Anstrengendes und nasses Segeln im Süden
16.3. – 12.00 Uhr: Die Flotte liefert sich weiterhin ein Drag-Race im Südpazifik. Holcim schaffte es, den Vorsprung auf der „Innenbahn“ wieder etwas auszubauen, profitiert aber auch von etwas besseren Wetterbedingungen. Der nächste große Wegepunkt ist übrigens nicht unbedingt Kap Hoorn, sondern Point Nemo in knapp 2.000 Seemeilen.
Der Point Nemo, auch als Ozeanpol der Unzugänglichkeit bezeichnet, ist der Punkt im Ozean, der am weitesten von jeglichem Land entfernt ist. Er befindet sich im südlichen Pazifischen Ozean und liegt ungefähr auf 48°52.6′ südlicher Breite und 123°23.6′ westlicher Länge. Der nächste Festlandspunkt ist etwa 1.450 Seemeilen entfernt – Die Mannschaft der ISS wird näher an den Crews sein, als jeder andere Mensch, sollte sie den Bereich überfliegen.
Point Nemo ist nach dem lateinischen Wort „nemo“, das „niemand“ bedeutet, und dem Science-Fiction-Autor Jules Verne’s Charakter Kapitän Nemo aus „20.000 Meilen unter dem Meer“ benannt.
Für die Crews gestaltet sich der Alltag zunehmend anstrengend, wie die aktuellen Bilder und Videos von Bord zeigen.





Kleiner Exkurs: Mercator-Projektion
Die Mercator-Projektion ist eine zylindrische Projektion, bei der die Erde als Zylinder dargestellt wird, der den Äquator umschließt. Die Längen- und Breitenkreise werden als gerade, parallele Linien dargestellt, die sich rechtwinklig schneiden. Die Karte zeigt die gesamte Erdoberfläche als flache, rechteckige Karte, wobei die Längen- und Breitengrade als gerade Linien angezeigt werden.
Diese Projektion hat eine Besonderheit: die Längenkreise werden in dieser Projektion in gleichen Abständen dargestellt. Dies ist eine nützliche Eigenschaft für Navigation und Kartographie, da es einfacher ist, Entfernungen und Winkel auf einer Karte zu messen, auf der alle Längenkreise gleichmäßig verteilt sind.
Die Mercator-Projektion hat jedoch Nachteile. Eine der auffälligsten ist die Verzerrung der Größe und Form der Länder. Die Verzerrung tritt auf, weil die Projektion die Erde als eine flache, rechteckige Karte darstellt, während die Erde tatsächlich eine kugelförmige Gestalt hat. Die Entfernung vom Äquator zum Pol ist auf der Erde kürzer als auf der Karte, was zu einer Verzerrung der Flächengröße der Länder führt.
Die Verzerrungen der Mercator-Projektion können sehr groß sein, insbesondere in den Polregionen, wie wir es aktuell bei The Ocean Race sehen. Länder in höheren Breitengraden, wie Grönland oder Kanada oder auch die Antarktis als ganzer Kontinent, erscheinen auf der Mercator-Projektion viel größer als sie tatsächlich sind. Tatsächlich ist Grönland in der Realität nur halb so groß wie Afrika, aber auf der Mercator-Projektion scheint es größer zu sein. Länder am Äquator, wie Brasilien oder der Kongo, werden hingegen verkleinert dargestellt. Dies führt zu der Verzerrung auf dem Tracker, da er standardmäßig die Mercator-Projektion verwendet. Die Mercator-Projektion zeigt die Antarktis als riesige, ausgedehnte Fläche, die aufgrund der Verzerrung tatsächlich viel kleiner ist. Das Umschalten auf die Kugelansicht zeigt auch, wie stark die Eisgrenze den Weg zur Südspitze Südamerikas einschränkt.
Kopf-an-Kopf-Rennen
15.3. – 16:30 Uhr: Obwohl Holcim-PRB und Malizia mittlerweile gleichauf sind, dürfte die Crew um Kevin Escoffier die stärkere Position haben. Je weiter südlich ein Boot ist, desto kürzer ist die Strecke zum Kap Hoorn – die Welt ist ja eine Kugel und keine Scheibe 😉 Die südliche Position stellt die innere Spur auf der Strecke dar.
Die Flotte segelt derzeit mit 22 bis 23 Knoten südlich an Neuseeland vorbei. Aktuell herrscht dort noch Nacht.


Doch ein Mini-Split – Malizia schnellstes Schiff

15.3. – 9:00 Uhr: Jetzt hat es doch einen kleinen Mini-Split im Feld gegeben. Gestern sah es noch so aus, dass sich alle Boote entlang der Eisgrenze weiter nach Süden vorarbeiten, doch nur Holcim-PRB schlug diesen Weg ein. Das führte dazu, dass der virtuelle Vorsprung auf dem Tracker zusehends schmolz. Boris Herrmann und seine Crew konnten in den letzten Stunden zudem mit Abstand die höchsten Geschwindigkeiten aufweisen. Wahrscheinlich führt der Tracker im nächsten Update das deutsche Boot auf Rang 1.

In knapp 48 Stunden sollten die Boote laut Vorhersage in das Hochdruckfeld eintauchen. Schafft es Malizia, einen Vorsprung zu ersegeln, um als erste das Schwachwindgebiet zu durchsegeln?

Drag-Race mit Kompressionszone voraus

14.3. – 17:05 Uhr: Aktuell liefern sich die Boote entlang der Eisgrenze ein Drag Race. Holcim-PRB hielt gestern noch eine leicht nördliche Position, halste dann aber auch in den Süden und legte sich vor das Feld. Jetzt geht es nur darum, möglichst viel Speed zu halten. Taktische Manöver gibt es vorerst nicht.
Team Malizia hat sich indes eine Position zwischen der führenden Holcim-PRB und Biotherm und 11th Hour erarbeitet. Erstmals seit den ersten Tagen hinter Kapstadt liegt der Rückstand auf Holcim bei unter 100 Seemeilen. Und das Boot scheint tatsächlich besser durch die Wellen zu kommen und stabiler zu segeln. Schon erstaunlich wie konstant die neueste IMOCA-Generation auf den Foils bleiben kann.
Gegen Ende der Woche wird es wieder spannend. Derzeit sagt die Vorhersage einen Hochdruckkeil voraus, der genau im Weg liegt und nicht umsegelt werden kann. In dieser Kompressionszone kommt die Flotte wahrscheinlich wieder zusammen und das Rennen könnte mal wieder einen kleinen Neustart erleben.
Kleine Pause zwischendurch

14.3. – 16:30 Uhr: Nach dem legendären Bild von Rosalin Kuiper auf der letzten Etappe, das zu den Bildern mit den meisten Likes gehört, nahm nun auch Will Harris mal Platz, um eines der letzten IMOCA-Geheimnisse zu lüften. Dieses Mal auch mit entsprechend viel Papier in der Hand. Hier gibt es angeblich für jeden Tag eine Rolle, die einzeln verpackt und vakuumiert worden sind. Auch kein schöner Gedanke, wenn eine Welle den gesamten Vorrat durchnässen würde…
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an
Auch bei Biotherm wird laminiert
14.3. – 12:30 Uhr: Bei einer Routinekontrolle bemerkte das Biotherm-Team einen Riss in den Längsstringern des Bootes. In der dunklen Kohlefaserhöhle laminierten Anthony Marchand und Paul Meilhat einige Lagen Kohlefasermatten über den Riss, um die Struktur zu stabilisieren.
Schäden bei 11th Hour

14.3. – 10:30 Uhr: 11th Hour musste gestern jetzt auch Schäden vermelden. Nach einem Riss im Ruder, gab das Großsegel im Bereich des ersten Reffs nach. Ein knapp ein Meter langer Riss klafft vom Vorliek entlang der Segellatte. Eine Reparatur sei wohl auf See nicht möglich. Das bedeutet, dass 11th Hour bis Brasilien nur im zweiten Reff segeln kann. Mit leicht angezogener Handbremse also. Einen Reparaturstopp wollten sie nicht einlegen.
Malizia schiebt sich wieder nach vorne

13.3. – 14.00 Uhr: Malizia hat sich wieder an Biotherm vorbeigeschoben. Die Boote segeln jetzt in nahezu identischen Windbedingungen. Holcim-PRB hält etwas weiter nördlich und macht das Tor nach Süden auf. Die Eisgrenze verläuft ab 150 Grad Ost südlicher, sodass die Teams einen Split versuchen könnten. Aktuell sagen die Vorhersagen allerdings im Norden bessere Bedingungen voraus.
Die Crew um Boris Herrmann hat derweil ein Video der gestrigen Gatedurchquerung online gestellt:
How to fly and catch the drone
13.3. – 12.00 Uhr: Holcim PRB nimmt uns mit und zeigt, wie sie die Drohne starten und wieder landen lassen. Unglaublich, dass die kleinen Drohnen die Geschwindigkeiten der IMOCAS mithalten!
Die Wochenendzusammenfassung
13.3. 11.30 Uhr: Wow, was für ein Wochenende liegt im Kielwasser der Flotte! Bei nahezu perfekten Bedingungen purzelten die Rekorde, Holcim-PRB sicherte sich die Zwischenwertung und Malizia setzt sich auf Rang zwei!
Bei Guyot sind die Reparaturen abgeschlossen, jetzt geht es nach Brasilien!
Rekord auf dem Weg zum Rekord
10.3. – 12.00 Uhr: 24-Stunden-Rekord für 11-th Hour: 544 Meilen. Die Abstände zum führenden Boot Holcim PRB schrumpfen, die Verfolger sind nahezu gleichauf!

In den vergangenen Stunden hat sich viel getan beim Ocean Race. Wie berichtet, ist der führende IMOCA Holcim-PRB mit einem „satten“ Schlenker von seiner bisherigen Route nach Süden abgetaucht, um direkt vor seinen Verfolgern an der Eisgrenze entlang zu „schrammen“.
Abstand deutlich verringert
Seit Dienstag hat der zweitplatzierte Verfolger Biotherm 275 Seemeilen auf den Führenden gutgemacht – eine zu Beginn der Woche noch unmöglich erscheinende Leistung. Und auch Team Malizia sowie das 11th Hour Racing Team sind gerade mal 20 Seemeilen hinter Biotherm „auf der Spur“.
Abstand zwischen den Führenden und gleichauf segelnden Dritt- und Viertplatzierten: „Nur noch“ 143 Seemeilen. Bei den Geschwindigkeiten der Boote und den rasch wechselnden Wettersystemen nach einem Abstand von zeitweilig 500 Seemeilen nun noch „eine Kleinigkeit“.
https://www.youtube.com/watch?v=spiyOZnM9PQ
Apropos Wetter: Der Grund für den deutlich und schnell schrumpfenden Abstand liegt diesmal nicht beim Bootsspeed, sondern zum großen Teil bei den Wetterbedingungen in den südlichen Breiten der Roaring 40s.
Kevin Escoffiers Holcim-PRB hat das günstige Wettersystem, in dem es sich tagelang befand, im Wesentlichen hinter sich gelassen und stößt nun auf eine Hochdruckrückseite mit deutlich schwächeren Windbedingungen. Es bleibt nichts anderes übrig, als zuzusehen, wie der Rest der Flotte – immer noch bei stärkeren Bedingungen – den Wind mitnimmt.
Wind wird wohl zunehmen
Heute Morgen segeln die Verfolger unter bis zu fünf Knoten stärkeren Windbedingungen. Was im Speed exakt gleich viele Knoten Unterschied zwischen dem Führenden und den Verfolgern ausmacht.
Der Wind dürfte in den nächsten Tagen noch stärker werden, wenn sich die Boote dem obligatorischen Gate nähern, wahrscheinlich am Montag.
„Die Phase mit den leichteren Winden war perfekt, um das Boot zu überprüfen und gut zu schlafen“, sagte Kevin Escoffier der Regattaleitung über Satellit. „Wir sind daran gewöhnt (dass die Flotte näher kommt). Das ist ein Teil des Spiels. Wir sind es gewohnt, in Kontakt mit den anderen Booten aus den Etappen 1 und 2 zu segeln, und wir waren in der Lage, vorn zu bleiben, und ich hoffe, dass wir das auch hier machen können.“ Während dieser Phase reparierte man an Bord sogar mal schnell mit einem Mastgang ein Vorsegel – nachts! (siehe Video oben).
Auf Biotherm ist die Stimmung, wie man sich vorstellen kann, ausgezeichnet. Paul Meilhat und seine Crew behaupten sich gekonnt an Position, dürften aber beim (virtuellen) Blick zurück so langsam etwas nervös werden. Denn Malizia und das 11th Hour Racing Team rücken unaufhaltsam näher heran, Seite an Seite, sozusagen.
Distanzrekord von 11th Hour
Moment mal – Charlie Enrights und Justine Mettrauxs 11th Hour Racing Team? Hatten die nicht noch gestern richtige Probleme an Bord? Vorsegel geflickt, Risse im Ruder? Stimmt, doch das scheint alles „Schnee von gestern“. Jetzt ist die Stimmung an Bord jedenfalls wieder glänzend, das Boot wird hart rangenommen und der Speed – nahezu immer gleichauf mit Malizia – stimmt.

Was jetzt erst bekannt wurde: Das 11th Hour Racing Team hat am 5. März einen neuen Imoca-Distanzrekord aufgestellt: 544,63 Meilen wurden in 24 Stunden mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 22,7 Knoten zurückgelegt. Vorbehaltlich der offiziellen Ratifizierung durch den World Sailing Speed Record Council wird dies den seit 2018 gehaltenen Rekord von Alex Thomson mit 539,71 in 24 Stunden zurückgelegten Meilen übertreffen. Allerdings war Thomson damals allein an Bord…
Herrmann: „Natürlich wollen wir Zweite werden!“
Das mit der Stimmung an Bord passt auch wieder bestens bei Boris Herrmann und seiner Malizia-Crew.
„Die Bedingungen sind heute etwas wechselhaft und unvorhersehbar, und schon zwei oder drei Knoten mehr Windgeschwindigkeit können einen großen Unterschied ausmachen“, sagte Boris Herrmann gestern in einer Telefonkonferenz. „Dass wir dem 11th Hour Racing Team und Biotherm so nahe sind, ist eine große Motivation. Wir versuchen, das Boot zu jeder Zeit optimal zu segeln und haben viel Freude an dem engen Rennen.“
Die aktuelle ETA für das Tor der Etappe 3 – eine Nord-Süd-Linie entlang des 143. östlichen Längengrades – ist am Montag, dem 13. März um 12 Uhr UTC.
„Es wird sehr eng werden mit Biotherm und dem 11th Hour Racing Team. Natürlich würden wir gerne als Zweiter ins Ziel kommen, aber das hängt wirklich von Wind und Wetter ab“, sagte Herrmann. „Aber es sollte eng und sehr spannend werden.“
Schreibe einen Kommentar