Auf der Pen Duick V zu den IMOCA-Speed-Runs – geht’s noch cooler? Beim Defi Azimut zeigen IMOCA zum letzten Mal vor der Vendée Globe, was sie „drauf haben“.
Wann hat man als SegelReporter in Frankreich schon mal die Wahl? Normal ist: „Setz’ Dich auf das Boot da hinten, zieh Dich warm und trocken an, bete, dass Dich der Skipper zur richtigen Stelle kutschiert (SR-Artikel) und mach’ Deine Fotos. Basta!“
Beim Defi Azimut, dem letzten Test vor der Vendée Globe vor Lorient (SR-Artikel), gab es für den SegelReporter bei den Speed-Runs der IMOCA jedoch die Qual der Wahl: Entweder wieder wie ein Huhn auf der Stange im Zodiac sitzen und sich von irgendwelchen durchgeknallten , verkappten Rennfahrern den Parcours hoch und runter brettern lassen. Oder – was für eine Option! – auf der alten pen Duick V entspannt, geschichtsträchtig und somit stilecht zum Start oder Ziel segeln. Und gemütlich hinten auf dem Heck, zwischen zwei Spinnaker-Säcken platziert, genau das ablichten, was gerade so an uns vorbeisegelt, pardon: hoffentlich vorbeifliegt.
Auf Pen Duick V zur IMOCA-Show
Stilecht? Geschichtsträchtig? Tatsächlich ist es ja so, dass die Pen Duick-Yachten im Allgemeinen und die Pen Duick V im Besonderen, zu den Vorläufern der Hochsee-Foiler zählen, mit denen heute die großen Langstreckenregatten auf See gemeistert werden. Die 36-Fuß-Pen Duick V wurde 1968 ausschließlich für einen Sieg bei der Trans-Pacific-Regatta gebaut. Was Eric Tabarly auch grandios gelang: neun Tage vor dem Zweitplatzierten Boot kam er ins Ziel, wo ihn niemand erwartete, weil noch keiner mit Tabarly gerechnet hatte.
Also stilecht zur Speed-Run-Strecke gesegelt: Mit Max, dem tiefenentspannten Skipper, mit Pablo, der auf dem Boot seinen Zivildienst absolviert (Was für ein Zivi-Posten,oder?) und einem Journalisten-Kollegen von der lokalen Presse. Geht’s noch cooler?
Die Regeln des Speed-Runs sind simpel. Draußen, ein paar Seemeilen vor der Küste, haben die Organisatoren diesen originellen Rennens eine 1,2 Seemeilen lange Strecke gelegt. Zwischen zwei Bojen, die 250 m auseinander liegen, wird gestartet und auf einem Bug bis ins Ziel (ebenfalls 250 m breit) gebrettert was das Zeug hält. Nach der Ziellinie halsen und in Lee zurück zur Startlinie segeln. Denn jedes Boot hat in einem vorgegebenen Zeitrahmen bis zu fünf Versuche.
Gestartet wird mit Anlauf, die Skipper der IMOCA geben den Zeitnehmern an der Startlinie per Funk durch, wenn sie sich auf der „Startbahn“ befinden und schon wird buchstäblich „abgehoben“.
Soweit zur Theorie.
Die Praxis sah dann etwas anders aus. Denn zu Beginn der Runs gab es eher wenig Wind (10 kn), zumindest nicht genug, um die IMOCA bei einem Windeinfallswinkel von 70 – 90 Grad auf die Foils zu heben. Wer also clever war ließ den anderen den Vortritt und sparte sich seine Runs für den späteren Nachmittag auf. Da sollte es nämlich etwas auffrischen, bis 17 kn.
Andere dagegen hatten im Prinzip keine Wahl, als von Anfang bis Ende immer wieder auf die Rennstrecke abzubiegen. Denn die großen Rennställe wie etwa Charal hatten für diese letzte Gelegenheit, ihre IMOCA den Sponsoren, VIPs und der Presse zu präsentieren, ein mords Aufgebot organisiert. Allein um den spektakulären Renner mit dem Stier im Großsegel scharten sich bei jedem Run mindestens ein Dutzend Zodiacs mit jauchzenden Sponsoren-Gattinnen und jubelnden Fans an Bord.
Großes Kino
Überhaupt, die Show. Um ganz ehrlich zu sein: So richtig ernst nahmen die wenigsten Teams diese Runs. Viele segelten bei den unterschiedlichsten Windstärken mit der selben Beseglung. Nur wenige probierten tatsächlich andere Segelkonfigurationen in den jeweiligen Läufen aus. Dafür wurde so oft wie nur möglich Action für vielen Zuschauer, die auf ihren eigenen Booten mal eben schnell vorbeischauten und für die Dutzende Begleitboote geliefert. Inklusive (haarsträubender) kurzer Anluv-Manöver, bei denen dann die Foiler direkt auf die Zodiacs zuschossen, die dann im vermeintlich letzten Moment abdrehten. Sicherheitsmaßnahmen? Eher wenige. Spaß an der Sache? Eher viel!
Ergebnisse? Zweitrangig!
Insofern sind die Ergebnisse dieses Rennens dann auch nur wenig ausagekräftig. Sieger des Rennens ist Armel Tripon Occitane, die eher selten hoch auf die Foils stiegen (3.05 Min., 23,35 kn) Rang 2 für Thomas Ruyant auf Linked Out (3:20, 21,6 kn), der mit die spannendsten „Stunts“ auf den Foils bot. Rang 3 und 4 für Arkea Paprec und Apivia. Samantha Davies kam immerhin schon auf Rang 5 (20, 77 kn) mit ihrer „Initiaitive Coeur“, ein zum Foiler umgebauter IMOCA der drittletzten Generation. Die Favorisierte Charal nur auf Rang 6 (20, 19 kn) ,, Boris Herrmann mit Sea Explorer auf Rang 7 (18, 86 kn), gefolgt von Isabelle Joschke (18,7 kn).
Wie gesagt: ein großes Spektakel mit reichlich Spaß für alle Beteiligten, das aber nur der Auftakt zur deutlich wichtiger gewerteten 48-Stunden-Regatta im Fake-Solo-Modus (Einhandskipper plus Mediaperson) sein sollte. Start heute Nachmittag um 15:00 Uhr.
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