Braschosblog: Legendäre J-Class-Replik „Rainbow“ unter Segeln

Zum Angeben und Gewinnen

`Rainbow´ bei den ersten Trainingsschlägen in Holland. © On Air Media, Marloes van der Haagen

Luxus geht immer, heißt es eigentlich. Dennoch sind hierzulande die Spendierhosen generell zugenäht. Mancher One-Off-Bootsbauer wischt den Angstschweiß von der Stirn, weil er nicht recht weiß, wie es im gehobenen Segment weiter gehen soll. Nur in Holland wird eine J-Class nach der anderen geschweißt.

Die silbernen Rümpfe werden falsch rum aus der Halle geschoben, gedreht und zum Ausfüllen von Kiel und Rumpf (unten Blei, darüber ein ansehnlicher Ausbau) wieder richtig herum zurück geschoben. Beim Einwassern der 40 Meter Wummen sind die Propellerbrunnen der Langkieler ganz praktisch, weil sich die hinteren Gurte da sympathisch rutschsicher durchziehen lassen. Sind schon praktische Leute, die Holländer.

Mit einer gescheiten Palme bestückt geht’s dann flott zu den Sea Trials. Siehe den „Endeavour II“ Neubau „Hanuman“, die Ranger Variante 77 F namens „Lionheart“ und jetzt die neue „Rainbow“, wie sie einst Vanderbilt bei Herreshoff zum Vorzeigen, Angeben und Gewinnen bestellte. Waren übrigens ganz düstere Zeiten damals, aber gescheite Boote bestellt und gesegelt wurde trotzdem. Man segelt bekanntlich nur einmal.

40 x 6,37 Aluminium, circa 175 Tonnen, bewegt von 950 qm 3DL Garderobe, ein wenig Mahagoni für das Deckshaus und etwas mehr Karbon für den annähernd 54 m hohen Mast. Luxus geht schon, das Objekt muss bloß richtig dekadent, schön groß sein und J-Klasse haben. Alles klar für Falmouth 26. – 30. Juni und Cowes 18. – 21. Juli.

Das mit dem Spisegeln – es geht um gut 950 qm Tuch vor dem Mast – wird bis dahin natürlich mit ein paar flott synchronisierten Halsen geübt. Der Rudergänger ist ein netter Bursche und lässt seinen Jungs auf dem Vordeck nach dem Spibaumumstecken ein wenig Zeit mit dem Luven, bis alles neu geschotet, und aufgeräumt ist.

Ist ja immer eng vor den Needles und in den wattflachen Gewässern dahinter. Schlimmer als die Needles und die blöde Bramble Bank sind eh nur die ganzen Spectators, speziell die in den Nußschalen und bunten Quietscheentchen ringsum, die ergriffen “boah“ rufend Schot und Pinne loslassen, wenn so eine Fata Morgana aus den dreißiger Jahren vorbeischiebt.

Geschichte der „Rainbow“

Die J-Class“Rainbow“ lief im Mai 1934 bei der Herreshoff-Werft in Bristol vom Stapel. Eigner Harold Vanderbilt wollte mit ihr 1934 den America’s Cup verteidigen, was ihm schon 1930 mit „Enterprise“ gelungen war. Gegen die britische“Endeavour“ wurde es allerdings knapp.

Vanderbilt verlor am Steuer die ersten beiden Rennen, setzte sich aber schließlich doch mit 3:2 durch. 1937 trat ein anderer Eigner im internen US-Duell gegen die neue Vanderbilt Yacht „Ranger“ an, verlor aber das Recht zur America’s Cup Verteidigung. 1940 wurde die J-Class als Schrott verkauft.

Erdmann Braschos

Sein Spezialgebiet umfasst Mega-Yachten, Klassiker, Daysailor und Schärenkreuzer. Mehr über Erdmann findest Du hier.

6 Kommentare zu „Braschosblog: Legendäre J-Class-Replik „Rainbow“ unter Segeln“

  1. NK sagt:

    Weiß jemand warum die die Genua an Schäkeln fahren? Neuer Trend zurück?

  2. T.K. sagt:

    i say yeah yeah yeah

  3. stefan sagt:

    …nett anzuschaun, auch wenn es mit der original Rainbow nicht mehr viel zutun hat. Allein die 30 Tonnen mehr Verdrängung sagen einiges aus.

    …keinen Ahnung, wie man das in die Vermessung bekommen will. Aber bei den Regatten der heutigen J-Class Yachten geht es ja auch eher um „schön“.

    • Ingo sagt:

      Immerhin ist die J-Class sehr erfolgreich. In Kürze wird es 11 Schiffe geben, das ist genau 1 Schiff mehr als damals in den 30er Jahren. Und deutlich mehr Schiffe, als in der aktuellen AC-Klasse. Selbst wenn man die Rümpfe aller geplanten AC72 Katamarane einzeln zählt, liegt die J-Class vorne… 😉

      Ziemlich blamabel für Ellison und seinen CCOO Russell Coutts (CCOO = „Chief Cash Out Officer“). 🙁

      „Lionheart“ wurde übrigens letzten Herbst für 39 Mio. EUR zum Kauf angeboten. Weiss jemand, ob das Schiff tatsächlich einen neuen Eigner hat (obwohl erst 1 Jahr alt)?

      • stefan sagt:

        …..was für ein Vergleich! *LOL*

        …wie lange gibt es AC72 Katamarane? ….wie lange hat es J-Class Yachten im AC gegeben? … wie lange gibt es die restaurierten Yachten oder die als Replik neu gepausten oder die neu gebauten, nach Plänen die nie gebaut wurden?

        …aber Leute wie du, die es auch in Zukunft immer darauf anlegen werden, irgend etwas zu finden, was sie Ellison und Courts und die Schuhe schieben können, werden vor lauter Schaum vorm Mund die Realität ignorieren. Und dabei verdränge, das es wenn es mit den Schweizern und dem geplantem AC Management weitergegangen wäre, es heute keinen AC mehr geben würde.

  4. sinkmaster sagt:

    um es mit den Worten meines maritimen Freundes Donald zu sagen: Sabber….Lechz….Gier….!

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