Retour à La Base: Mastbruch vor der Ziellinie – Aufgelaufen nach dem Ziel

Die Unglücksraben

Boris Herrmann hat bei der Retour à La Base erlebt, wie nahe Sieg und Niederlage zusammenhängen, als kurz nach dem Ziel das Großsegel riss. Nun hatten zwei Kollegen deutlich dramatischere Erfahrungen gemacht.

Seb Simon nach dem Zieleinlauf unter Notrigg. © PIERRE BOURAS / RETOUR À LA BASE

Zuerst erwischte es Sébastien Simon mit seinem IMOCA der Groupe Dubreuil dem Ocean Race Sieger 11th Hour. Um 7:40 Uhr Ortszeit segelte er südwestlich der Insel Groix, etwa 10 Meilen vor der Ziellinie der Retour à La Base als das Rigg von oben kam. Der Skipper hat keine Hilfe angefordert. Er konnte inzwischen sein Boot sichern und sich vom 25 Knoten starken Südwestwind über die Ziellinie treiben lassen.

© PIERRE BOURAS / RETOUR À LA BASE

Genaueres zum Umstand des Mastbruchs ist noch nicht bekannt. Simon hatte zur Halbzeit des Rennens auf Platz vier gelegen, als er bekanntgab wegen Energieproblemen einen Notstopp auf der Azoren-Insel Flores einlegen zu müssen. Ähnlich wie bei Boris Herrmann sprang der Motor nicht an.

Die ex 11th Hour bei ihrem Notstopp im Hafen von Lajes das Flores auf den Azoren. © Groupe Dubreuil

Damit setzte sich für ihn eine Pechsträhne fort, die schon bei seiner vergangenen Vendée Globe eingesetzt hatte, als er mit Arkea-Paprec nach einer Kollision in Kapstadt aufgeben musste. In der Folge verlor er Sponsor und Boot und sprang auf Guyot bei The Ocean Race als wichtiges Crewmitglied ein. Aber auch dieses Abenteuer war von Schäden und Aufgaben geprägt.

Simon ließ sich auf den Azoren eine Kopfverletzung nähen. © Groupe Dubreuil

Dann konnte Simon in letzter Sekunde die Groupe Dubreuil als Sponsor gewinnen und mit dem Geld einen der schnellsten aktuellen IMOCA erwerben – ausgerechnet Ocean-Race-Sieger von 11th Hour, den Skipper Benjamin Dutreux umgefahren hatte. Bei der Transat Jacques Vabre kam er mit Iker Martinez sofort schnell in Fahrt und hatte mit seiner Nord-Route gute Siegchancen. Er musste aber schließlich mit gerissenem Großsegel ins Ziel humpeln.

Bei der Retour à La Base zeigte er sich erneut stark auf Augenhöhe mit den Besten und peilte einen Treppchen-Platz an. Aber schon eine stark blutende Kopfverletzung, die er sich selbst wieder zusammentackerte, warf ihn zurück. Kurz danach kostete trat das Energieproblem mit dem verbundenen Azoren-Nortstopp ihn das Rennen. Mit dem Mastbruch kurz vor dem Ziel setzt sich die unglaubliche Pechsträhne für den Franzosen fort.

Pip Hare aufgelaufen nach dem Ziel

Aber er ist damit nicht alleine. Die Britin Pip Hare hatte nach einem starken Rennen nur knapp als elfte die Top Ten verpasst und Romain Attanasio auf Boris Herrmanns erster Malizia um 21 Minuten ziehen lassen müssen und war dann ohne Pause weitergesegelt.

https://www.facebook.com/PipHareOceanRacing/videos/920485002776987

Sie verzichtete auf das Anlegen in Lorient und segelte Richtung ihres Heimathafens Poole bei Bournemouth an der britischen Südküste weiter. In der Nacht erreichte sie bei starkem auflandigem Wind die Bucht von Austell zwischen Falmouth und Plymouth und ist dort offenbar aufgelaufen.

In einer kurzen Meldung des Teams wird der Vorfall bestätigt. Die Rettungsorganisation RNLI sei im Einsatz und helfe der Skipperin aus der Notlage. Zwei Stunden später kam die Entwarnung. Hare sei unverletzt und befinde sich wieder auf dem Weg nach Poole.

Wie und wo sie genau auflief, ist nicht klar. Einige britische Fans vermuten, dass sie mit einer berüchtigten Muschelbank vor Austell Kontakt hatte. Auch der Grund ist längst nicht klar. Möglich ist ein Übermüdungseffekt nach der langen Transatlantik-Belastung.

Die Muschelbank vor Austell.

Ebenso unklar ist es, ob Hares Yacht Schäden erlitten hat. Die Britin (49) war eine der Entdeckungen der vergangenen Vendée Globe wegen ihrer sportlichen Leistung auf Rang 19 mit einem uralten Boot als auch der ansteckenden guten Laune, die sie per Video vermitteln konnte.

Die Aufmerksamkeit führte zu einem größeren finanziellen Engagement von Sponsor Medallia und damit konnte sie den deutlich leistungsstärkeren IMOCA vom VG drittplatzierten Louis Burton erwerben. Sie rüstete inzwischen sogar modernere längere Foils nach und wird damit immer schneller. Bei der Retour à La Base segelte sie lange Zeit Seite an Seite mit der erfahreneren und stärker eingeschätzten Isabelle Joschke, die schließlich knapp 50 Meilen voraus auf Platz 9 ins Ziel kam.

Carsten Kemmling

Der Mann von der vordersten Front. Mehr zu ihm findest Du hier.

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