Der neue IMOCA Hugo Boss sorgte unter anderem mit seinem komplett geschlossenen Cockpit für Aufsehen. Designer Vincent Lauriot-Prévost erklärt, welche Ideen hinter dem radikalen Neubau stecken.
Alex Thomson ist The Ocean Race – das ehemalige VOR – egal. Die vermeintlich charmante Idee, das Crew-Etappen-Rennen um die Welt mit der führenden Offshore-Klasse IMOCA zu bestreiten, weil man die schnellen Vendée Globe-Einhand-Neubauten zweimal benutzen könne, ergibt immer weniger Sinn. Die neue „Hugo Boss“ macht deutlich, dass der vermeintlich mögliche und von vielen Sponsor suchenden Skippern propagierte sportlich aussichtsreiche Doppelstart ein PR-Trick ist.

Schon Bertrand Pacé, der französische America’s Cup Skipper und Vendée Globe Coach für das Charal-Team, hatte darauf hingewiesen, dass es sei einfach nicht möglich sei, beide Veranstaltungen mit dem selben Boot auf hohem Niveau zu segeln.
Die neuen Konstruktionen bieten einfach nicht genug Platz für eine fünfköpfige Crew. Auch das manuelle Steuern sei schwierig. Die Einhand-IMOCAs werden überwiegend per Autopilot gesteuert, und das soll beim Volvo Ocean Race verboten sein. Pacé spricht von Klassen-Entscheidung als „fehlgeleitete Idee“.
Kein Platz für größere Crew
Das wird nun vom Hugo-Boss-Designer Vincent Lauriot-Prévost indirekt bestätigt. Gegenüber der französischen Zeitschrift Voile et Voiliers sagt er: „Das Wichtigste ist die Vendée Globe. Wir haben uns entschieden, in Bezug auf die Crew keine Zugeständnisse zu machen.“

Soll heißen: An Bord des neuen radikalen IMOCAs ist einfach kein Platz für eine größere Crew. Das Cockpit ist komplett geschlossen. Es soll den Skipper noch besser schützen, ihn aber auch näher an den Gewichtsschwerpunkt der Yacht heranbringen und damit sein Wohlergehen an Bord verbessern.
Außerdem sei es ein Ziel gewesen, mit großen Wind- und Spritzschutzscheiben die Sicht nach vorne zu verbessern. „Es geht aber auch darum, den Baum und damit das Segel tiefer auf das Deck ziehen zu können, um die Aerodynamik zu optimieren“, sagt Prévost.
Die Macht des Steuer-Automaten
Das Steuern ist noch konsequenter auf den Betrieb des Autopiloten ausgerichtet, der eine immer größere Rolle für die Leistungsfähigkeit der IMOCAs spielt. Der Skipper schafft es kaum, das Niveau des Automaten zu halten, auch wenn zuletzt die Einhandsegler der neuen mit Tragflächen bestückten Figaro 3 berichteten, dass sie wieder mehr Zeit am Ruder verbringen müssen, um Autopilot-Defizite auszugleichen. Die speziellen Foils der Einheitsyachten lassen allerdings kaum stabile Flugphasen zu.

Das soll bei „Hugo Boss“ anders sein. Nur für das An- und Ablegen wird eine Teleskop-Pinne montiert, mit der man auch außerhalb des Cockpits für eine bessere Rundumsicht manövrieren kann. Ansonsten bedient der Skipper unter Deck überwiegend den Autopiloten. Wie es genau im Cockpit aussieht, wird noch nicht verraten. Die Bedienung ist aber auf vier Winschen ausgelegt, die mit Muskelkraft bedient werden.

Prévost sagt weiter über das geschlossene Cockpit: „Das ist ein Schritt, den man gehen muss. Früher hatten die Flugzeuge auch offene Cockpits. Und schon François Gabart ist bei seinem Ultim Trimaran MACIF in diese Richtung gegangen.“ Besonders die neue „Sodebo“ leitete diese Entwicklung mit ihrem extremen Mittelcockpit ein.
Foils werden zur Taufe gezeigt
Die neuen Tragflächen hat das Team von Alex Thomson im Vergleich zur Konkurrenz noch nicht gezeigt. Sie sollen erst am 19. September, dem Tag der Taufe, zu sehen sein. Der Konstrukteur sagt, sie seien kompromisslos auf maximalen Reaching-Speed ausgelegt. Es gehe nicht um Vielseitigkeit oder eine gute Leistung beim Kreuzen. „Wir haben alles getan, um sie so leicht wie möglich zu machen, eine große aerodynamische Effizienz zu gewährleisten und den Widerstand gering zu halten.“
Das ist konsequent, weil die Vendée Globe insbesondere durch hohe Geschwindigkeit bei den langen Gleit-Passagen im Southern Ocean gewonnen wird. Auch diese Design-Strategie macht „Hugo Boss“ nicht zu einem potenziellen Siegerboot für The Ocean Race. Das Rennen erfordert durch die Etappen-Aufteilung andere Wege, die öfter Kreuzkurse beinhalten oder leichtwindige Ziel-Ansteuerungen nahe unter Land.

Prévost hat mit VPLP auch den ersten Foiler der neuen Generation „Charal“ gezeichnet, der gerade das Fastnet Race gewonnen hat. Konnte man aus ihren ersten Monaten auf dem Wasser lernen? „Da befand sich ‚Hugo Boss‘ schon im Bau“, sagt der Designer. „Wir konnten also keine Erkenntnisse über Segeleigenschaften einfließen lassen. Wir haben aber die Vorab-Berechnungen genutzt und sie jeweils an die unterschiedlichen Segler angepasst.“ Dabei macht Prévost keinen Hehl daraus, dass Alex Thomson deutlich offener war für den radikaleren Ansatz.
Aus der Vorstellung von „Hugo Boss“ folgt für The Ocean Race unter anderem die Erkenntnis, dass ein Neubau unumgänglich ist, wenn man vorne mitsegeln will. Bisher ist noch nicht absehbar, ob sich ausreichend Teams dieser Herausforderung stellen werden.
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