Jérémie Beyou und Morgane Lagravière haben die IMOCA-Szene aufgeschreckt. Die Sieger der Café-L’Or-Regatta kritisieren, dass die Vendée Globe zu „zugänglich“ geworden sei und sportliche Exzellenz hinter medialen Narrativen zurückfalle. Die Reaktionen reichen von Zustimmung bis Empörung – und offenbaren fundamentale Spannungen im Offshore-Segeln.

Es köchelt mal wieder in der französischen Hochsee-Regattaszene. Wohlgemerkt, kein Aufreger-Thema à la „sexueller Missbrauch“ oder „Rausschmiss einer jungen Skipperin wegen Mutterschaft aus der laufenden Vendée Globe Kampagne“. Nein, es geht vielmehr um ein zwar häufig angesprochenes, aber nur selten in dieser Offenheit diskutiertes Thema: „Spielt der sportliche Aspekt bei der Vendée Globe mittlerweile nur noch eine untergeordnete Rolle?“
Aufhänger für die erneut aufgeflammte Diskussion war ein Interview, das die IMOCA-Sieger der Doublehanded-Regatta „Café L’Or“ – Jeremie Beyou und Morgane Lagravière auf Charal – der seglerisch engagierten, französischen Tageszeitung „L’Ouest France“ direkt nach ihrem Sieg gegeben haben. Unter der Überschrift „Die Vendée Globe wird zu zugänglich“ stellten die beiden ihre Einschätzung zur Entwicklung der Vendée Globe vor.
Für sie sei die Teilnahme an der legendären Weltumseglung inzwischen zu einfach geworden. Leistungsorientierte Projekte stünden nicht mehr ausreichend im Vordergrund, andere Qualitäten als die seglerisch-sportlichen seien offensichtlich wichtiger geworden. Beide befürchten in dem Interview, dass die Regatta ihre ursprüngliche Essenz verliert. Sie schlugen vor, die Qualifikationskriterien zu verschärfen, damit das Rennen nicht zu einer rein medialen Show verkomme.
Ihre Aussagen führten zu einer lebhaften Debatte unter vielen Skippern der IMOCA-Klasse, in den Teams bei Preparateuren und Sponsoren aber auch bei den Fans. Mit anderen Worten: Der Polemik rund um „reine Medien-Begabte versus pure Segeltalente“ wurde neuer Zündstoff gegeben.
„Ein Vendée Globe-Segler muss ein guter Segler sein.“
Jeremie Beyou, der bei der letzten Vendée Globe auf Rang Vier ins Ziel kam (Abstand zum Drittplatzierten Sebastien Simon: 7 Tage), bringt das Gespräch gleich auf den Punkt. „Wenn Leute wie Morgan Lagravière oder Nicolas Troussel auf der Strecke bleiben, obwohl sie unbedingt teilnehmen wollen, dann ist das nicht normal.“ Lagraviere hatte nach seiner Aufgabe bei der vorletzten Ausgabe der Weltumseglung für 2024/25 nicht ausreichend Sponsoren gefunden. Und Troussel musste ebenfalls mangels ausreichender finanzieller Mittel inmitten in seiner Kampagne zurücktreten.
Beyou weiter: „Ich bin ja nicht dumm – mir ist das Umfeld bewusst, in dem wir uns bewegen; natürlich erwartet man von einem Segler nicht nur, dass er ein guter Segler ist. Es gibt weitere Qualitäten, die man entwickeln muss. Aber für mich muss ein Segler in erster Linie ein guter Segler sein. Ich finde es schwer zu akzeptieren, dass absolute Top-Skipper nicht in der Lage sind, unter guten Bedingungen bei der Vendée Globe zu starten. Die Partner müssten sich sagen: Wenn dieser Mann an der Vendée Globe teilnimmt, könnte er sie gewinnen. Und dann ist der Mann nicht einmal am Start!“
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