Dieser Beitrag zum The Ocean Race wird fortlaufend aktualisiert
11th Hour gewinnt
10.5. – 20:40 Uhr: Das US-Team 11th Hour hat den verdienten und hart erkämpften Heimsieg souverän ins Ziel gebracht. Gegen 20:40 Uhr UTC querte die Crew um Skipper Charlie Enright die Linie vor der legendären America’s Cup Hochburg Newport, wo über Jahrzehnte die Cup-Kanne im New York Yacht-Club festgeschraubt war.
Für Malizia hat sich schließlich keine Chance mehr ergeben, doch noch in der Endphase der Etappe vorbei zu ziehen. In einer hartnäckigen Flaute gut 80 Meilen vor dem Ziel schob sich das deutsche Boot zwar noch einmal bis auf 7 Meilen an den Gegner heran. Der positionierte sich aber geschickt zwischen Ziel und Angreifer und damit auch näher an dem von Südwesten einsetzenden frischen Wind.
Mit dem auflandigen Wind sah der Zieleinlauf deutlich weniger spannend aus, als 2018 beim Volvo Ocean Race. Damals hatte Nebel und Flaute den Weg nach Newport versperrt und buchstäblich auf den lezten Metern trieb die spanische Mapfre an Brunel mit Bouwe Bekking vorbei.
So muss sich Malizia auf dieser Etappe mit Rang zwei zufrieden geben, wodurch das Team von Boris Herrmann einen Platz in der Gesamtwertung verliert. Holcim-PRB bleibt auch nach dem Mastbruch in Führung mit seinen 19 Punkten, aber 11th Hour kommt nun auf 18 Punkte genauso wie Malizia. Die bessere In-Port-Race Platzierung gibt allerdings den Ausschlag bei Gleichstand.
Das ist für Malizia zu diesem Zeitpunkt des Rennens allerdings kaum von Bedeutung. Die ersten drei Boote liegen so eng zusammen, dass der Gesamtsieg bei drei ausstehenden Etappen und dem folgenden doppelt zählenden Abschnitt über den Atlantik völlig offen ist. Ein Szenario, dass sich die Segelfans bei nur fünf Booten im Rennen kaum erhoffen konnten.
Die Flaute vor dem Ziel
10.5. – 13:45 Uhr: Nur noch sieben Meilen fehlen Malizia laut Tracker zum ersten Platz bei der vierten Etappe von The Ocean Race. Das deutsche Boot arbeitet sich stetig an die führende 11th Hour heran.
Allerdings wird es wohl schwer, aus der östlichen Position um das US-Boot herumzufahren. Denn der frische Wind soll aus Westen einsetzen. Aber bei Flaute ist Vieles möglich. Und der Wind ist aktuell um 15 Uhr wieder auf drei Knoten abgesackt.
Umso erstaunlicher ist es, dass Malizia in den vergangenen Stunden so gut aufgeholt hat. Die Leistung bei leichtem Wind galt bisher eher als Achillesferse des Designs. Möglicherweise macht der gepunktete Spinnaker den Unterschied, den die Crew um Skipper Will Harris in der Nacht setzen ließ. Er war in den ersten Etappen aus strategischen Gründen nicht an Bord. Ob 11th Hour ein ebensolches Segel gesetzt hat?
Bei den aktuellen Driftbedingungen hilft er allerdings nicht. Er wäre zu schwer zu kontrollieren und würde immer wieder einfallen. Außerdem kommt er nur auf tiefen Vorwindkursen zum Einsatz und nun dreht der Wind immer weiter nach links gen Westen.
11th Hour dürfte früher wieder Fahrt aufnehmen. Bei solch instabilen Windbedingungen ist allerdings viel möglich – auch noch kurz vor der Hafeneinfahrt. Es bleibt bis zum Ende spannend.
„Es ist noch nicht vorbei“
9.5. – 17:30 Uhr: Will Harris gibt ein Update nach dem schweren Sturm. Es sei nicht so hart gewesen, wie er vorher gedacht habe. Malizia verlot in Bezug zu 11th Hour allerdings mehr Meilen als erhofft. Er macht den Golfstrom dafür verantwortlich. Er habe den Wind in der Höhe mehr und anders beeinflusst, als vorausberechnet. Man habe jedenfalls weniger Wind gehabt,
Der Rückstand wuchs auf fast 50 Meilen. Am Abend ist allerdings ist er wieder auf unter 20 Meilen geschrumpft nachdem 11th Hour noch einmal Richtung Süden gehalst hat. „Wir bleiben positiv“, sagt Harris. „Es ist nicht vorbei, bis sie die Linie passieren. Alles kann noch passieren.“
Ocean Race Wetterexperte Christian Dumard bestätigt, dass noch komplizierte Windbedingungen vor den im Rennen verbliebenen Teams liegen. Das Duell um den Etappensieg kann sich noch zuspitzen, bevor am Mittwoch Nachmittag der Zieleinlauf in Newport erwartet wird. Vier bis sechs Stunden werden die Führenden noch mit einer Flaute beschäftigt sein.
Erstes Video vom Guyot-Drama
9.5. – 13:55 Uhr: „Mastbruch!“, sagt Benjamin Dutreux. Dann hört man ihn jammern „No,no,no,no,no…“ Es ist herzzereißend. Dann diskutiert er mit Robert Stanjek, ob man das Rigg komplett wieder an Bord bekommt, oder das Großsegel abschneiden muss.
Erste Bilder vom Guyot-Bruch
9.5. – 10:30 Uhr: Kurz vor dem Riggverlust bei Guyot ging noch ein Video des Teams online. Es zeigt die brechenden Wellen in der Anfangsphase des Sturms. Danach wurde es noch wilder.
Schließlich hat das Rigg nicht standgehalten. Die Crew versucht, in dunkler Nacht die Reste des Materials zu sichern.
Auch Malizia schickt ein Video zu den Bedingungen:
Der voraus segelnde 11th Hour Navigator Simon Fisher kennt die Situation auf der ehemaligen „Hugo Boss“. Im November 2021 kam ihm zusammen mit Justine Mettraux bei der Transat Jacques Vabre auf dem Schiff ebenfalls der Mast von oben. Das Unglück passierte nach einem „harten Nosedive“.
Danach erwarb Benjamin Dutreux das Schiff von 11th Hour für seine Vendee-Globe-Kampagne und tat sich für The Ocean Race mit dem Offshore Team Germany zusammen. 11th Hour hatte damals die aktuelle Guyot als zweites Boot neben ihrem aktuellen IMOCA-Neubau betrieben, um ihn zu optimieren.
Mastbruch bei Guyot
9.5. – 7:00 Uhr: Das Sturmfeld, durch das die Flotte in den letzten Stunden segeln musste, forderte Tribut. Guyot mit Robert Stanjek an Bord erlitt einen schweren Rückschlag, als der IMOCA 600 Meilen östlich von Newport, Rhode Island, den Mast verlor. Trotz stürmischer Winde mit Böen von über 30 Knoten sind alle Besatzungsmitglieder in Sicherheit und arbeiten derzeit an der Sicherung des Bootes.
Besonders tragisch: Laut Tracker geschah das Unglück, als die Crew gerade dabei war, in ein Gebiet mit weniger Wind zu segeln. Aktuell erscheint es schwierig, das Boot irgendwie zur US-Küste nach Westen zu bringen. Der immer noch starke Wind hat auf West gedreht und treibt es raus auf den Atlantik. Aber der Wind dreht weiter und soll leichter werden. Aktuell ist Guyot unter Motor mit vier Knoten Richtung Newport unterwegs.
Das Team bzw. die gesamte Flotte hatte während des Rennens im Nordatlantik mit schwierigen Wetterbedingungen zu kämpfen. Weitere Informationen über die Situation und den weiteren Plan des Teams werden bekannt gegeben, sobald sie verfügbar sind.
Das Video vor dem Eintreffen des Sturms:
Für das Team könnte es sehr wahrscheinlich das Aus bedeuten, denn der einzige Ersatzmast wird gerade nach Newport an Holcim-PRB geliefert. Eine weitere Möglichkeit wäre noch, sich einen Mast von einem Boot zu leihen, das nicht am Ocean Race teilnimmt – es handelt sich ja um einen Einheitsmast.
Doch selbst dann geht es Guyot nur noch darum das Ocean Race zu beenden, denn nach der bereits ausgefallenen Etappe 3, liegt Guyot mit 2 Punkten schon sehr abgeschlagen auf dem letzten Platz.
60-Knoten-Sturm voraus
8.5. – 13:05 Uhr: Das GUYOT environnement – Team Europe mit Skipper Benjamin Dutreux berichtet, wie es auf ein massives Tiefdruckgebiet zusegelt, das durchaus Anlass zur Sorge gibt. Die Modelle sagen bis zu 61 Knoten voraus.
Nach tagelangem Hochgeschwindigkeitssegeln in den Passatwinden und der anschließenden Flucht aus dem Hochdruckgebiet zeichnet sich nun ein neues Szenario für die Crew um Dutreux, Robert Stanjek, Annie Lush, Sébastien Simon und den Bordreporter Gauthier Lebec ab.
Um das Risiko zu vermeiden, bei der Verfolgung der Flotte in die Flaute zu geraten, hat GUYOT environnement – Team Europe bisher eine Wende nach Westen vermieden und liegt nun im Feld der vier Boote am weitesten im Osten. Das Team könnte somit das Tiefdruckgebiet, das von Miami nach Nordosten zieht, im Kern treffen.
Ein Blick auf den Wettervorhersagemonitor zeigt eine intensive Rot- und Violettfärbung – Anzeichen für einen heftigen Sturm. Benjamin Dutreux wirft einen kritischen Blick auf den Bildschirm: „Die Amerikaner sind sehr froh, uns zu sehen. Sie empfangen uns mit einem großen Tiefdruckgebiet. Einige Prognosen sagen 60 Knoten Wind voraus. Das ist kein leichter Wind. Biotherm hat bereits eine Wende gesetzt. Ich denke, sie wollen wahrscheinlich nicht in den Sturm gehen“.
Die französischen Konkurrenten befinden sich etwa 170 Seemeilen südwestlich von GUYOT environnement – Team Europe, so dass sie andere Handlungsoptionen haben.
Annie Lush, die bereits zweimal im Ocean Race um die Welt gesegelt ist, teilt die Sorge ihres Skippers: „Ein nordatlantischer Wirbelsturm. Wir sind nicht glücklich. 60 Knoten sind eine Menge“, erklärt sie. In der Zwischenzeit wird es kaum möglich sein, den Sturm zu umgehen. Und dahinter wird es wieder knifflig werden. Denn für die erwartete Ankunft in Newport wird ein großes Hochdruckgebiet über Nordamerika vorhergesagt.
Was ist mit Biotherm los?
5.5. – 17:45 Uhr: Man musste sich Sorgen machen um Paul Meilhat und seine Crew. Biotherm hatte mächtig auf die beiden führenden Boote aufgeholt. Es fehlten nominell nur noch 30 Meilen. Aber plötzlich blieb das blauweiße Boot stehen. Es trieb laut Tracker nur noch mit weniger als 4 Knoten Speed Richtung Westen. So sah es aus, als Holcim-PRB den Mast veroren hatte. Erleidet das jüngste Boot der Flotte ein ähnliches Schicksal?
Die ersten Meldungen zu einem Schaden bezogen sich auf defekte Hydrogeneratoren. Die hängen aber nur am Heck, um Strom zu produzieren. Eine Verlangsamung auf vier Knoten Speed können sie nicht erreichen. Erst wenn die Stromversorgung zusammenbricht und etwa der Autopilot nicht mehr funktioniert, wird ein solcher Schaden kritisch.
Welche Probleme gab es dann? „Die Leute haben uns gefragt, ob wir etwas kaputt gemacht haben“, sagt Mariana Lobato. „Aber das Einzige, was nicht stimmt, ist der Wind.“ Tatsächlich ist Biotherm einfach in eine Flaute gesegelt. „Wir sind von einer spiegelglatten See umgeben“, hieß es vom Boot. Das Team in ein großes windstilles Gebiet geraten, das in keiner Wettervorhersage und in keinem Satellitenmodell verzeichnet war. Deshalb zeichte auch der Tracker ein vermeintlich schönes, stabiles Windfeld.
Inzwischen hat Biotherm auch gehalst und wieder mit mehr als 20 Knoten Fahrt aufgenommen. Aber die beiden Boote an der Spitze segeln außer Reichweiteund von hinten kommt GUYOT herangerauscht. Mit einem 565-Meilen-Run in 24 Stunden und einem Rekord für das Boot hat sich das Team um Robert Stanjek durch das Unglück von Biotherm bis auf 60 Meilen an den dritten Platz herangearbeitet und hofft, noch einmal auf ein Duell in den nächsten Tagen.
Das kann sogar passieren, denn der Wetterbericht strotzt vor Ungewissheit. Rennmeteorologe Christian Dumard erklärt: „Der Wind wird wieder drehen, diesmal voraus. Sie werden der Küste nahekommen und auf den Golfstrom treffen, der nach Nordosten setzt. Die letzten 48 Stunden der Etappe versprechen kompliziert zu werden.“ Die voraussichtliche Ankunft des führenden Paares soll aber nach wie vor am 10. Mai erfolgen.
Ocean Race auf die Ohren: Speed up!
Gaspedal gefunden
4.5. – 8:15 Uhr: Malizia hat den Rückstand zu führenden 11th Hour stablisieren und sogar ein wenig verkürzen können. Er beträgt aktuell 16,6 Meilen. Beide Yachten werden mit dem selben Durchschnittspeed über 24 Stunden von 22,7 Meilen gemessen. Dabei nähern sie sich mit 545 Meilen dem absoluten IMOCA-Rekord, den Kevin Escoffier am 12. März auf 595 Meilen in 24 Stunden hochgeschraubt hat.
Offenbar hat das Team mit Skipper Will Harris einen Weg gefunden, das Gaspedal tiefer durchzudrücken. Auch wenn Malizia nun schon die Welt umrundet hat, waren bisher im Ocean Race solche Highspeedphasen bei wenig Wellengang rar. Damit könnte das Defizit des vergangenen Tages gegenüber dem Duell-Gegner erklärt werden, als der Rückstand bei stabilen Flugbedingungen im Nordost-Passat permanent anwuchs.
11th Hour hat im Vorfeld deutlich mehr bei solchen Bedingungen getestet. Das Team segelt mit dem ersten IMOCA der neuen Generation und hat sich am professionellsten auf The Ocean Race vorbereiten können. Nun mag für Malizia eine einzige Trimmeinstellung den Unterschied ausmachen. Das deutsche Boot weckt jedenfalls die Hoffnung, dass es in der Lage ist, den Zweikampf gegen das US-Team in den verbeleibenden 2000 Meilen doch noch mit Bootspeed zu gewinnen.
Das Leben an Bord ist jedenfalls anstrengend. Rosalin Kuiper beim Aufwachen:
Flugzeug war keine Option
3.5. – 16:50 Uhr: Kevin Escoffier hat weitere Details zum Entscheidungsprozess preisgegeben, die zum aktuellen Plan geführt haben, die Etappe aufzugeben. Es hätte durchaus funktionieren können, den Mast nach Rio einzufliegen, um ihn dort zu riggen und dann auf eigenem Kiel nach Newport zu segeln.
Der Vorteil: Ein Punkt für die Beendigung der Etappe hätte gesichert werden können. Dieser Punkt mag noch wichtig werden für die Gesamtwertung. Denn im Falle eines Gleichstandes zählt die Inport-Wertung, und da liegt Holcim-PRB nahezu aussichtslos gegenüber 11th Hour und Malizia zurück.
Escoffier gibt an, neben der hohen Kosten auch „aus ökologischen Gründen“ den Flugzeug-Transport des Mastes von Lorient nach Rio nicht in Erwägung gezogen zu haben. Ob dieses Prinzip allerdings auch für den Fall gegolten hätte, wenn die gesamte Regatta in Gefahr geraten wäre?
Vielmehr war die Gefahr zu groß, nach möglichen Komplikationen mit dem Aufriggen oder bei zu leichtem Wind den Start in Newport gänzlich zu verpassen. „Wir hätten mit dieser Option alles verlieren können, alles für einen Punkt“, macht er schließlich klar.
Auch so wird es eng. Der Frachter soll zwar noch die aktuelle Regatta-Flotte überholen können, dennoch ist der Zeitpunkt der Ankunft nicht in Stein gemeißelt und es wird knapp.
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