Stephan Bodens Kolumne: Über die gefährliche Verführung mancher YouTube-Kanäle

Wenn Influencer influenzen

Zwei Fälle in der letzten Zeit zeigen sehr anschaulich, wie problematisch manche Segel-Youtube-Kanäle sein können. Es werden oft  Welten verkauft, die es kaum gibt und wenn etwas schief geht, wird ein klickrelevanter Grund ausgedacht oder wie im jüngsten Fall ein neuer Kanal gegründet, um gleich mit einem echten Hammer zu starten. Die Follower jubeln. Der Segler staunt. 

Bringt Klicks. © Youtube Tatventure Sailing

Es gibt eine sehr merkwürdige Beziehung zwischen YouTube und Segeln. Manchmal scheint es, je weniger Ahnung jemand vom Zweiten hat, desto besser funktioniert das Erste. Ein fragwürdiger GFK-Eimer, keine Erfahrung, eine Drohne, ein paar pathetische Sätze über das große Abenteuer, cineastische Musik aus der Free-Library und das Motto „Lebe deinen Traum“ – schon wird aus einem fragwürdigen Projekt mit deutlichen Risiken eine angebliche Erfolgsstory. Was nicht passt, wird weggeschnitten. So läuft das Spiel.

Tatventure liefert dafür dieser Tage das passende Anschauungsmaterial. Kaum ist die erste Rostlaube in England entsorgt, steht schon das nächste Boot im Bild, diesmal ein ziemlich ausgelutschter, problematischer GFK-Eimer und wieder begleitet von der gleichen Mischung aus Selbstüberschätzung und zurechtgelegten Geschichten. Kritik von Seglern mit Kenntnissen wird freundlich weggelächelt, weil sie den Erzählfluss stört. Warnungen von erfahrenen Segler, die vom Kauf abraten, werden einfach nicht kommentiert und schon gar nicht beachtet. Stattdessen unzählige Kommentare nach dem Motto „wie toll, dass ihr euren Traum lebt!!!“ – und die werden natürlich beantwortet.  

Glauben ohne nachzufragen

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5 Antworten zu „Stephan Bodens Kolumne: Über die gefährliche Verführung mancher YouTube-Kanäle“

  1. Fabian

    sagt:

    „ziemlich ausgelutschter, problematischer GFK-Eimer“

    Wie kommst du da drauf? Habe das Video auch gesehen. Ordentlich gebraucht das Boot. Aber das es jetzt problematisch oder ausgelutscht ist konnte ich aus den paar Aufnahmen nicht schlussfolgern. Sicherlich gibt es Anzeichen, dass das Boot nicht top gepflegt ist, aber ich konnte erst mal nix problematisches Erkennen. Aber da fehlt mir vlt das Auge und die Erfahrung. Wenn ich das richtig sehe, steht das Schiff jetzt an Land für Inspektion. Also eigentlich alles richtig?

    Frage mich auch wie diese Beurteilungen zu der Kritik der besserwissenden „Sofasegler“ passt. War jemand dort und hat eine besser Beurteilung des Bootes gemacht?

    2 Menschen haben sich ein Boot gekauft und ein Video drüber gemacht. Ersteres schön für sie, zweiteres eigentlich egal.

    1. Das Boot ist innen drin voller Wasser- und Stockflecken, es ist undicht. Der Motor sieht nicht so aus, als hätte da jemand jemals eine Wartung gemacht. Die Anmerkungen eines Seglers, der denen von diesem Boot abrät, wurden wie folgt kommentiert: „Moin, das Boot muss uns 2 Jahre durchs Mittelmeer bringen, mehr nicht. Danach steigen wir auf etwas größeres um. Erstmal ans Segeln kommen und ein paar Seemeilen und Erfahrungen sammeln“
      Ah, okay – zwei Jahre im Mittelmeer – da muss man auf Seetüchtigkeit ja keine Acht geben, oder?

  2. XANADU

    sagt:

    Hallo,
    was bewegt Euch dazu gerade diese beiden in diesem Format so direkt an den Pranger zu führen ? Allerdings ist auch Negativwerbung eine Werbung und dies noch bei der allgemeinen Sensationslust – insofern habt ihr ihnen ja sogar geholfen:)

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    1. Rike

      sagt:

      Die beiden von Tatventure sind eben extren leichtsinnig und unbelehrbar und es müssen sich dann andere in Gefahr begeben um sie zu retten, wenn der Kahn absäuft.
      Das Argument mit der Werbung habe ich beim letzten Artikel über diesen Kanal auch gebracht, aber Stefan meinte die Klicks die er damit generiert würden keinen Unterschied machen. Ich glaube er ist dem Ragebait auf den Leim gegangen 😉 statt sich in einem zweiten Artikel zu empören würde ich die beiden totschweigen, sowas hat keine öffentliche Aufmerksamkeit verdient

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    2. Danke für den Kommentar. Es geht nicht darum, einzelne Personen „an den Pranger zu stellen“, sondern darum, auf ein Muster hinzuweisen, das inzwischen viele Einsteiger in eine völlig falsche Vorstellung vom Segeln führt. Wer seine Inhalte öffentlich verbreitet, Reichweite aufbaut und damit Einfluss ausübt, trägt auch Verantwortung dafür, was gezeigt wird – und was nicht. Und diese beiden Kanäle sind nun mal aktuelle Beispiele. Andere haben längst aufgegeben oder Boot gegen Camper gekauft, weil „‚#Vanlife“ gerade so gut läuft.

      Kritik an fragwürdigen Darstellungen ist kein Pranger, sondern Teil eines notwendigen Diskurses. Wenn Kanäle riskantes Verhalten verharmlosen, grundlegende Kenntnisse ausblenden oder sich nachweislich widersprüchliche Geschichten zusammenbasteln, betrifft das nicht nur sie selbst, sondern auch Menschen, die sich daran orientieren. Genau deshalb gehört es thematisiert.

      Ob das am Ende als „Werbung“ für die Betroffenen wahrgenommen wird, kann sein. Follower, die dort über diesen Beitrag landen, werden sicher differenzierter sein.

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