Olympia: Leonie Meyer will als Mutter und angehende Ärztin 2024 eine Medaille gewinnen

Mit Kind auf dem Treppchen

Kitesurferin Leonie Meyer (28) ist gerade Mutter eines Sohnes geworden und studiert Medizin. Das hindert die ex 49er-Seglerin nicht daran, als beste deutsche Kitesurferin für die Olympischen Spiele zu planen.

Die Deutsche Sporthilfe und Deutsche Bank zeichnen Athleten aus, die es am besten schaffen Spitzensport und Ausbildung am besten zu kombinieren. Zum Kreis der fünf Sportler, die als „Sport-Stipendiat:in des Jahres 2021“ gewählt werden können, gehört die Kitesurferin Leonie Meyer.

Die ehemalige 49er-FX Steuerfrau, die im April vergangenen Jahres zu Beginn der Corona-Pandemie in Neuseeland gestrandet war, sammelt unter www.sportstipendiat.de Stimmen für ihre Wahl. Dabei gibt es kaum ein ambitionierteres Programm für eine angehende Olympionikin geben, die vom IOC gerade sogar ihre eigene Disziplin für 2024 zugesprochen bekommen hat.

Leonie Meyer in Aktion. © privat

Meyer wurde Anfang Mai Mutter eines Sohnes, studiert Medizin und ist auch schon wieder in das Kite-Training eingestiegen. Im Interview mit der Sporthilfe erklärt sie, wie der Dreifach-Spagat gelingt. Eine große Rolle bei der Organisation spielt Mutter Sabine, die selber schon mal eine Olympia-Kampagne im Segeln (470er) bestritten hat. Und auch  Vater Rolf bringt als langjähriger 505er-Spitzensegler viel Verständnis für die schwierige Planung mit.

Leonie, zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zur Geburt Eures Sohnes! Wie geht es Dir?

Wir sind überglücklich mit unserem kleinen Levi. Und mir geht es jetzt wieder gut. Eigentlich denkt man als Sportler, dass man viel abkann, zumal ich in der Schwangerschaft superfit war und noch mit dem Fahrrad zur Einleitung ins Krankenhaus gefahren bin. Aber die ersten zwei Wochen nach der Geburt konnte ich nicht länger als fünf Minuten stehen. Zum Glück haben mein Freund und meine Mutter mir viel abgenommen. Ich lag eigentlich nur rum und habe gestillt, was mir als Sportlerin dann auch auf die Nerven ging, denn man denkt, nach der Geburt geht es direkt wieder weiter. Aber inzwischen geht es viel besser. Vor ein paar Tagen war ich sogar schon wieder das erste Mal auf dem Wasser, gemeinsam mit meinem Freund.

Wer hat in der Zeit auf Euer Kind aufgepasst?

Meine Mutter war mit ihm im Tragegurt am Strand. Das war dann schon mal so, wie wir uns das überlegt hatten, wie es zukünftig auf Wettkämpfen ablaufen wird. Allerdings war ich noch nicht kiten, denn dabei erreichen wir Geschwindigkeiten von über 60km/h, und wenn man stürzt, wird man auf null abgebremst. Das Risiko wollte ich noch nicht eingehen, aber jetzt geht es wieder mit dem Training los.

Deine Rolle als Mutter und Spitzenathletin scheinen sich nicht auszuschließen.

Bis vor Kurzem habe ich tatsächlich gedacht, dass das nicht zusammenpasst. Aber ich hatte in der Pandemie viel Zeit darüber nachzudenken, was mir eigentlich wichtig ist im Leben. Und nach vielen Gesprächen mit meinem Partner, meiner Familie und Freunden glaube ich, dass ich auch als Mama Athletin sein kann.

Um Uni, Training und Muttersein unter einen Hut zu bekommen, lernt die Kitesurferin für ihr zweites Staatsexamen in einem Van direkt am Trainingsort. © Deutsche Bank

Und dann kommt noch das Medizinstudium dazu, das Du trotz Spitzensport in Regelstudienzeit absolviert hast. Wie funktioniert das?

Für mich steht im Oktober das zweite Staatsexamen an. Jetzt heißt es „nur“ noch lernen, lernen, lernen. Beziehungsweise stillen, wickeln, lernen und trainieren. (lacht) Nein, im Ernst: Es gibt für das Examen entsprechende Lernpläne, acht Stunden am Tag, 100 Tage am Stück. Um Zeit für Baby und Sport zu haben, habe ich entsprechend früher damit angefangen. Meine letzte Präsenz-Veranstaltung an der Uni hatte ich vor wenigen Tagen, alle vorgeschriebenen Praktika habe ich bereits vorgezogen, ich kann mir meine Zeit also frei einteilen. Zudem sind wir durch unseren Van, den ich von meinem Sponsor gestellt bekommen habe, ortsunabhängig.

Leonie Meyer mit ihrem Foil-Board. © Deutsche Bank

Dort geht alles rein, was man zum Kiten benötigt und auch die Baby-Sachen haben noch genügend Platz. Schon in den letzten Jahren habe ich so auf mein erstes Staatsexamen hin gelernt: Am Strand geparkt, morgens und abends gelernt und zwischendrin auf dem Wasser trainiert.

Du hast aber eben auch die Präsenzveranstaltungen angesprochen. Wie hat sich das in den vorausgegangenen Semestern mit Training und Wettkampfreisen kombinieren lassen?

Von der Uni in Kiel liegt unser Trainings-Spot nur 20 Minuten entfernt, besser geht es kaum. Nur im Winter bei 2° Celsius ist es dort nicht ganz so spaßig, da wäre ich dann lieber in Neuseeland. Allerdings saß ich dort zu Anfang der Pandemie im letzten Jahr dann fest und kam erst vier Wochen später durch eine Rückholaktion der Bundesregierung nach Hause. Aber was die Freistellung für Wettkämpfe anbelangt: Das war tatsächlich teilweise ein Problem. Wir Kitesportler hatten bis Ende 2020 noch keinen Kaderstatus, da der olympische Vierjahreszyklus erst mit diesem Jahr begonnen hat. Dadurch war es manchmal nicht so einfach, an der Uni freizubekommen. Mein Glück war, dass die großen Wettkämpfe meistens in den Semesterferien stattgefunden haben.

Der fehlende Kaderstatus hatte bislang auch zur Folge, dass ihr als Kitesportler:innen keinen festen Bundestrainer oder -trainerin habt.

Wir sind so ziemlich die einzige Nation, die keinen festen Trainer hat, weder auf Vereins-, oder Landes-, noch auf Bundesebene. Da wurde sich leider nicht rechtzeitig drum gekümmert, was jetzt ein extremer Nachteil gegenüber anderen Nationen ist, die ein strukturiertes Training haben. England, Polen oder Frankreich sind uns da um Jahre voraus. Nur bei den Europameisterschaften im letzten Jahr haben wir vom Verband mit Phil Robertson aus Neuseeland eine wahre Koryphäe im Segelsport an unsere Seite gestellt bekommen, sonst gab es noch nie einen Trainer für uns Kitesurfer. Die Silbermedaille war deshalb umso wertvoller.

Leider sind die meisten guten Trainer aktuell anderweitig unter Vertrag, aber nach Tokio kann es neue Gespräche geben. Was aber auch wichtig ist: Durch den neuen Kaderstatus können wir die Sporthilfe-Förderung und auch das Deutsche Bank Sport-Stipendium erhalten. Ohne diese Unterstützung müsste ich als Kite-Lehrerin arbeiten und könnte nicht parallel zum Sport studieren. Aber mit der Unterstützung blicke ich optimistisch auf die Olympischen Spiele 2024.

Wie gehst Du die kommende Zeit in Richtung Paris an?

Nach meinem hoffentlich bestandenen Examen im Oktober findet wenige Tage später die Weltmeisterschaft auf Sardinien statt. Dorthin fahren wir als Familie im Van, mein Freund ist dann in Elternzeit. Anschließend bleiben wir dort in den warmen Gefilden bei einer internationalen Trainingsgruppe. Im Januar 2022 wollen wir dann, wenn die Pandemie es zulässt, für drei Monate zum Training nach Neuseeland. Insgesamt werde ich mich sechs Monate nur auf den Sport konzentrieren und hoffentlich das Niveau, das ich vor der Schwangerschaft hatte, und noch besser erreichen können.

Mein Ziel ist, 2024 bei den Olympischen Spielen mit Kind auf dem Treppchen zu stehen. Und danach mache ich dann mein Praktisches Jahr als Ärztin.

Quelle: Deutsche Sporthilfe

Eine Antwort zu „Olympia: Leonie Meyer will als Mutter und angehende Ärztin 2024 eine Medaille gewinnen“

  1. Katja

    sagt:

    Super, Leonie- Du hättest es sowas von verdient???

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