Gefechts“der Hebel durchgerissen werden.
        Wenn man sich der Problematik aber bewusst ist kann man das hoffentlich vermeiden.

    2. LieberNicht

      sagt:

      Sehr vernünftiger Kommentar!
      Es gibt so viele Gründe, warum soetwas schief gehen kann, dass man da nicht vorschnell urteilen sollte.

      Das fängt damit an, dass es eben auch Boote gibt die nur mit kräftig „Gas“ kontrollierbar sind.
      Geht weiter über Wartungsprobleme bei den Einhebelsteuerungen (wie erreicht man zB die Befestigung des Außenzuges am Motor, wie reinigt/ fettet man?)
      Auch ohne Fehlbedienung ein wirklich anfälliges Bauteil.

      Meine 2 skurrielsten Erfahrungen damit
      1. Auf Grund einer fehlerhaften Montage Propellerwelle gebrochen (KEIN SCHERZ) Werftarbeit.
      2. Ebenfalls wg fehlerhafter Montage: Ein kurzes ploppendes Geräusch beim Rückwärtzgang einlegen und der Propeller war weg – auch kein Scherz! Einfach abgefallen. Auch Werftarbeit

      War natürlich wieder keiner dabei, der es filmen konnte oder nach F.K.Wächter: „Wahrscheinlich guckt wieder kein Schwein“

    3. Paul Schlichte

      sagt:

      Nun , wenn der Schaltzug reisst, merkt man das nicjt sofort, der Gang ist eventuell drin und man gibt sogar noch gas wo mam eigentlich stoppen wollte, dann krachts.
      Aber lanhsamer anfahrembgeht immer!

  3. Lothar Müller

    sagt:

    Beim Einlegen des Ganges hatte ich den „Hebel in der Hand“, sprich drehte leer. Kein Einkuppeln möglich. Die Wut des Vercharterers brach verbal über mich. Bis der herbeigerufene Mechaniker den Ganghebel abgeschraubt hatte und festgestellt wurde die Verzahnung im Al-Hebel war durch das Salzregenwasser Gemisch zermahlen. Nur durch extrem vorsichtiges Handhaben hatte ich die 50 Fuss Yacht durch den Törn zurück bis zur Basis und an die Pier gebracht. Wartungsfehler war die Ursache, nicht falsche Slipperhandlung. Schiff hatte mir gar nicht übergeben werden dürfen- kein ordnungsgemäßen Zustand . Nun kann jeder Skipper überlegen, was er bei Übernahme der Yacht alles prüfen muss und wie lange die Crew auf Freigabe warten muss

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  4. Thomas Hermann-Hueber

    sagt:

    Wir schön es doch ist, über Fehler (deren Ursache wir nicht wirklich kennen) Anderer Häme zu verbreiten.

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  5. Stephan Müller

    sagt:

    Eventuell erklärbar wie mal bei einer Charteryacht von uns: Gas- bzw.Ganghebel war an der achteren Cockpitwand installiert.,Vorwärts– und Rückwärtsgang waren dabei nicht gekennzeichnet, beide wurden beide wurden beim Aufstoppen verwechselt, der Steuermann geriet in Panik durch die Beschleunigung bei fehlendem , beabsichtigten Bremseffekt und gibt versehentlich Vollgas auf den Steg zu, in der Vorstellung eines entschlossenen Stopmanövers.
    Natürlich nicht entschuldbar, eine bessere Vorbereitung bzw. Einweisung hätte das vermeiden können.

  6. Peter Düllmann

    sagt:

    Das lag bestimmt nur am Wind🫣🤪😜

  7. Armin Summa

    sagt:

    Häufig sieht man Anlegemanöver mit viel zu viel Speed. Sieht ja au könnerhaft aus. Dann aufstoppen und den Rückwärtsgang reinreissen. Der Motor braucht bei Gangwechsel immer eine Gedenksekunde. Dann rastet der Gang ordentlich ein.

  8. Uwe

    sagt:

    Bin auch schon beim Rückwärtsfahren in die Kaimauer gekracht. Sieht von außen nach Unfähigkeit aus, aber keiner von den Außenstehenden wusste, dass beim einlegen des Vorwärtsgang die Kupplung durchrutschte und ich keinen Vortrieb mehr zum Aufstoppen hatte

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  9. Volker König

    sagt:

    Hatten hier ja schonmal ein Anlegemanöver bei auflandigem, starken Wind welches mit einem Crash des Hecks an der Pier endete. Da konnte man noch argumentieren, dass evtl. das aufstoppen falsch ( zu spät)kalkuliert wurde, oder in der Hektik das Getriebe “ überrissen“ wurde. Sodass das Getriebe nicht auf vorwärts umschaltete.
    Dieses Beispiel hier ist aber völlig unverständlich. Kann man nur mit völliger Überforderung des Skippers oder der Skipperin erklären. Oder mit einem medizinischen Notfall am Ruder und Gashebel.

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    1. Bärnu

      sagt:

      Uraltes Video!

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