America’s Cup: Alinghi Red Bull bleibt im Spiel – Kiwis zeigen Schwäche – Abbruch nach Blitz

Langsam wird es ernst

Am ersten Tag der zweiten Round Robin Serie (jeder-gegen-jeden) beim Louis Vuitton Cup finden nur zwei Rennen statt. Aber die haben es in sich. Alinghi vermeidet das Aus.

Ob es die Unterstützung von Ernesto Bertarelli ist, der auf seinem Motorboot selbst bei strömendem Regen die Daumen drückt? Nun ja, es wird ihn keine große Überwindung gekostet haben. Denn auf seinem Bötchen hat er mit den plötzlichen Unbilden des Barcelona-Wetters keine großen Probleme. „Vava II“ misst 47 Meter und lief kurz nach der America’s Cup Niederlage vom Stapel. Vielleicht war die Superyacht ein Trostspender. Danach verschenkte er den riesigen Verlierer-Kat und verließ die große Bühne des internationalen Segelsports.

Ernesto Bertarelli läuft mit seiner „Vava II“ aus, um seinem Team im wichtigen Match gegen Orient Express beizustehen. © SeglReporter

Längst ist er wieder zurück. Wohl auch, weil sein alter Feind Larry Ellison nicht mehr mitspielt. Bertarelli hat ein junges No-Name-Team aufgebaut und viel aus der schwierigen Einstiegsphase in diesen Cup-Zyklus gemacht.

Das frühe Üben auf dem Gebrauchtboot der Neuseeländer ließ den Aufholprozess optimistischer erscheinen als befürchtet. Und der AC75-Neubau sah besser aus und radikaler, als erwartet. Alinghi RedBull schien auf Anhieb konkurrenzfähig zu sein.

Aber dieser Eindruck verflog, als es ernst wurde. Die beiden Mastbrüche waren sicher nicht hilfreich. Nach der ersten Round Robin im Louis Vuitton Cup liegen die Schweizer auf dem letzten Platz. Sie drohen, nach dem Abschluss der zweiten Duell-Serie als einziges Team auszuscheiden.

Insbesondere die Niederlage die schwächer eingeschätzten und spät gestarteten Franzosen wiegt schwer. Nach ordentlichem Start kommt Alinghi Red Bull nicht mehr entscheidend an das Kiwi-Schwesterschiff von Orient Express heran und das Rennen geht mit 27 Sekunden verloren (Replay).

Da beide Teams alle weiteren Duelle verlieren, ist das heutige Rematch besonders wichtig. Eine Alinghi-Niederlage hätte wohl das Aus der Halbfinal-Träume bedeutet.

Insofern ist erstmals ein wenig sportlicher Druck im Spiel, als die beiden Kontrahenten an diesem Dienstag aufeinander zu rasen. FRA scheint sich etwa 15 Sekunden vor dem Start eine überlegene Position mit Speedvorteil in Luv und Abstand zum Leeboot erarbeitet zu haben während SUI bremst.

Aber FRA ist etwas zu spät dran, muss erst hinter die Linie eintauchen…

Beim Start zeigt der Bug von FRA noch hinter die Linie. Der Speed- und Positionsvorteil verpufft…

…Durch das Anluven verliert FRA Speed und ist in der entscheidenden Phase gut einen Knoten langsamer…

…Beim Erreichen der Boundary, als SUI geschützt durch die Zone wenden darf, liegt FRA zurück und verpatzt dann auch noch diese Wende.

Die Franzosen fliegen im Manöver zu hoch, geraten mit dem Ruder aus dem Wasser und müssen deutlich abfallen, um wieder Speed aufzubauen. Kurz klatschen sie noch einmal bei einer Wende ins Wasser, kommen kaum noch in Fahrt und das Rennen geht klar verloren. Ein technischer Fehler soll für die Probleme verantwortlich sein, heißt es später.

Alinghi Red Bull fährt dagegen ein sauberes Rennen zu Ende, baut keine großen Fehler mehr ein und erreicht damit den Gleichstand mit den Franzosen. Vieles deutet darauf hin, dass beide Teams gegen den Rest der Konkurrenz Schwierigkeiten haben, Siege einzufahren. Dann könnte es zu einem Entscheidungsduell zwischen beiden Crews kommen, bei dem es am Ende um das Weiterkommen in die Semifinals geht.

Nach diesem mit Spannung aufgeladenen Rennen, das seinen Anspruch nur bis zum ersten Manöver erfüllte, geht es beim zweiten Rennen des Tages um deutlich weniger. Denn die Neuseeländer segeln diese Round Robin außer Konkurrenz mit.

Aber die Psychologie spielt eine große Rolle. Schließlich ist es das Rematch des vergangenen America’s Cups und entsprechend der aktuellen Formkurve gehören beide Teams wieder zu den stärksten. Sie könnten sich also erneut im AC-Finale treffen.

Umso härter wird der Prestart ausgefochten. Und während Luna Rossa in der TV-Aufzeichnung schon aus dem Spielfeld zu rasen scheint, gibt es keinen Penalty, sondern einen Highspeed-Angriff aus der Luvposition.

Luna Rossa erscheint im Prestart in der Zone, aber es ist wohl ein Übertragungsfehler…

Die Italiener stürzen aus Luv auf den Gegner herab und peilen das Heck an, um eine Überlappung – den sogenannten „Hook“ – zu erreichen. Aber die Kiwis fallen ab, um den Speed aufzunehmen und sich zu verteidigen.

…29 Sekunden vor dem Start peilt Luna Rossa die Überlappung bei TNZ an (gestrichelte Linie), aber die Kiwis wehren sich und fallen ab…

Steuerbord-Steuermann Spithill luvt wieder an, hält den höheren Speed im Boot und plötzlich sagt Backbord Steuermann Francesco Bruni in Lee: „Wir können in Luv drüber“

…Luna Rossa rast mit einem Speed-Überschuss von sieben Knoten in Luv über TNZ während Peter Burling versucht, die „Türe“ zur rechten Startmarke zu schließen…

…Aber es gelingt nicht. ITA rutscht durch und hat einen deutlichen Speedvorteil…

…TNZ versucht, den verpatzten Start im Kielwasser des Gegners mit einer schnellen Wende zu retten. Aber das Manöver misslingt so sehr, dass TNZ sogar von den Foils fällt.

Danach passiert nicht mehr viel. Die Kiwis kommen nicht mehr an die Italiener heran.

Kurz vor dem Ziel lässt allerdings ein Blitz das Blut in den Adern gefrieren. Er schlägt keine zehn Längen vor Luna Rossa ein. Kurz danach lässt Wettfahrtleiter Ian Murray alle weiteren geplanten Duelle absagen.

Blitz vor Luna Rossa

Kurz vor dem Ziel schlägt vor Luna Rossa (roter Kreis) ein Blitz ein.

James Spithill erklärt nach dem Rennen, dass dieser Sieg psychologisch eine große Rolle spielt. Dabei ist es ihm besonders wichtig, die Leistung der Rad-Grinder zu betonen. Wie entscheidend ihre Leistung ist, kann schwer objektiv ermittelt werden. Aber es ist klar, dass taktische Spielereien, wie ein solch aufregender Prestart nicht ohne die Energie aus dem Achterschiff gelingen kann. Das gepumpte Hydraulik-Öl ist die Voraussetzung dafür, auch intuitive Entscheidungen in der Positionierung zum Gegner beim Vorstart fällen zu können.

Mit dem Rennabbruch wegen der Gewitterlage zeigt sich Spithill vollkommen einverstanden. Er habe einen Blitzeinschlag schon zweimal auf einer Segelyacht erfahren müssen. Das wolle man nicht erleben. Für den AC75 hätte das eine Katastrophe sein können. Insbesondere die Elektronik wäre völlig zerstört.

Das geplante Programm für Mittwoch:

Ab 14:00 :

Match 18: USA vs GBR
Start: 14:10
Port: ⁠⁠USA 🇺🇸
Stbd: ⁠GBR 🇬🇧

Match 19: ITA vs FRA
Start: 14:46
Port: ⁠⁠ITA 🇮🇹
Stbd: FRA 🇫🇷

Match 20: SUI vs USA
Start: 15:22
Port: ⁠⁠SUI 🇨🇭
Stbd: ⁠USA 🇺🇸

Match 21: GBR vs NZL
Start: 15:58
Port: ⁠⁠GBR 🇬🇧
Stbd: NZL 🇳🇿

Der Stand inklusive TNZ

Carsten Kemmling

Der Mann von der vordersten Front. Mehr zu ihm findest Du hier.

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