Braschosblog: Mit der Schäre beim Sydney-Hobart, Rolly Tasker gestorben

Der Hochsee-Meilenfresser


Rolly Tasker in typischer Pose - am Steuer. © Tasker Sails

Man muss einen ziemlichen Hau haben, um mit einem flachbordig filigranen Boot, das sich nach landläufiger Ansicht für einige lauschige Stunden auf dem Starnberger See eignet Sydney – Hobart zu segeln. Dieser seit 1945 ausgetragene Hochseeklassiker gilt als Eiger Nordwand des Segelns.

Unberechenbares Wetter mit Stürmen auch im Hochsommer der südlichen Hemisphäre, üblen Strom gegen Wind Verhältnissen zwischen dem Southern Ocean und der Tasman See machen den Kurs entlang der gefährlichen Barre nach Tasmanien zur Prüfung für Mensch und Material. Da fährt keiner mit einem Vierziger Schärenkreuzer hin – außer Tasker .

Nähert man sich auf dem 630 Meilen Kurs der ruppigen Bass Straße, bietet sich mit dem treffend als Eden bezeichneten Hafen ein letzter Unterschlupf an der australischen Küste. An diesem Last Exit Festland kann man noch aus dem Rennen aussteigen. Danach ist die Tasman See zu nehmen, wie die Wetterküche sie zurichtet.

Prüfung Sydney – Hobart

"Siska I", die legendäre 40er Schäre, die fast das Sydney Hobart-Race gewonnen hätte.© Tasker Sails

Man muss schon gerne segeln, um am zweiten Weihnachtsfeiertag in Sydney die Leinen für diese Prüfung mit ungewissem, gelegentlich auch tödlichem Ausgang loszuwerfen. Es ist das Jahr 1969 und der Segelmacher Rolland „Rolly“ Tasker hat aus dem fernen Perth seinen modifizierten 40 Quadratmeter Schärenkreuzer, seine erste „Siska“ mitgebracht.

Wer damals auf den Hochseeregattabahnen etwas zu melden hat, ist in Sydney dabei. Sir Max Aitken startet mit dem 62 Füßer „Crusade“, Arthur Slater mit der „Prospect of Whitby“, Alan Bonds 17 m lange „Apollo“ und auch Syd Fishers 48 Füßer „Ragamuffin“. Auf annähernd achtzig Booten surren die Winschen.

Der 43-jährige Tasker mit olympischen und WM Meriten ist kein Big Spender der Regattabahnen. Er hat einen betagten 40 Quadratmeter Schärenkreuzer von 1939 in den vergangenen Jahren in seiner Heimat für’s Hochseesegeln hergerichtet und an der windreichen Westküste Australiens ausprobiert.

"Siska I", großer Spi, schnell vor dem Wind, langsam gegenan. © Tasker Sails

Ein topgetakeltes Ketschrigg mit gestutztem Großmast und Besan hält den Segelschwerpunkt niedrig und bietet eine variantenreichere Segelwahl. Der aufgestockte Aufbau bringt wie bei der Hanseat 6,5 KR mehr umbauten Raum rings ums Schiebeluk und durch die schießschartenförmigen Fenster sogar Rundumblick. Und es hält den über das Deck waschenden Ozean draußen.

Mehr Ballast am Ende der Kielflosse und ein geteilter Lateralplan mit achtern separiertem Spatenruder und natürlich eine zugkräftige Segelgarderobe gehören zu Taskers Maßnahmen. Bei Raumen Bedingungen wird die breitschultrige Wundertüte gesetzt. Der 280 Quadratmeter Spinnaker bleibt lange oben.

Alan Bond will Streckenrekord

Aus vorhandener und erschwinglicher Segelhardware etwas Besseres zu machen, ist Taskers Kurs durch die sechs Jahrzehnte seines aktiven Regattaseglerlebens. Das Gegenbeispiel ist Alan Bond , ein Immobilienmakler aus Perth. Der spätere America’s Cup Sieger hat hundert Tausend Dollar für „Apollo“ versenkt und den burgunderroten Neubau in der Farbe seines Rolls Royce spritzen lassen. Er glaubt das Boot für den Streckenrekord nach Hobart zu haben teilt das der Presse auch gleich vorab mit.

Tasker hält die Klappe. Er guckt erst mal, was passiert. Irritiert bis amüsiert wird sein 15,40 m langes, 2,60 m schmales Geschoss zur Kenntnis genommen. Die flachbordige Nadel mit dem roten Rumpf wird „skinny-boat“, „Dart“ oder „Bloody Submarine“ genannt.

Rolly Tasker in jungen Jahren. © Tasker Sails

Im Rennen läuft „Siska“ gut. Dem leichten und schlanken Boot schmecken die Raumschots-Bedingungen . Nach 55 Stunden Rennen führt sie gemeinsam mit „Crusade“ 185 Meilen vor Hobart das Feld an. Aber dann favorisiert ein kräftiger Südwest die steiferen und schwereren Boote. Tasker beendet die Regatta als vierter gegen 75 Yachten, übrigens deutlich vor Bonds burgunderroter „Apollo“.

Schnell bei „viel von vorne“

Ted Heaths „Morning Cloud“ siegt nach berechneter Zeit mit Taskers Garderobe. Der Selfmademan Tasker, der sich 1955 mit 500 Dollar Startkapital in Perth selbständig machte und neben seiner Segelmacherei im fernen Hongkong in seiner Heimat gerade eine Mastbauabteilung gegründet hat und in die Herstellung von Bootszubehör einsteigt, erkennt: Es macht Spaß, an der Spitze des Sydney – Hobart Feldes das alte Jahr ausklingen und die Lautsprecher alt aussehen zu lassen.

Aber er braucht ein neues Boot, das bei „viel von vorne“ besser läuft. Also zeichnet und baut er „Siska“ Nr. 2. Das 18 Meter lange und ganze 3,30 m breite Boot entsteht als Holz-Schaum-Holz Sandwichbau. Das ist Anfang der siebziger Jahre neu und in 60 Fuß ohnehin. „Sie musste leicht und belastbar sein, um am Wind neun Knoten, raumschots zwanzig Knoten zu laufen“ fasste Tasker seine damaligen Überlegungen zusammen.

Erdmann Braschos

Sein Spezialgebiet umfasst Mega-Yachten, Klassiker, Daysailor und Schärenkreuzer. Mehr über Erdmann findest Du hier.

3 Kommentare zu „Braschosblog: Mit der Schäre beim Sydney-Hobart, Rolly Tasker gestorben“

  1. Wir schätzen den tollen Artikel von Herrn Braschos sehr. Vielen Dank! Sven Cornelius – Rolly Tasker Sails –

  2. Florian sagt:

    Ich stimme meinem Vorredner zwar zu, muss aber dennoch meine Verwirrung bei den Captions der letzten beiden Bilder gestehen. Dort wird von Siska V gesprochen, aber es geht um Siska IV, oder?

    Ich liebe diese Artikel !!

  3. Peter sagt:

    Bei Braschos schreibt niemand Kommentare. Warum? Weil man einfach nur liest und genießt. Weiter so!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert